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Schwarzer Tanz

Schwarzer Tanz

Titel: Schwarzer Tanz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tanith Lee
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Glatte, weiße Kerzen brannten in Haltern an den Wänden. Ihr fiel auf, dass es hier nicht so staubig war, möglicherweise hatten sie extra für Rachaela Staub gewischt, oder dieser seltsame Diener hatte das getan.
    Am anderen Ende des Raumes stand ein Himmelbett mit einer flaschengrünen Samtdekoration. Unter einer indigoblauen Tagesdecke schauten weiße, sehr sauber wirkende Kissen hervor. Vielleicht hatten sie speziell für sie neue Bettwäsche angeschafft.
    Sie konnte ihre Vorbereitungen regelrecht spüren. Sie war etwas Besonderes, Einzigartiges, aufregend wie ein Neugeborenes. Der Raum roch leicht modrig, doch das wurde vom trockenen, würzigen Duft des Feuers und einem Geruch nach Gesichtspuder überdeckt.
    » Ihre Koffer werden Ihnen gebracht.« Der Diener Michael deutete auf den Korridor.
    » Das grüne Badezimmer ist dort drüben. Wir haben heißes Wasser.«
    » Vielen Dank.«
    Natürlich war das Haus alt genug, um auch schon ohne ausgekommen zu sein. Sie wollte, dass der Diener ging. Der Raum überwältigte sie, doch könnte sie sich vielleicht für wenige kostbare Minuten darin verstecken.
    » Wann werden Mister Stephan und Miss …«
    » Miss Anna und Mister Stephan werden in Kürze hinuntergehen.«
    » Wie werde ich sie finden?«, fragte sie.
    » Die Räume im Erdgeschoss werden dann beleuchtet sein, Miss Rachaela.«
    Der Diener ging hinaus, und die Tür schloss sich hinter ihm. Ein Vorhang fiel davor herab.
    Hinter dem Bett befand sich ein weiteres großes, schmales Fenster, wie die anderen aus getöntem, fleckigem Glas; die Stores waren nicht zugezogen. Rachaela starrte darauf und konnte neben der fedrigen Krone eines Baumes zwei Gestalten ausmachen. Doch nur bei Tageslicht würde sie erkennen, was ihr hier tatsächlich Gesellschaft leistete. Sie ging zu dem Feuer hinüber. Es war angenehm, ein Luxus, und sie würde sich weder mit dem Problem der Reinigung noch mit dem Holznachlegen herumärgern müssen. Ein Diener – die Scarabae hatten Hauspersonal.
    Rachaela versuchte, das Feuer zu genießen.
    Auf die Kaminkacheln waren blaue Irisblüten emailliert. Der Teppich im Zimmer war sehr alt, vermutlich ein Perser, mit blauen und roséfarbenen Pflanzen und grünen Vögeln.
    Hinter den Kerzen glitzerten an zwei Stellen mit buntem Glasschmuck verzierte Spiegel. Und auf einer riesigen, alten Frisierkommode stand ein Flügelspiegel, der ähnlich hergerichtet worden war. Rachaelas Ebenbild wurde von Hecken aus Lilien und einem wilden Sonnenuntergang, in dessen Strahlen Schwalben segelten, durchzogen. Wie bizarr. Es spielte jedoch keine Rolle, da sie ihren eigenen, ganz normalen Spiegel mitgebracht hatte.
    Sie setzte sich einen Moment lang aufs Bett, lauschte dem gedämpften Rauschen des Meeres und dem Ticken zweier Uhren, einer schwarzen, die zwei Engel schmückten auf dem Kaminsims, und einer winzigen Turmuhr neben dem Bett. Die größere Uhr zeigte halb acht, während die Zeiger der Turmuhr auf neun wiesen. Rachaela sah auf ihre Armbanduhr, aber sie hatte, wie schon so oft, vergessen, sie aufzuziehen. Sie war stehengeblieben. Nun, sie würde sich für Stephan und Anna zurechtmachen müssen.
    Sie konnte sich die beiden absolut nicht vorstellen. Sie stand auf und zwang sich dazu, den beleuchteten Korridor zu betreten. Sie fand das Badezimmer ohne Schwierigkeiten, da es die einzige andere Tür an diesem Ende des Flurs war. Das Bad war ein perfektes, zeitgeschichtliches Relikt, für das die Reichen und Berühmten der Stadt ohne zu zögern ein Vermögen hinblättern würden.
    Eine weitere Öllampe beleuchtete den grünen Marmor des Bades, das marmorne Waschbecken und die mit einem Holzsitz ausgestattete Toilette, auf der ein Dekor aus grünen Gänseblümchen wucherte. Das viel gelobte heiße Wasser wurde von einem Gasofen erzeugt. Jungfräulich weiße Handtücher lagen auf einer Kommode bereit, auf der außerdem eine nilgrüne Waschschüssel mit Krug und ein Teller mit getrockneten Blütenblättern standen. Die Seife war ebenfalls grün und roch nach Geißblatt. Neue Seife, neue Handtücher.
    An den Wänden tauchten Meerjungfrauen in die Kacheln. Rachaela blickte nach oben. An der Decke hing eine Fassung ohne Glühbirne. Die Elektrizität war also gekommen und wieder gegangen.
    Als sie sich Gesicht, Hände und Arme wusch, merkte sie, dass sie zitterte. Auf dem Spiegel hinter dem Waschbecken war eine Meeresszene mit einem Dreimaster abgebildet. Er reflektierte ihre Lippen, ihre Augen, und ihr schwarzes Haar.
    Im

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