Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Schwarzer Sonntag

Schwarzer Sonntag

Titel: Schwarzer Sonntag Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Harris
Vom Netzwerk:
ergriff das Wort und nahm seinen Vortrag genau an der Stelle wieder auf, wo er ihn unterbrochen hatte.
Margaret tanzte mit dem Gastgeber. Zweimal. Beim zweitenmal hielt der Gastgeber einen Augenblick ihre Hand fest, nachdem die Musik aufgehört hatte. Lander beobachtete die beiden. Sie sprachen leise miteinander. Er wußte, daß sie über ihn sprachen. Er redete immer weiter über technische Details. Seine Zuhörer starrten in ihre Gläser.
Margaret war den ganzen Abend über sehr zurückhaltend, aber er sah deutlich, wie sie die Aufmerksamkeit der Männer auf sich zog.
Auf der Heimfahrt sagte er kein Wort. Blaß vor Wut saß er neben ihr.
Als sie schließlich in der Küche ihres Hauses standen, konnte sie sein Schweigen nicht länger ertragen.
»Warum brüllst du nicht endlich los und bringst es hinter dich?« sagte sie. »Los, sag, was du denkst.«
Ihr Kätzchen kam in die Küche und rieb sich an Landers Bein. Sie hob es auf. Sie hatte Angst, er würde ihm einen Tritt versetzen.
»Nun sag schon, was du mir vorzuwerfen hast, Michael. Es war doch ein netter Abend?«
Sie war so hübsch. Aber gerade ihre Reize klagten sie an. Lander sagte nichts. Er trat rasch auf sie zu und sah ihr in die Augen. Sie wich nicht zurück. Er hatte sie nie geschlagen, hätte es nie über sich gebracht, sie zu schlagen. Er griff sich das Kätzchen und ging zum Spülbecken. Als ihr klar wurde, was er vorhatte, war das Kätzchen bereits in dem eingebauten Abfallzerkleiner verschwunden. Sie lief zum Becken und wollte ihn zurückhalten, aber er hatte schon eingeschaltet. Sie hörte das Kätzchen schreien, bis die rotierenden Messer ihr Werk vollbracht hatten. Und die ganze Zeit starrte er ihr ins Gesicht.
Margarets Schreie weckten die Kinder. In dieser Nacht schlief sie bei ihnen im Zimmer. Kurz nach Tagesanbruch hörte sie Lander fortgehen.
Er schickte ihr Blumen aus Norfolk. Er versuchte sie aus Atlanta anzurufen. Sie ging nicht ans Telefon. Er wollte ihr sagen, er habe eingesehen, daß sein Mißtrauen unbegründet sei, ein Produkt seiner krankhaften Phantasie. In einem langen Brief aus Jacksonville schrieb er ihr, es tue ihm leid, er wisse, daß er grausam, ungerecht und verrückt gewesen sei. Es werde nie wieder vorkommen.
Als am zehnten Tag der Drei-Wochen-Tour der Copilot das Luftschiff an den Landemast manövrierte, wurde es von einer Bö erfaßt und gegen den Wartungswagen geschleudert. Die Hülle riß. Man rechnete, daß es einen Tag und eine Nacht dauern würde, bis das Luftschiff repariert war. Der Gedanke, diese Zeit in einem Motel zu verbringen, ohne ein Wort von Margaret, war Lander unerträglich.
Er flog nach Newark. Dort kaufte er in einer Tierhandlung eine kleine Angorakatze. Gegen Mittag kam er zu Hause an. Im Haus war es still, die Kinder waren in einem Ferienlager. Margarets Wagen stand in der Auffahrt. Sie hatte den Teekessel aufgesetzt. Er wollte ihr das Kätzchen geben und ihr sagen, es tue ihm leid. Sie würden sich umarmen, und sie würde ihm vergeben. Er nahm das Kätzchen aus dem Tragekorb und zupfte die Halsschleife zurecht. Dann ging er die Treppe hinauf.
Der Fremde lag auf der Couch. Margaret saß rittlings auf ihm, und ihre Brüste wippten auf und nieder. Sie sahen Lander erst, als er schrie. Es war ein kurzer Kampf. Lander war noch nicht wieder ganz bei Kräften, und der Fremde war groß und schnell, und seine Angst verlieh ihm zusätzliche Stärke. Er versetzte Lander zwei heftige Schläge gegen die Schläfe. Dann stürzten er und Margaret davon.
Lander saß, den Rücken an die Wand gelehnt, auf dem Fußboden des Kinderzimmers. Blut lief ihm aus dem Mund, und er starrte vor sich hin. Der Teekessel pfiff eine halbe Stunde lang. Lander rührte sich nicht, und als das Wasser verkocht war, drang der Geruch von glühendem Metall zu ihm herauf.
    Wenn Schmerz und Zorn über das erträgliche Maß hinausgehen, kann es geschehen, daß man so etwas wie Erleichterung empfindet, aber das bedeutet, daß etwas in einem abgestorben ist.
    Landers Gesicht verzerrte sich zu einem fratzenhaften, starren Lächeln, und er spürte, wie seine Willenskraft erstarb. Danach trat die Erleichterung ein. Es war vorbei. Ja, es war vorbei. Für den einen Teil von ihm.
    Was von Lander, dem Mann, übrigblieb, würde noch hin und wieder Schmerz empfinden, würde wie Froschschenkel in der Pfanne zucken, würde um Erlösung flehen. Aber er würde nie wieder seine Zähne in das pulsende Herz des Zorns schlagen. Und nie wieder würde Zorn ihm das

Weitere Kostenlose Bücher