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Schwarzer Sonntag

Schwarzer Sonntag

Titel: Schwarzer Sonntag Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Harris
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Herz aus dem Leibe reißen.
    Was übrigblieb konnte mit dem Zorn leben, denn es war in Zorn geschaffen worden, und Zorn war sein Element.
Er stand auf, wusch sich das Gesicht, und als er das Haus verließ, um nach Florida zurückzufliegen, war er völlig ruhig.
Er führte keine Zwiegespräche mehr mit sich selbst. Es gab jetzt nur noch eine Stimme. Der Mann »funktionierte«, weil das Kind ihn brauchte, weil es seinen scharfen Verstand und seine geschickten Hände brauchte. Um seinerseits Erleichterung zu finden. Erleichterung durch Töten, Töten, Töten. Und durch den eigenen Tod.
Er wußte noch nicht, was er tun würde, aber es würde ihm einfallen, wenn er jetzt Woche um Woche mit seinem Luftschiff über einem überfüllten Stadion nach dem anderen schwebte. Und als er wußte, was er zu tun hatte, suchte er nach Mitteln und Wegen. Und dann kam Dahlia. Und Dahlia erfuhr von alldem, was ihm widerfahren war, und konnte sich das übrige denken.
Er war betrunken, als er ihr erzählte, wie er Margaret und ihren Liebhaber im Haus überrascht hatte, und danach verlor er die Beherrschung und wurde gewalttätig. Dahlia versetzte ihm mit der Handkante einen Schlag hinters Ohr, und er verlor das Bewußtsein. Am nächsten Morgen erinnerte er sich nicht daran, daß sie ihn geschlagen hatte.
Zwei Monate vergingen, ehe Dahlia seiner ganz sicher war, zwei Monate, in denen sie ihm zuhörte, ihn beobachtete, wie er in seiner Werkstatt arbeitete, wie er Pläne schmiedete und das Luftschiff flog, und in denen sie nachts neben ihm lag.
Als sie sicher war, erzählte sie alles Hafez Nadscheer, und Nadscheer war befriedigt.
Jetzt, da der Sprengstoff auf See war und sich mit einer Geschwindigkeit von zwölf Knoten auf dem Frachtschiff Leticia den Vereinigten Staaten näherte, war das ganze Projekt durch Kapitän Larmosos Verrat gefährdet, und vielleicht war auch Benjamin Muzi ein Verräter. Hatte Larmoso sich auf Muzis Befehl an den Kisten zu schaffen gemacht? Vielleicht wollte Muzi die Vorauszahlung einstecken, Lander und Dahlia bei den Behörden anzeigen und das plastique anderswo verhökern. Sie durften es nicht riskieren, den Sprengstoff im New Yorker Hafen abzuholen. Sie mußten den Sprengstoff auf See übernehmen.

6
    D AS B OOT SAH AUS wie viele andere - ein schnittiges, 12 Meter langes Sportfischerboot - ein Canyon runner, wie Leute sie benutzen, die viel Geld und wenig Zeit haben. In der Saison donnern an jedem Wochenende viele dieser Boote mit dicken Männern in Bermuda-Shorts am Ruder durch die Dünung nach Osten, zu den jähen Tiefen vor der Küste von New Jersey, wo die großen Fische stehen.
    Aber dieses Boot war - im Zeitalter der Kunststoff- und Aluminiumboote - aus Holz gebaut, doppelt geplankt mit philippinischem Mahagoni. Es war ein schönes und starkes Boot, und es hatte viel Geld gekostet. Auch die Decksaufbauten waren aus Holz, aber das sah man nicht, weil sie nicht lackiert, sondern übergemalt waren. Holz ist ein sehr schlechter Radarreflektor.
    Zwei große, schwere Dieselmotoren mit Turbolader füllten den Maschinenraum aus, und ein großer Teil des Raums, wo man auf normalen Booten ißt und sich aufhält, war geopfert worden, um zusätzlichen Platz für Brennstoff und Wasser zu schaffen. Im Sommer benutzte der Eigner das Boot selbst - meist in der Karibischen See, um in mondlosen Nächten Haschisch und Marihuana von Jamaika nach Miami zu bringen. Im Winter kam er nach Norden, und das Boot wurde verchartert - aber nicht an Sportfischer. Es wurden keine Fragen gestellt, die Chartergebühr betrug 2000 Dollar pro Tag, und außerdem mußte man eine außerordentlich hohe Kaution hinterlegen. Lander hatte eine Hypothek auf sein Haus aufgenommen, um diese Summe zusammenzubringen.
    Das Boot lag vollgetankt in einem Bootshaus am Ende einer Reihe von verlassenen Stegen an der Mündung des Toms River, dicht vor der Barnegat Bay.
    Am 12. November um 10 Uhr morgens kamen Lander und Dahlia mit einem gemieteten Lieferwagen beim Bootshaus an. Es war kalt und diesig, ein leichter Regen fiel, und die Bootsstege lagen verlassen da. Lander öffnete die beiden Flügel der dem Land zugewandten Tür des Bootshauses und fuhr den Lieferwagen rückwärts bis auf zwei Meter an das Heck des großen Sportfischerboots heran. Dahlia stieß, als sie das Boot erblickte, einen überraschten Ruf aus, aber Lander war schon mit seiner Kontrolliste beschäftigt und achtete nicht darauf. In den nächsten zwanzig Minuten brachten sie die Ausrüstung an

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