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Schwarzer Tanz

Schwarzer Tanz

Titel: Schwarzer Tanz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tanith Lee
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nichts passiert.«
    » Du bist nicht wie wir. Deine Mutter war eine Fremde.«
    » Ruth, ich muss dir das alles ausführlicher erklären. Ich möchte, dass du mit mir zurück nach London kommst.«
    » Nein danke, Mami.«
    Rachaela sah die Veränderung in Ruth. Sie hatte sich konzentriert, war gefährlich geworden, wie Rachaela es schon einmal bei ihr erlebt hatte. In ihren Augen brannte ein Feuer, die Zähne wirkten scharf und die Fingernägel lang. Wenn man jetzt versuchen würde, sie zu berühren, würde diese Kreatur beißen und kratzen. Sie würde sie in die Brust boxen wie als Baby, und sich ihrem Griff entwinden. Der Dämon der Scarabae, ein neues, hybrides Leben.
    Die Sonne verdunkelte sich plötzlich, und Rachaela drehte den Kopf.
    Carlo war aus dem Haus getreten, sollte sie ganz offensichtlich beobachten, gab sich noch nicht einmal den Anschein, als wäre er aus einem anderen Grund gekommen.
    In der brodelnden Hitze trug er seine Ausgehuniform, seinen Hut und Schal und die Sonnenbrille.
    Ruth drehte sich ebenfalls um und sprang auf.
    » Da ist Carlo. Ich werde einen Apfelkuchen mit Maria backen.«
    Mit geschürztem Rockzipfel rannte sie auf das Haus zu.
    Sie lief an Carlo vorbei, der noch einen Moment stehen blieb und zu der im Gras sitzenden Rachaela hinüberstarrte, bevor er sich ebenfalls umwandte und zwischen den Kiefern hindurch zum Haus zurückging.
    Sie konnte nichts anderes tun. Sie musste bleiben. Sie musste die Zeugin spielen. Auf diese Weise würde sie vielleicht ihre Chance bekommen.
    Sie musste bleiben.
    Er stellte für sie jetzt keine Bedrohung mehr dar.
    Und sie würde ihn nie wiedersehen.
    Wenn sie ihn und Ruth trennte, würde sie es mit ihm zu tun bekommen.
    Auf die einzige Art, die jetzt noch möglich war.
    Anna drehte den Schlüssel in der abgesperrten Tür.
    Unice hielt die Lampe hoch.
    » Es wird sehr dunkel sein.«
    » Wir werden aufpassen müssen.«
    Die alten Frauen raschelten wie brüchiges Papier.
    Sie waren alle gekommen, die Frauen, nicht die Männer.
    Rachaela stand hinter ihnen, auf dem Platz, der dem Zeugen gebührte.
    Ruth lief neben Anna.
    Der Schein der Lampe glitt in den Raum und verlieh ihm ein gespenstisches Aussehen. Es war eine Höhle ohne Fenster, angefüllt mit roten Streifen und Flecken.
    Miriam und Teresa schlüpften zuerst in die Dunkelheit, und man hörte das Kratzen von Streichhölzern, die zu winzigen Flammen erwachten.
    Eine Reihe von Kerzen war an der Wand angebracht worden. Es war ein vernachlässigtes Zimmer. Auf einer verblassten, fuchsroten Tapete waren anscheinend kopfüber hängende Fledermauspaare abgebildet, und wie bei den Grafiken von Escher schienen sich in den blassgelben Zwischenräumen weitere Gestalten zu verbergen. Nichts war sicher. Dicke Balken ragten aus der Decke.
    Der Raum war voller roter Kleider. Sie hingen auf Schneiderpuppen, die sich an zwei Wandseiten entlangreihten.
    Roter Stoff in allen Schattierungen, weich und dunkel, grob und transparent, Früchten gleich, manche angefault, andere noch nicht reif, und einige, die der Sonne zu lange ausgesetzt gewesen waren.
    Doch diese Kleider hatten die Sonne nie gesehen.
    Sie waren alt, oder antik, im Stile anderer Jahrhunderte und anderer Länder zugeschnitten. Die meisten wirkten so zerbrechlich wie Insektenflügel. Nur wenige waren robust, für sie war die Zeit stehengeblieben.
    Alle waren mit einer Staubschicht bedeckt.
    Ein seltsames Parfüm entströmte diesen Kleidern, Erinnerungen an Duft und Fleisch über dem Staub.
    » Komm, Ruth«, sagte Anna. » Sieh dich um. Einige werden zu groß sein. Es gibt jedoch auch viele, die für so junge Mädchen wie dich geschneidert wurden.«
    Ruth trat vor. Im Kerzenlicht schimmerten ihre Augen hart wie Marmorkugeln.
    Wenn Rachaela geblieben wäre, wenn sie mit dem Kind in ihrem Leib geblieben wäre, hätten die Scarabae sie dann auch hierhergebracht, um ihr Hochzeitsgewand auszusuchen?
    Ruth machte neben einem Krinolinenkleid mit riesigen Ärmeln und hängenden Schleifen Halt, betrachtete es und lief weiter.
    Es gab Kleider, die wie mit rosigem Kristall bestickte Hüllen wirkten, Kleider mit geschnürten Taillen und Schleppen, Kleider mit langen Ärmeln, auf denen falsche, rote Edelsteine glitzerten, die vielleicht auch echt sein konnten.
    Ruth hatte die Hälfte des Raumes durchschritten, sie stand inmitten der karmesinroten Säulen.
    Sie wählte sehr sorgfältig aus für ihren großen Tag.
    Anna stand etwas abseits. Teresa, Unice und Miranda schwebten

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