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Schwarzer Tod

Titel: Schwarzer Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Greg Iles
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müssen. Man konnte einfach der Tatsache nicht ausweichen, daß die beiden Männer in der Burg keine anderen Verbündeten fanden als sich selbst: keinen murrenden Kader von Waffenbrüdern, wie die Kommandorekruten, keine freundlichen Kollegen, wie die Ausbilder. Sie waren zwei einsame Zivilisten, die in einem Programm ausgebildet wurden, das sich grundlegend von der normalen Ausbildungsroutine unterschied.
    Für die Ausbilder stellten die beiden eine unangenehme Unterbrechung dar, die nur auf Befehl des Kommandierenden Offiziers toleriert wurde, der wiederum einfach nur einem Freund einen Gefallen tat. Und abgesehen von Sergeant Ian McShane stand diese Toleranz überdies auf tönernen Füßen. Einige von Sterns früheren Bemerkungen über McConnells Pazifismus hatten die Runde gemacht, und die Ausbilder gingen rasch dazu über, dem Amerikaner die gleichen schiefen Blicke zuzuwerfen, wie er sie schon aus Oxford gewohnt war. In Sterns Fall traten die Vorurteile sogar noch offener zutage. Antisemetismus war in der britischen Armee weit verbreitet, und Sterns deutscher Akzent machte ihn erst recht zu einem Haßobjekt. Er konnte kaum an jemandem in der Burg vorübergehen, ohne finstere Blicke oder eine gemurmelte Beleidigung auszulösen.
    Und so kam es, daß nach vier Tagen die beiden Männer, die so gänzlich verschiedenen Philosophien anhingen, durch die Vorurteile anderer einen gemeinsamen Nenner fanden. Stern hatte seine zynische Maske aufrechterhalten, aber McConnell fühlte bald die ernste, nachdenkliche Intelligenz dahinter. Sterns Neueinschätzung von McConnell dauerte länger, bis schließlich etwas gänzlich Unerwartetes ihn lehrte, daß ein erster Eindruck auch erheblich täuschen kann.
    Auf der Seilbrücke, einem langen Netz aus miteinander verbundenen Tauen, die eine breite Stelle des Arkaig überspannte, vergnügte sich Sergeant McShane damit, Stern die vielfältigen Einsatzmöglichkeiten seines Lieblingswerkzeugs, des Knebelseils, zu erklären. Stern konterte, daß die Errichtung dieser Brücke mindestens 50 Seile erfordere, während er und McConnell ja leider nur über zwei verfügten.
    Während sie sich am Ufer der Burg gestritten hatten, wurde eine Gruppe französischer Kommandos gerade darin trainiert, wie man diese flexible Brücke unter Feuer überquerte. Der Arkaig führte noch Hochwasser, das die Felsen verbarg, die einem die Knochen wie trockene Zweige brechen konnten, wenn man aus sieben Meter Höhe von der Brücke auf sie stürzte. Ein versteckter Heckenschütze feuerte mit einem Gewehr dicht an den Soldaten vorbei, und um den Realismus der Übung noch zu verstärken, hatte man Sprengladungen im Flußbett versteckt. Folglich mußten mehrere wütende Kommandos mitten auf der schwankenden Brücke anhalten, während ein Ausbilder mit einem Klemmbrett anzügliche Kommentare vom Ufer herüberschrie und ihre Vorfahren bis hin zu Wilhelm dem Eroberer verunglimpfte. Jedesmal, wenn eine Bombe im Fluß explodierte, schrien sich die Franzosen wütend an.
    Lachend erklärte Sergeant McShane Stern und McConnell, was die Franzosen falsch machten; doch sein Lachen erstarb, als nach einer besonders heftigen Explosion einer der jungen Kommandos den Halt verlor und durch das Netz der Knebeltaue rutschte. Dabei verfing sich sein Hals in den Maschen. Sein ganzer Körper zuckte wie der eines Mannes, der gehenkt wird. Dann ruckte sein Kopf, und er stürzte in den Fluß.
    Nur die Beobachter am Ufer hatten bemerkt, was passiert war, und nur McShane und der Ausbilder wußten, daß kürzlich zwei Männer unter fast den gleichen Umständen ihr Leben verloren hatten. In jenem Fall hatte eine Explosion zwei Männer von der Brücke geschüttelt. Der reißende Fluß hatte sie rasch weggespült, bevor irgend jemand hatte helfen können. Schließlich hatte man ihre Leichen im Loch Lochy gefunden. Seitdem hatte man ein Stück stromabwärts ein Netz gespannt, doch Sergeant McShane ging kein Risiko ein. Als die Franzosen das Fehlen ihres Kameraden bemerkten, war der Highlander schon in den Fluß gesprungen und schwamm hinter dem treibenden Körper her.
    McShane schwamm schnell, und es gelang ihm, angetrieben von den Rufen der Männer auf der Brücke, den Franzosen rechtzeitig einzuholen. Die Kommandos arbeiteten sich über die Seilbrücke, während McShane ihren abgestürzten Kameraden auf das gegenüberliegende Ufer zog.
    Selbst von dort, wo McConnell und Stern standen, konnte man erkennen, daß der junge Franzose schwer verletzt

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