Schwarzer Tanz
waren vor hundert Jahren modern gewesen und waren es nun wieder. Pailletten funkelten. Sie war überzuckert mit winzigen Glitzerpunkten.
Der Mann trug eine antike Smokingjacke und abgetragene schwarze Hosen. Sein Hemd war gestärkt, sein Haar dicht und weiß, und seine Augenbrauen schimmerten wie Eisenspäne. Die schmalen Hände der beiden waren mit Ringen geschmückt. Wie zwei ältliche Puppen standen sie im Schein des Feuers und der Kerzen am anderen Ende des Zimmers, und ihre Augen funkelten wachsam.
Augen von schlauen Ratten, nicht Mäusen.
» Es ist Rachaela«, der alte Mann sprach mit der klaren, trockenen Stimme, und der fehlerfreien Betonung eines Schauspielers; keine Andeutung eines Dialekts, nicht einmal von dieser Gegend. Er hörte sich nicht an wie der Reiter.
» Sie ist es«, bestätigte die alte Frau. » Sie ist es.«
Und sie rührten sich nicht vom Fleck. Sie waren so alt, dass sie die absurde Flatterhaftigkeit der Jugend nicht länger motivieren oder stören konnte.
Rachaela sagte: » Sie müssen Miss Anna und Mister Stephan sein.«
» Anna und Stephan«, antwortete die Frau. Sie lächelte, und ihr Gesicht wogte wie das Meer; eine Welle, Schichten gegerbter Haut. Ihr Lächeln war jedoch nur eine Maske.
Der alte Mann meinte: » Wie höflich sie ist. Bitte keine Förmlichkeiten bei uns.«
Er lächelte nicht, doch wirkten die wie aus Stein gemeißelten, starren Falten in seinem Gesicht ebenso maskenhaft. Sie hielten das Alter selbst wie einen Schild vor sich und lugten dahinter hervor mit den klugen Augen von Ratten hinter einer Mauer.
» Später«, sagte die alte Frau, » wirst du all die anderen kennenlernen. Einen nach dem anderen. Hier und da. Kein Grund zur Eile.«
» Wir dinieren, musst du wissen«, bemerkte der alte Mann. » Ich diniere gern. Es ist zivilisiert. Aber der Rest … Wir halten uns an unterschiedliche Zeiten.«
» Du wirst dich daran gewöhnen«, meinte Anna. » Du musst hier nur das tun, wonach dir der Sinn steht. Das ist jetzt dein Zuhause.«
» Nein«, sagte Rachaela. Sie stieß es zu schnell, richtig brutal hervor. Entweder bemerkten die beiden es nicht, oder es spielte für sie keine Rolle.
Stephan sagte: » Wir haben dich eingeladen.«
» Wer von euch hat mir geschrieben? Diesen getippten Brief?«
» Oh, wir nicht«, antwortete Anna. Die Gezeiten in ihrem Gesicht gerieten in Bewegung. Wir nicht.
» Abscheuliche Apparate«, sagte Stephan. Er zog eine Grimasse und schüttelte den Staub von der Schreibmaschine von seinen Händen.
» Der Brief …«, wiederholte Rachaela.
» Mach dir jetzt keine Gedanken über den Brief. Jetzt bist du hier, bei uns. Wir sind deine Familie, Rachaela.«
Der Diener erschien auf der Bildfläche, begab sich zu dem Tablett, und sie warteten schweigend. Im Schein des Feuers brachte er dem alten Mann ein kleines, schlankes Glas mit pechschwarzer Flüssigkeit, und die Frau erhielt einen Fingerhut voll Granatrot.
» Wir werden in Kürze dinieren«, sagte Stephan.
Michael verneigte sich und verließ den Raum.
» Ich hoffe, das Abendessen wird dir schmecken«, meinte Anna. » Wir essen hier sehr einfach. Wir leben vom Land.«
Sie durchquerte den Raum und setzte sich auf einen der Stühle. Der alte Mann blieb weiterhin stehen, als Rachaela sich jedoch ebenfalls niederließ, weil sie dachte, dass er nur darauf wartete, bewegte er sich immer noch nicht.
Er ging zu einem staubigen Tisch, auf dem ein Schachbrett mit Onyxfiguren aufgestellt war. Vorsichtig machte er einen Zug und trat zurück.
» Ich muss euch fragen, warum ich eingeladen wurde. Ihr habt mich aufgespürt. Warum wolltet ihr, dass ich herkomme?«
» Aber es ist doch ganz natürlich, dass wir dich bei uns haben wollen. Nicht nur Stephan und ich. Auch die anderen. Es ist gut, dass du deinen Platz zwischen uns eingenommen hast.« Anna blieb unerschüttert.
» Es gibt viele von uns«, sagte Stephan. » Wir haben es beschlossen.«
» Jeder Einzelne von euch hat beschlossen, dass ich … dass ich hierherkommen muss?«
» Natürlich. Wir haben mehrere Jahre gewartet. Auf den richtigen Zeitpunkt.«
» Warum«, fragte Rachaela, » ist gerade jetzt der richtige Zeitpunkt?«
Anna antwortete mit leiser Stimme. » Alles hat seinen bestimmten Zeitpunkt. Ihn zu kennen ist die einzige Kunst.«
» Miriam und Eric, George und Peter, möglicherweise auch Sylvian, sie hätten dich schon viel früher geholt«, sagte Stephan.
Allein diese Aufzählung ließ Rachaela zurückschrecken. Gab es
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