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Schwarzer Tanz

Schwarzer Tanz

Titel: Schwarzer Tanz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tanith Lee
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ich einen Schleier?«
    » Ja«, bestätigte Miriam. » Wie eine Braut. Einen wunderschönen roten Schleier.«
    » Und Carlo wird rote Rosen schneiden«, fügte Miranda hinzu.
    » Solch ein besonderer Tag«, sagte Teresa.
    Ruth stand in ihrer Mitte, wie die Nabe eines sich langsam drehenden Rades. Sie wandte dem Kleid den Rücken zu. Sie blickte nicht auf Rachaela.
    Als die Kerzen ausgeblasen waren, verließen sie den Raum, aus dem Michael und Maria in Kürze die ausgewählten Schneiderpuppen entfernen würden. Draußen auf dem Korridor zog eine Wolke aus alten Frauen Ruth mit sich fort.
    Später lief Rachaela zum Dachboden hinauf.
    Inmitten der Truhen und Ständer war ein rotes Kleid übrig geblieben … das Kleid von Alices Mutter.
    Sie konnte das Loch nicht sehen, das zu dem unteren Raum führte, doch das Fenster stand sperrangelweit offen und ließ das pralle Sonnenlicht herein.
    Natürlich, sie waren Vampire, sie konnten nicht an diesen Ort kommen.
    Aber Camillo hatte sich aus seinem Bett erhoben und war hier heraufgekommen. Er hatte das Fenster so weit aufgerissen, um den Vogel anzulocken, der sich in Ruths rotem Verlobungskleid eingenistet hatte.
    Der Vogel war fort.
    Rachaela stand am Fenster und blickte über die Dächer auf den Turm.
    Die Sonne spiegelte sich auf seiner Spitze, das Fenster glitzerte.
    Adamus.
    Er hatte ihr Blut getrunken, und doch konnte er sich im Tageslicht bewegen. Würde Ruth enttäuscht sein, wenn sie nach ihrer Nacht der Metamorphose herausfand, dass die Sonne sie immer noch nicht zum Schrumpfen brachte?

17
    Kurz vor Mitternacht kam die Verlobte der Scarabae die Treppe herunter.
    Sie sah aus wie eine Braut der Hölle, mit ihrem blutroten Kleid und dem Schleier, der, von dem kleinen Krönchen auf ihrem Kopf festgehalten, wie ein pochendes Herz um sie herumwallte. In der Hand trug sie zwei scharlachrote Rosen.
    Rachaelas Armbanduhr zeigte die genaue Zeit, doch eigentlich war es einfach nur Nacht, der letzte Rest des Sommerlichtes schimmerte noch blass am Himmel, die Türen des Hauses standen offen.
    Brennende Kerzen überall, Reihen von perlendem Feuer, das schwüle, wabernde Hitze verströmte.
    Die alten Leute hatten sich in ihren Abendgewändern, ihrem Staub und ihren Spangen versammelt. Einzig Rachaela in Rock und T-Shirt wollte nicht so recht dazupassen. Sie stand abseits, war nur Zeugin.
    Ruths geschminktes Gesicht wirkte völlig gefasst, doch sie knisterte vor Elektrizität. Sie war die glühende Mitte all diesen Feuers.
    Ein weiterer Raum war geöffnet worden, die Bediensteten hatten ihn gesäubert und mit Kerzen und roten Rosen angefüllt, die auf hohen Holzpodesten standen.
    Am entfernten Ende des Zimmers stand ein mit rotem Samt überzogener Tisch, auf dem ein riesiges, altes Buch aufgeschlagen lag. Hinter dem Tisch stand Dorian in Abendgarderobe und gestärktem Hemd.
    Vor dem Tisch stand Adamus.
    Zu ihrem Entsetzen sah Rachaela, dass er ebenfalls Smoking, weißes Hemd und schwarze Fliege trug. Also hatte auch er sich als ein Produkt dieser Farce gekleidet. Sein Gesicht verriet keinerlei Gefühlsregung, und seine Augen waren trübe Seen aus schwarzem Lack ohne Licht oder Tiefe, genauso wie sie sie in Erinnerung hatte. Es stimmte, er war ihre Marionette.
    Die Scarabae bildeten eine Gasse, und Ruth lief durch sie hindurch in den Raum.
    Die Scarabae schritten hinter ihr her und nahmen gesetzt ihre Plätze hinter dem Verlobungspaar, dem Mann und der kleinen Kindfrau, ein.
    Rachaela stand in der hintersten Ecke des Raumes und ließ den Blick über die Köpfe mit ihrem dichten, drahtigen Haar schweifen, unter denen ein behelmter Kopf blitzte, denn Onkel Camillo war natürlich in seiner Rüstung erschienen. Sie und Adamus waren die größten Menschen im Raum, was zu der lächerlich abartigen Atmosphäre nur noch mehr beitrug.
    Dorian öffnete seine welken Lippen.
    » Das Haus ist in dieser Nacht zusammengekommen, um der Verlobung dieser beiden Kinder, Adamus und Ruth, die einander versprochen sind, beizuwohnen. Dies geschieht im Geiste einer alten Tradition. Es geschieht zum Wohl des Hauses Scarabae, in der Hoffnung, dass es viele Generationen lang fortdauern und gedeihen möge.«
    Rachaelas Augen waren geblendet vom Licht der Kerzen. Sie konnte dem, was Dorian sagte, nicht folgen, es war einfach zu verzerrt und unsinnig. Dann redete er auch noch in einer fremden Sprache, und danach in einer Sprache, die vielleicht Latein sein mochte.
    Nach all dem Gerede legte Dorian Ruths Hand in

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