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Schwarzer Tod

Titel: Schwarzer Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Greg Iles
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die Affäre lange vorher zu beenden. Aber ein oder zwei weitere Ausflüge in Sybilles Bett würden dieses Ende auch nicht schwieriger gestalten.
    Als er sich einer Wegbiegung näherte, hörte er vor sich einen dumpfen Plumps. Es klang irgendwie vertraut, aber aufgrund des Regens konnte er das Geräusch nicht genau zuordnen. Hinter der Biegung hörte er dann ein Zischen zwischen den Bäumen zu seiner Linken. Dann einen weiteren Plumps. War ihm Hauptscharführer Sturm schließlich doch gefolgt, um zu sehen, was er des Nachts im Wald trieb?
    Sekunden später blieb Willi wie angewurzelt auf dem schlammigen Pfad stehen. Zehn Meter vor ihm stand ein massiger Mann in einer dunklen Uniform. Nur etwas Weißes flackerte dort, wo eigentlich seine Augen hätten sein sollen. Als Willi den Fallschirm und die zerfetzten Leinen im Wind wehen sah, flüsterte eine Stimme in seinem Kopf: »Kommando!« Aber er beachtete sie nicht. Immerhin stand er auf deutschem Boden, weit weg von der Front. Vielleicht hatte Sturmbannführer Schörner eine Art Übung angesetzt, um die Bereitschaft der Wachen von Totenhausen zu testen. Dieser Gedanke ließ Willis Hand einen Augenblick innehalten. Dann griff er aber doch nach seiner Pistolentasche.
    Ein heller Blitz sprang ihn von dem Fallschirmspringer her an.
    Willi spürte, wie ihn ein gewaltiger Schlag in den Magen traf. Dann blickte er in den stürmischen Himmel von Mecklenburg empor. Der Fallschirmspringer beugte sich über ihn. Willi war eher verwirrt als verängstigt. Und er war müde, so unendlich müde. Während er noch hochstarrte, veränderte sich das geschwärzte Gesicht über ihm, wirbelte herum, verschwand und verwandelte sich in die weichen Züge von Sybille Kleist. Sie sah irgendwie anders aus. Sie war ... wunderschön. Als er das Bewußtsein verlor, wurde Willi klar, daß er sie vielleicht doch liebte.
    »Er ist tot, Ian«, sagte eine Stimme auf englisch.
    Sergeant McShane trat gegen den am Boden liegenden Körper. Er rührte sich nicht. »Geh auf Nummer sicher«, befahl er.
    Eine dunkle Gestalt ließ sich zu Boden fallen und rammte einen Dolch ins Herz des gefallenen Deutschen.
    »Papiere«, sagte McShane.
    Der Knieende durchwühlte die Taschen des Toten und hielt eine braune Lederbrieftasche hoch. »Ein SS-Oberscharführer Willi Gauss. Hier ist eine Lebensmittelkarte mit dem Wort Totenhausen.«
    McShane nickte. »Ich glaube nicht, daß ein einzelner Oberscharführer mit einer Pistole schon eine Patrouille ausmacht, Colin; aber trotzdem könnte ihn jemand im Lager erwarten.«
    Der Waffenausbilder aus Achnacarry blickte von Willi Gauss' Leichnam auf. »Er hat Schnaps getrunken, Ian.«
    McShane beobachtete den Weg, während er sich aus seinem Fallschirm schälte. Sekunden später tauchten zwei weitere Schatten auf und blieben neben ihm stehen. Beide Männer waren Ausbilder von Achnacarry. Der eine war Alick Cochrane, ein Highlander, der ähnlich gebaut war wie McShane, und der andere war John Lewis, der Nahkampftrainer, den Stern am ersten Tag ihrer Ausbildung gedemütigt hatte. Er hatte sein Knie verbunden, es wütend jeden Tag trainiert und es nachts mit Eisbeuteln gekühlt. So konnte er sein Versprechen halten, daß er fit genug für den Einsatz sein würde.
    »Weißt du, wo wir sind, Ian?« fragte Alick Cochrane.
    »Zwischen den beiden größten Hügelansammlungen, westlich des Dorfes und auch des Lagers, wie geplant; aber wir sind zu weit südlich runtergekommen. Dieser verdammte Sturm. Trotzdem ... da wir blind gesprungen sind, hätte es noch schlimmer kommen können.«
    »Aye«, stimmte ihm Cochrane zu. »Ich glaube nicht, daß ich es geschafft hätte, wenn du nicht als erster gesprungen wärst.«
    »Wo sind die Gaskanister und die Ausrüstung?« wollte Lewis wissen.
    McShane sah zu den Hügeln hinauf und schirmte die Augen gegen den Regen ab. »Sie sollten nördlich von uns gelandet sein, auf der Ebene - da, wo wir eigentlich sein sollten. Die Umspannstation müßte auf dem Gipfel des Hügels zu unserer Linken sein. Genau östlich.«
    Colin Munro wischte den Dolch ab und stand auf. »Wie wollen wir es angehen, Ian?«
    McShane betrachtete den Toten und zwang sich, ruhig und klar nachzudenken. Von dem Augenblick an, da sie in den deutschen Luftraum eingedrungen waren, war alles schiefgelaufen. Sie wiren vom Luftwaffenstützpunkt Wick in Schottland aus gestartet, und zwar mit dem geheimsten Luftfahrzeug der Spezialstaffel, einer JU-88A6, die man in Cornwall zur Landung gezwungen

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