Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Schwarzer Tod

Titel: Schwarzer Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Greg Iles
Vom Netzwerk:
hockte und die Röhre festhielt. In weniger als einer Minute hatte sich das graue Gesicht des Franzosen etwas aufgehellt. Nach drei Minuten war die Farbe wieder rosa und sein Puls regelmäßig.
    »Wie geht es ihm?«
    Sergeant McShane hockte sich unmittelbar hinter McConnell.
    »Sein Kehlkopf ist übel zugerichtet, aber sein Zustand ist stabil. Er braucht jetzt einen guten Chirurgen.«
    »Es ist schon ein Notarzt von Fort William hierher unterwegs. Sollte in ein paar Minuten hier sein.«
    »Gut.«
    Ein französischer Arzt erschien und kniete sich neben den Patienten. Er nickte anerkennend, als er McConnells Arbeit sah, und wickelte dann Pflaster um den Stift, damit er beim Transport nicht verrutschte. Mark stand auf und schüttelte die Hände aus. Erst jetzt bemerkte er, daß sie zitterten.
    »Ist schon lange her, seit ich so was zuletzt gemacht habe«, erklärt er. »In den letzten fünf Jahren habe ich nur im Labor gearbeitet.«
    Sergeant McShanes Stimme verriet ehrlichen Respekt. »Das war keine schlechte Show, Mr. Wilkes. Verdammt gut.«
    McConnell reichte ihm die Hand. »Ich heiße McConnell, Sergeant. Doktor McConnell.«
    »Erfreut, Sie kennenzulernen, Doktor«, sagte McShane und schüttelte sie. »Ich dachte, Sie wären eine Art Chemiker, Mann.«
    McConnell lächelte. »Sie hatten recht damit, daß ich keine Tracheotomie versuchen sollte. Es ist eine gefährliche Angelegenheit, selbst für einen Chirurgen in einem Krankenhaus. Ich habe eine Cricothyreodotomie vorgenommen. So geht man der Gefahr aus dem Weg, eine Arterie zu verletzen.«
    »Was auch immer Sie getan haben, es war das Richtige.« Der Sergeant sah McConnell mit seinen blauen Augen an. »Das Richtige im richtigen Moment zu tun ... Das ist eine Gabe.«
    McConnell nahm das Kompliment mit einem Schulterzucken hin. »Wo ist Stern?«
    »Sie meinen Butler?«
    »Äh ...ja.«
    »Hier«, meldete sich Stern und erhob sich aus der Gruppe der Franzosen.
    »Danke für den Stift.«
    Zu McConnells Überraschung beugte sich der junge Jude vor und reichte ihm die Hand.
    Als McConnell sie schüttelte, drehte sich Stern zu McShane um und sagte: »Vielleicht schafft er es ja doch, was, Sergeant?«
    McShane nickte knapp. »Aye. Vielleicht.«
    Als sie zur Burg zurückgingen, fiel McConnell auf, daß er ein Lob schon lange nicht mehr so genossen hatte.
    In dieser Nacht unterhielten sich Stern und McConnell in ihrer kalten Wellblechhütte zum ersten Mal über etwas anderes als ihren bevorstehenden Einsatz.
    »Ich habe mir oft gewünscht, Arzt zu werden«, sagte Stern. »Nicht damals in Deutschland, aber seit ich nach Palästina gegangen bin. Und auch in Nordafrika. Ich habe eine Menge Menschen sterben sehen.«
    Er schwieg eine Weile und fuhr dann fort: »Das Merkwürdige ist, daß ich mich an all die Toten erinnere - nicht an ihre Namen, aber an ihre Gesichter, an ihre letzten Sekunden. Es ist mir oft aufgefallen, wie gleich wir im Augenblick des Todes sind. In den Bildern stellt man es nie richtig dar. Die meisten Männer verlangen nach ihren Müttern. Wenn sie überhaupt noch reden können. Ist das nicht verrückt? Ich wette, daß sie ihren Müttern seit Jahren nicht geschrieben haben, aber am Ende sind die Mütter die einzigen, die ihre Furcht bannen könnten. Einige rufen auch nach ihren Frauen oder Kindern. Ich habe dagestanden und sie sterben sehen, meilenweit vom nächsten Krankenhaus entfernt. Kein Erste-Hilfe-Kasten. Nichts.«
    McConnell lag im Dunkeln und schwieg. Stern war erst knapp 25 Jahre alt, aber er hatte schon mehr Männer und Frauen sterben sehen, als die meisten Menschen in ihrem ganzen Leben sehen würden. Er richtete sich auf die Ellbogen auf.
    »Haben Sie jemals jemandem in dieser Lage geholfen?«
    »Was meinen Sie?«
    Im Dunkeln konnte McConnell nur Sterns Umrisse erkennen; ein ausgestreckter Körper mit über der Brust gekreuzten Armen. »Sie wissen genau, was ich meine. Haben Sie sie von ihrem Schmerz erlöst? Als Assistenzarzt habe ich einige Patienten gesehen, von denen ich glaubte, daß sie tot besser dran gewesen wären; aber natürlich waren mir die Hände gebunden. Ich habe mich nur gefragt, was ein Mann tun würde, wenn es keine Beschränkungen gibt.«
    Stern ließ sich mit der Antwort Zeit. McConnell schloß die Augen und hatte sich bereits auf die Seite gedreht, als er eine leise Stimme hörte: »Einmal.«
    »Was?«
    »Ich habe es einmal getan. In der Wüste. Einige Freunde von mir und ich hatten eine arabische Siedlung überfallen. Zu

Weitere Kostenlose Bücher