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Schwarzer Sonntag

Schwarzer Sonntag

Titel: Schwarzer Sonntag Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Harris
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holen.«
»Ja«, sagte Lander und nickte mit dem Kopf. »Alles plastique der Welt.«
Er lief einen Kurs von 110 Grad am Kompaß, dann änderte er ihn weitere fünf Grad nach Nord, als die Glocken- und die Heultonne vor Barnegat ihn die Abdrift durch den Wind genauer erkennen ließ. Die Wellen schlugen gegen den Backbordbug. Sie waren jetzt nicht mehr so hoch, und nur noch wenig Gischt kam aufs Deck. Irgendwo dort draußen hinter dem Horizont wartete der Frachter auf der winterlichen See.
Gegen drei Uhr berechnete Lander mit Hilfe des Funkpeilers seinen wahren Ort. Er tat es früh, um den Dämmerungseffekt bei Sonnenuntergang zu vermeiden, und er tat es sehr sorgfältig. Er nahm drei Peilungen vor, zeichnete die Standlinien in seine Karte und notierte die Zeiten und Entfernungen in winzigen, aber pedantisch klaren Ziffern.
Als sie wenig später in östlicher Richtung weiterrasten, dem »X« auf der Karte entgegen, machte Dahlia Kaffee in der Pantry. Sie aßen dazu ihre Sandwiches. Dann räumte sie die Theke auf und befestigte darauf mit kleinen Streifen Klebeband eine Verbandschere, Bandagen mit Kompressen, drei kleine Einmalspritzen mit Morphium und eine mit Ritalin. Dann legte sie ein paar Schienen an die Vorderkante der Theke und befestigte sie ebenfalls mit Klebeband.
Eine Stunde vor Sonnenuntergang kamen sie in das Gebiet des Treffpunkts, der ein gutes Stück abseits von der nördlichen Schiffahrtsstraße Barnegat-Ambrose lag. Lander prüfte mit dem Funkpeiler seine Position und berichtigte den Kurs leicht nach Nord.
Zuerst sahen sie den Rauch, ein kleines Wölkchen an der östlichen Kimm. Dann zwei Punkte unter dem Rauch - die Decksaufbauten des Frachters kamen in Sicht. Bald war der ganze Rumpf zu sehen. Die Sonne stand tief im Südwesten, hinter Lander, als er auf das Schiff zulief. Es war, wie er es geplant hatte. Er würde aus der Sonne kommen, und falls irgend jemand vom Schiff aus mit Hilfe eines Zielfernrohrs auf ihn schießen wollte, würde er von den Strahlen der Sonne geblendet werden.
Mit gedrosselten Motoren fuhr das Boot langsam auf den verkommen aussehenden Frachter zu, und Lander musterte ihn aufmerksam durch sein Glas. Zwei Signalflaggen waren auf der Backbordseite gehißt. Er sah ein weißes »X« auf blauem Feld und darunter einen roten Rhombus auf weißem Feld.
»M. F.«, las Lander.
»Ja, das ist er. Muhammad Fasil.«
In vierzig Minuten ging die Sonne unter. Lander beschloß, diese vierzig Minuten zu nutzen. Weit und breit waren keine anderen Schiffe in Sicht, und es schien ihm besser, die Übernahme noch bei Tageslicht zu riskieren, als sich in der Dunkelheit einer eventuell vom Frachter drohenden Gefahr auszusetzen. Solange es noch hell war, lag die Reling des Frachters in ihrem Schußfeld.
Dahlia hißte die Delta-Flagge. Mit gurgelndem Auspuff kroch das Boot immer näher an den Frachter heran. Dahlia und Lander zogen sich Strumpfmasken über den Kopf.
»Die große Flinte«, sagte Lander.
Sie gab sie ihm. Er öffnete die Windschutzscheibe und legte die Schrotflinte so auf das Armaturenbrett, daß die Mündung draußen auf dem Vordeck zu liegen kam. Es war eine Remington Automatic mit langem Lauf, und sie war mit grobem Schrot geladen. Lander wußte, daß es unmöglich war, von dem schaukelnden Boot aus mit einem Gewehr genau zu schießen. Er und Dahlia hatten diesen Punkt oft besprochen. Falls Fasil die Gewalt über die Besatzung des Frachters verloren hatte und man von dort auf sie schoß, würde Lander zurückschießen, das Boot herumreißen und in die Sonne hineinfahren. Unterdessen würde Dahlia mit dem anderen Langlaufgewehr den Frachter unter Feuer nehmen, und sobald der Abstand etwas größer wurde, sollte sie mit dem Schnellfeuergewehr schießen. »Mach gar nicht erst den Versuch, auf jemanden zu zielen«, hatte er zu ihr gesagt. »Hau ihnen genügend Blei um die Ohren, dann hören sie schon auf zu schießen.« Im gleichen Augenblick war ihm eingefallen, daß sie sicher weit mehr Erfahrung mit Handfeuerwaffen hatte als er.
Der Frachter drehte langsam bei. Aus dreihundert Meter Entfernung konnte Lander nur drei Männer auf dem Deck und einen oben auf der Brücke ausmachen. Einer der Männer lief zur Signalleine und dippte die Flaggen einmal, um die DeltaFlagge zu beantworten, die Dahlia vorgehißt hatte. Es wäre einfacher gewesen, sich durch Funk zu verständigen, aber Fasil konnte nicht gleichzeitig auf Deck und im Funkraum sein.
»Das ist er, der Mann mit der blauen Mütze, das

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