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Schwarzer Tanz

Schwarzer Tanz

Titel: Schwarzer Tanz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tanith Lee
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ausschüttete.
    » Angestellt? Oh, es handelt sich nicht um Ruth. Ich fürchte, es geht um mich.«
    » Was hast du angestellt?«
    » Ich weiß nicht, wo ich anfangen soll. Es hat mich völlig aus der Bahn geworfen. Einfach so aus dem Nichts.«
    Emma setzte sich in den Sessel neben Ruths Bereich. » Es ist Liz«, sagte sie.
    Rachaela überlegte krampfhaft. Liz war eine der Töchter – die älteste.
    » Liz«, echote sie.
    » Sie hat mir einen außergewöhnlichen Brief geschickt. Sie schreibt fast nie, und jetzt das. Es ist wundervoll, aber sie hat sich in eine ziemlich verfahrene Situation gebracht. Sie hat erfahren, dass sie wieder schwanger ist. Ungewollt – sie ist sechsunddreißig. Sie möchte es bekommen, hat aber Angst, dass sie es nicht schafft. Und anscheinend hat Brian vorgeschlagen, dass ich zu ihnen ziehen soll. Sie haben ein großes Gästezimmer mit Bad, das ich haben kann, und Brian sagt, dass er mir eine Küchenecke einbauen wird. Es ist ein wunderschönes Haus. Ich habe es natürlich seit Jahren nicht mehr gesehen, aber sie haben angebaut. Der Garten ist herrlich, wie aus einer Zeitschrift … Es hat mich einfach umgehauen. Cheltenham! Sie sagt, sie braucht mich. Ich erinnere mich an das letzte Mal, sie wurde so dick. Und natürlich muss sie sich auch diesen ekelhaften Tests unterziehen, um sicherzugehen, dass mit dem Baby alles in Ordnung ist.«
    Rachaela erfasste Emmas hektische Tirade mit Verzögerung; jeder Satz hallte in ihrem Kopf wieder.
    » Aber haben sie dich nicht im Stich gelassen?«, fragte sie.
    » Nein. Niemals. Sie müssen doch ihr eigenes Leben leben. Und ich komme wunderbar zurecht. Meine unabhängige Ader.« Emma leuchtete. » Aber sie ist meine Tochter. Ich kann sie doch nicht im Stich lassen.«
    Rachaela stand am Fenster, hinter sich den weißen Schnee, und fühlte, wie ihr der Boden in Zeitlupe unter den Füßen weggerissen wurde.
    » Du wirst also gehen.«
    » Ich muss.«
    » Und wie lange wirst du weg sein?«
    » Nun, ich denke, es handelt sich dabei um ein Arrangement von Dauer. Schließlich und endlich werden sie auch einen Babysitter brauchen, wenn das Baby einmal auf der Welt ist. Sie müssen sich ab und zu eine Pause gönnen. Und, wie Brian sagt … nun in meinem Alter wäre ein bisschen Sicherheit auch nicht schlecht. Es ist eine einmalige Chance. Ich kann mich nicht einfach zurückziehen und Liz alleinlassen.«
    Liz hat dich aber alleingelassen.
    Sinnlos, den Egoismus der anderen hervorzuheben, es war ihr eigener Egoismus, der leiden würde.
    Rachaela fragte: » Hast du es Ruth gesagt?« Emma wirkte niedergeschlagen unter all ihrem Glanz.
    » Nein. Ich hatte nicht den Mut. Und ich wollte es zuerst dir sagen. Sie ist erstaunlich für ihr Alter. Ich bin sicher, sie wird es verstehen. Sie mag mich gern, sie wird sich für mich freuen.«
    » Sie liebt dich«, sagte Rachaela.
    Emma zog die Schultern hoch.
    » Es ist wahrscheinlich das Beste, Rachaela. Ihr beide müsst mehr Zeit miteinander verbringen.«
    » Nun, das werden wir jetzt unweigerlich tun müssen.«
    » Oh, Himmel«, sagte Emma. » Ich weiß nicht, was ich machen soll.«
    Das klang nicht sehr überzeugend. Sie wusste sehr gut, was sie tun wollte. Wer war Ruth schon, verglichen mit ihrem eigenen Fleisch und Blut? Nur ein Ersatz. Hier konnte sie das Echte haben.
    Abgeschoben.
    Rachaela empfand bitteres Mitleid mit ihrer Tochter.
    Ruth würde sich nicht für Emma freuen. Ruth war ebenfalls ichbezogen und selbstsüchtig, besaß den Egoismus eines Kindes.
    » Hallo, Mami«, kam Ruths klare, blasse Stimme aus dem Korridor. Und dann zutraulich: » Emma, ich bin fertig, und ich habe den Teller in die Spüle gestellt, wie du es gesagt hast.«
    » Danke, Ruth.«
    » Warum bist du hier oben?«, fragte Ruth.
    Dies war offensichtlich ein Ort, an den man nicht ging, wenn man nicht unbedingt musste.
    » Ich musste mit deiner Mami reden.«
    » Kommst du jetzt wieder runter?«
    » In einer Minute, Liebling.«
    Anstatt wieder zu gehen, trat Ruth über die Schwelle in das Zimmer und ging in ihren eigenen Bereich.
    Die Glöckchen klingelten, und Emma zuckte zusammen.
    Sie sah Rachaela bittend an.
    » Warum sagst du es ihr nicht gleich?«, fragte Rachaela, ängstlich und brutal zugleich.
    » Glaubst du …? Oh Gott, ich schätze, das sollte ich.« Emma stand verloren da.
    Und Ruth kam mit einem weißen Blatt Papier, das sie hellgrün und violett bemalt hatte, in der Hand hinter der Wand hervor. » Hier ist mein Seepferdchen, Emma. Ich

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