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Schwarzer Tod

Titel: Schwarzer Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Greg Iles
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tatsächlich eine Liste mit toten Juden dabei gehabt; aber es war kein Avram Stern unter den Namen gewesen. Smith hatte keine Ahnung, ob Avram Stern lebte oder tot war, und es interessierte ihn auch nicht. Er hatte den Namen von Major Dickson in London bekommen, der eine drei Zentimeter dicke Akte über Jonas Stern besaß, die er von der Militärpolizei in Palästina angefordert hatte. Das Merkwürdige daran war nur, daß diese Lüge der Wahrheit über Avram Stern vermutlich sehr nah kam. Und wenn diese Lüge bei seinem Sohn das Feuer entfachte, das er brauchte, um BLACK CROSS durchzuziehen, dann war der alte Jude wenigstens nicht vergeblich gestorben.
    »Frecher Saukerl!« donnerte eine vertraute Stimme. »Meinen Whisky zu saufen! Ich werde dir deine roten Ohren an den Kopf nageln, Duff!«
    Smith blickte auf die massige Gestalt und in das gerötete Gesicht von Colonel Charles Vaughan. »Tut mir leid«, entschuldigte er sich und stand auf. »Ich habe gerade eine schlechte Nachricht überbracht. Ein Schlückchen lindert oft den Schmerz, stimmt's?«
    Vaughans Miene veränderte sich schlagartig und verriet jetzt väterliche Sorge. »Komm schon, Duff - ich hab dich nur hochgenommen. Machen wir die Flasche leer, hm? Auf abwesende Freunde.«
    »Danke, Charles.« Smith trat hinter dem Schreibtisch vor und klopfte dem Colonel auf den Oberarm. »Ich muß noch heute zurück zur Baker Street.«
    Vaughan ranzelte enttäuscht die Stirn. »Na gut. Ist deine besondere Fracht gut durchgekommen?«
    »Ja. Ich weiß durchaus zu schätzen, daß du mir McShane und die anderen ausleihst. Ein harter Job erfordert harte Männer.«
    »Sie sind ohne Zweifel meine besten Kämpfer, und niemand wird je erfahren, wohin sie heute abend verschwunden sind. Da kannst du ganz beruhigt sein.«
    »Danke, alter Knabe.«
    Smith ging zur Tür, drehte sich auf der Schwelle jedoch noch einmal um und schürzte die Lippen. »Weißt du, Charles, es ist schon erschreckend, wie engagiert einige dieser Juden sind. Sie sind so kaltblütig wie Gurkhas, wenn es ums Töten geht. Wir sollten in Palästina lieber unsere Waffen bereithalten, wenn der Krieg zu Ende ist.«
    Vaughan rieb sich das breite Kinn. »Davon würde ich mir keine schlaflosen Nächte bescheren lassen, Duff. Ich glaube nicht, daß Adolf genug von ihnen am Leben läßt, um einen Aufstand anzetteln zu können, geschweige denn einen Krieg.«

25

    SS-Oberscharführer Willi Gauss spähte zwischen den Bäumen hindurch in die Finsternis. Dann drehte er sich um und sah tiefer in den Wald hinein, zum Haus, das er gerade verlassen hatte. Trotz des strömenden Regens konnte er sehen, daß Frau Kleist bereits die Lampen gelöscht hatte. Mit einem zufriedenen Seufzer trat er zwischen den Bäumen hervor und ging den schmalen Pfad entlang, der um die bewaldeten Hügel herum nach Totenhausen führte.
    Er würde etwa 40 Minuten brauchen, um bei diesem Wind und dem Regen das Lager zu erreichen, aber das störte ihn nicht sonderlich. Seine Ausflüge zu Frau Kleist erzeugten eine gänzlich andere Art von Erschöpfung als das Exerzieren. Frau Kleists Ehemann war Kapitän von U238, das im Golf von Mexiko Patrouille fuhr. Seit 18 Monaten war Kleist nicht mehr zu Hause gewesen, und seine Frau war nicht die Art Mensch, die ihre Sexualität für die Kriegsmarine opferte. Willi Gauss fand die Situation eher komisch. Sybille Kleist haßte die See, und trotzdem hatte sie einen U-Boot-Kommandanten geheiratet. Wegen seiner verwegenen Uniform. Das war so typisch deutsch! Sie behauptete, Ihr Ehemann käme nicht oft genug nach Hause, als daß es sich lohnen würde, in einem Seehafen zu wohnen, und außerdem lebe sie lieber allein in einem gemütlichen Haus am Rand ihres Heimatdorfs Dornow.
    Das Pech des Kapitäns war Willi Gauss' Glück. Sybille Kleist war im Bett unersättlich. Willi war 23 Jahre alt, Sybille 40. Trotzdem schaffte Sybille es, ihn zweimal in der Woche völlig zu erschöpfen, manchmal sogar dreimal. In einigen Nächten ließ sie ihn nicht einmal das Schlafzimmer verlassen, um zu pinkeln. Sie wartete, bis sein Bedürfnis ihn hart machte, und benutzte ihn dann wieder. Und Willi beschwerte sich nicht. Allerdings redete Sybille in letzter Zeit immer mehr Unsinn. Sie behauptete, ihn zu lieben. Trotz seiner erst 23 Lenze wußte Willi, daß das gefährlich war. Wenn der Krieg vorüber war, würde Kapitän Johann Kleist zurückkehren. U-Boot-Kapitäne waren berüchtigt für ihren Stolz und ihre Härte. Willi beabsichtigte,

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