Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Schwarzer Tanz

Schwarzer Tanz

Titel: Schwarzer Tanz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tanith Lee
Vom Netzwerk:
über dem tabakfarbenen Laub. Vögel vollführten ihre Kunststücke auf dem zartblauen Dach des Himmels.
    » Ich möchte mit dir reden, Ruth.«
    » Ja.«
    Rachaela setzte sich ihrem Kind gegenüber aufs Gras. Ihr Kind. Diese Person in dem Kleid.
    » Ich nehme an, dass du dich hier recht gut amüsierst.«
    » Ja, danke.«
    » Sie haben dich mit offenen Armen empfangen. Sie haben dir viele Geschenke gemacht. Du darfst bei ihnen tun und lassen, was du willst. Und du musst nicht in die Schule.«
    » Und ich habe das Klavier«, half ihr Ruth weiter.
    » Und natürlich das Klavier. Und Adamus.«
    » Er sagt, dass ich ihn Adam nennen darf.«
    » Ich weiß. Hast du schon einmal festgestellt, Ruth, dass die Menschen oft nett und freundlich zu dir sind, weil sie etwas von dir wollen?«
    Ruth sah Rachaela an. Ihr Blick war offen und forschend. Und was willst du von mir?
    » Manchmal.«
    » Und dass die Menschen dich enttäuschen.« Rachaela wartete kurz, bevor sie zum finalen Schlag ausholte. » Wie Emma.«
    Ruth ließ keinerlei Gefühlsregung erkennen. Ihre Augen waren schwarz und undurchdringlich.
    » Ja.«
    » Ich will, dass du darüber nachdenkst, Ruth. Die Scarabae sind nett zu dir, weil sie etwas von dir wollen.«
    » Sie wollen, dass ich bleibe«, sagte Ruth. » Ich bin Adams Tochter.«
    » Und haben sie dir gesagt, was sie von dir und Adamus erwarten?«
    Ruth antwortete nicht sofort.
    » Sie haben mir gesagt, dass ich ihm versprochen bin.«
    Rachaela erschauderte. Sie versuchte sich zu beherrschen.
    » Weißt du auch, was das Wort bedeutet? Versprochen.«
    » Es bedeutet, dass ich ihn heiraten muss.« Ruth fügte hinzu: » Anna hat mir das Wort in der Bibliothek gezeigt, im Wörterbuch.«
    » Verstehst du, was damit gemeint ist?« Ruth beobachtete sie. » Dass du ihn heiraten sollst?«
    » Oh ja.«
    Rachaela wurde laut: » Töchter heiraten nicht ihre eigenen Väter.«
    » Doch, das tun sie. Die Ägypter haben das immer getan.«
    Rachaela verfluchte Miss Barrett, Mr. Walker und die ganze Grundschule mit ihren unpassenden Wissensbrocken. Aber vielleicht hatte Ruth das auch aus einem Buch.
    » Ihr seid keine Ägypter.«
    » Die Könige haben es auch gemacht. Die wichtigen Familien. Um das Erbe nicht zu besudeln.«
    » Und die Scarabae haben dir gesagt, dass du das verhindern musst?«
    Ruth lächelte geheimnisvoll und blickte auf das Gras.
    » Hast du daran gedacht«, fragte Rachaela, » was du tun musst, wenn du seine Frau bist?« Er wird dich nehmen, in dich einbrechen, du wirst gezwungen sein, die Hölle der Süße zu erfahren. Denk nicht dran.
    » Ruth.«
    » Nein, Mami.«
    » Du wirst seine Kinder austragen müssen«, sagte Rachaela. » Und weiß du, was das für dich bedeutet?«
    » Du hast mir alles über Babys erzählt.«
    » In Ordnung.«
    » Es macht mir nichts aus«, sagte Ruth. » Anna hat es mir erklärt. Das Erbe muss weitergegeben werden.«
    » Es macht dir nichts aus, weil du es gar nicht verstehen kannst. Mein Gott, ich kann dir das auch nicht in fünf Minuten erklären. Es ist schmerzhaft und entwürdigend, Ruth. Es bedeutet, dass dein Körper nicht mehr dir gehört.« Jesus Christus, dachte sie, ich höre mich schon an wie Jonquil. » Und man wird von dir erwarten, dass du es wieder und wieder tust. Kannst du mir folgen?«
    » Es wird leicht sein, hat Anna gesagt.«
    » Oh, Anna hat dir also die Sache mit den Babys erklärt, ja?«
    » Wir sind etwas Besonderes«, sagte Ruth. » Du bist anders. Du verstehst das nicht.«
    Rachaela versuchte, sich zu beherrschen. In ihrer Vorstellung erschien Ruth, wie sie in ihre Umhängetücher gehüllt mit ihren bemalten Lippen auf dem Boden kniete, während das Mädchen Lucile auf dem blauen Bett schniefte.
    » Du meinst diese Familienlegende über Vampire.«
    » Sie sind wirklich welche«, sagte Ruth und korrigierte sich sogleich: » Wir sind wirklich welche. Im Haus gibt es kein Tageslicht. Sie gehen nur nachts nach draußen. Bis auf Cheta und Carlo, die Bediensteten, die zwar keine reinen Scarabae sind, sich aber trotzdem verhüllen müssen, wenn sie bei Tag rausgehen.«
    » Warum sitzt du dann hier in der Sonne, Ruth?«
    » Ich habe mich noch nicht verändert.«
    » Und wann wirst du dich verändern?«
    » Wenn ich Adam heirate.«
    Ruth, die sich auf dem schwarzen Klavier wand, mit den Füßen um sich trat und kreischte, Adamus, der auf ihr lag, sein Mund an ihrer Kehle; ein winziges Rinnsal aus scharlachrotem Blut.
    » Ich habe Adam geheiratet. Und mit mir ist auch

Weitere Kostenlose Bücher