Schwarzer Tanz
über Wasser halten konnten, vielleicht bis zum neuen Jahr. Das Kind war natürlich teuer, aber sie schien mit ihren Kleidern und ihren Schulausflügen gerade mal wieder auf dem neuesten Stand zu sein.
Lyle und Robbins suchten wieder Personal. Vielleicht würde das etwas werden. Oder sie ging zu dem Antiquitätengeschäft in der Beaumont Street, mit der etwas gestressten Frau, die immer für » nur zehn Minuten « , zumachte.
Kein Problem.
Rachaela erinnerte sich daran, wie Mister Gerard sie gefeuert hatte, und wie wichtig und unheilvoll ihr das damals erschienen war. Die Dinge lagen jetzt anders. Oder vielleicht hatte auch nur sie sich verändert.
Am Donnerstag, als Rachaela einen halben Tag frei hatte und in ihrem Sessel der Ballettmusik von Tschaikowski lauschte, klingelte jemand an der Tür.
» Ja?«
» Oh, Mrs. Day. Hier ist Miss Barrett. Vielleicht erinnern Sie sich an mich?«
» Nein, ich fürchte nicht.«
» Aus Ruths Schule.«
» Ja?«
» Ich muss mit Ihnen über etwas sprechen.«
Rachaela erinnerte sich an Miss Barrett, die vor einem Jahr, mit ihrem sauber geschrubbten Gesicht und ihrer lebensnotwendigen Brille bei ihr aufgetaucht war. Terry Porter und sein Knie.
» Sie kommen besser hoch.«
Miss Barrett betrat die Wohnung in einem erdbeerroten Mantel mit weißem Pelzkragen, einer gelben Wollmütze und braunen Fäustlingen. Über dem Arm trug sie einen rosafarbenen Schirm.
» Oh, Mrs. Day. Ich bin so froh, dass ich Sie erreiche.«
» Bitte setzen Sie sich.«
Miss Barrett setzte sich in einen Sessel, Rachaela setzte sich auf einen der harten Stühle vor dem Tisch.
Miss Barrett legte Handschuhe und Mütze ab.
» Was für ein ekliges Wetter. Ich würde mich nicht wundern, wenn wir bald Schnee bekämen.«
» Was hat Ruth angestellt?«, fragte Rachaela.
» Oh Himmel. Solche Sachen sind immer eine richtige Plage«, sagte Miss Barrett. » Mister Walker glaubte, dass es das Beste wäre, wenn ich Sie aufsuche, da ich Sie ja schon einmal angesprochen habe. Wir wollen keinen zu großen Aufruhr verursachen. Es sei denn, es ist eine dauerhafte Sache, natürlich.«
» Was hat Ruth getan?«
» Eigentlich geht es eher um das, was sie nicht tut. Sie kommt nicht mehr zur Schule, Mrs. Day. Ich nehme an, dass Sie sie nicht einfach zu Hause behalten haben, ohne der Schule eine Nachricht zu übersenden? Wir müssen nämlich auf einer Benachrichtigung bestehen, sehen Sie. Ich weiß, dass derzeit eine Grippewelle umgeht.«
» Ruth ist niemals erkältet.«
» Nein. Nun, dann nehme ich an, dass sie nicht da ist.«
» Nein.«
» Mrs. Walker glaubt, sie hat Ruth in Woolworth’s gesehen.« Was für ein weltlicher Ort für eine Flüchtige. Warum Woolworth’s? Manchmal, wenn Rachaela samstagmittags einkaufen ging, wurde sie von Ruth auch zu Woolworth’s begleitet, doch sie hatte nie auch nur das geringste Interesse an Spielsachen, Süßigkeiten oder der lautstark dröhnenden Musikabteilung bezeugt.
» Mrs. Walker glaubt, dass Ruth dort Make-up ausprobiert hat«, sagte die ungeschminkte Miss Barrett, ihre unbemalten Augen und Lippen waren vor Schock weit aufgerissen.
» Möglicherweise«, sagte Rachaela, einen Moment lang selbst verblüfft. Als sie damals die Schule schwänzte, hatte sie etwas Ähnliches getan, aber zu der Zeit war sie zumindest schon dreizehn oder vierzehn gewesen.
» Die Sache ist die, Mrs. Day, das Ganze ist wirklich ernst. Sie müssen mit Ruth sprechen und ihr klarmachen, dass sie in die Schule kommen muss. Sie hat in diesem Monat schon mehrere Tage gefehlt. Sie hat im nächsten Jahr einen wichtigen Test vor sich, und sie wird sich darauf konzentrieren müssen. Sie ist solch eine Träumerin. Sehr viel Talent im Zeichnen, obwohl einige ihrer Gemälde, na ja. Aber sie muss sich zusammenreißen. Sie muss die Schule besuchen.«
» Ich werde mit ihr reden.«
» Ruth muss in die Schule kommen. Wenn sie das nicht tut, wird Mister Walker weitere Schritte unternehmen müssen.«
» Aha.«
Miss Barrett war zutiefst entrüstet.
» Sie macht sich sämtliche Chancen kaputt«, sagte sie. Die Schule war sehr wichtig, eine Schwimmweste im Chaos. Sie blickte regelrecht verängstigt drein.
Rachaela hatte ihr nichts zu trinken angeboten und begleitete sie auch nicht zur Tür, als sie ihre albernen Handschuhe überzog, bis sie aussah wie die Parodie eines Bären.
» Und wenn sie einmal zu Hause bleiben muss«, sagte Miss Barrett, » ist es unbedingt erforderlich, dass wir eine Benachrichtigung
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