Schwarzer Tod
Männer das nur aus diesem Grund sagen«, fuhr McConnell fort. »Ich bin überzeugt, daß es der einfachste Weg ist, um bei einer Frau seinen Willen zu bekommen.«
»Und jetzt sagen Sie es.«
Sein Blick hielt ihrem stand. »Ja.«
»Sie haben eine Frau.«
»Ja.«
»Lieben Sie sie nicht?«
»Oh doch, ich liebe sie.«
»Aber sie kann sie jetzt und hier nicht trösten. Ich schon.«
McConnell beobachtete, wie sich ihre Augen veränderten, während sie sprach. Sie schienen genauso Teil des Gesprächs zu sein wie ihre Worte und schienen jede Frage oder Behauptung mit feinen Nuancen zu untermalen. »Sie war die letzten vier Jahre auch nicht in England, um mich zu trösten«, sagte er. »Ich habe es auch sehr gut ohne ... ohne jeden Trost geschafft.«
»Hat es denn Versuchungen gegeben? In England?«
»Genug.«
»Aber Sie haben sie ignoriert? Sie waren treu?«
»Ich habe es zumindest versucht, denke ich.«
»Aber jetzt kommen Sie sich nicht mehr so vor.«
McConnell seufzte müde. »Ist das ein Test, oder was? Ich fühle mich ganz bestimmt nicht edel dabei. Ich komme mir vor, als wäre ich geradewegs in die Hölle gerutscht, oder zumindest das, was ihr am nächsten kommt. Vor einer Woche war ich noch ein Pazifist und ein treuer Ehemann, und heute plane ich einen Massenmord und einen Ehebruch.« Er lachte höhnisch. »Vielleicht arbeite ich mich ja in kleinen Schritten weiter. Erst Ehebruch, dann einen kleinen Anschlag und Mißhandlungen, um mich aufzuwärmen ... und dann lande ich den richtig großen Coup. Giftgas.«
»Hören Sie auf damit«, verlangte Anna.
»Hören Sie, vergessen wir es einfach«, sagte McConnell. »Vielleicht sollten wir jetzt einfach nur den Hügel hinaufgehen.«
»Wie heißt Ihre Frau, Doktor?«
»Was?«
»Wie heißt Ihre Ehefrau?«
»Susan.«
»Haben Sie Kinder?«
»Nein, noch nicht.«
Anna stand langsam auf. Mit der linken Hand griff sie zum obersten Knopf ihrer Bluse. Sie öffnete ihn und ließ die Hand zum nächsten Knopf gleiten. »Dann«, sagte sie bedächtig, »muß ich in aller Demut Susan um Verzeihung für das bitten, was ich jetzt tun werde.«
McConnell beobachtete, wie die weiße Bluse sich öffnete und zunächst Annas Schlüsselbeine enthüllte, dann ihre Brüste. »Warum sagen Sie das?«
Sie ließ die Bluse von den Schultern gleiten. »Weil sie Ihre Frau ist, und weil sie jetzt hier ist. Es ist sinnlos, so zu tun, als wäre sie nicht da.« Anna machte den Rock auf und ließ ihn mit einem leisen Rascheln zu Boden gleiten. Dann trat sie einen Schritt vor.
McConnell konnte das Blut in ihrem Hals pochen sehen.
»Ich werde mich dessen später nicht schämen«, sagte sie mit zitternder Stimme. »Auch nicht wegen dem, was wir tun wollen. Das mag sein, was es will, aber ich werde mich nicht schämen.«
McConnell streckte die Hand aus, als wolle er sie aufhalten.
»Sind Sie sicher, daß Sie das wollen?«
»Ja.«
»Weil Sie vielleicht morgen sterben?«
»Zum Teil.«
Er zuckte zusammen. Trotz der Unmöglichkeit der Situation hatte er auf etwas mehr gehofft. »Ist es wegen Franz Perlman, dem Mann, den Sie geliebt haben?«
Anna lächelte schwach. »Nein. Das ist Vergangenheit.«
Sie streckte die Hand aus und legte den Finger auf McConnells Lippen.
Er zog sie an sich und küßte sie auf den Mund. Sein Nacken wurde plötzlich heiß, und sein Herz hämmerte schnell und unregelmäßig. Anna schmiegte sich an ihn und hielt sich nicht zurück. »Schnell«, sagte sie. »Schörner kann jeden Moment kommen.«
McConnell drängte sie rückwärts ins Schlafzimmer, küßte sie und zog sie mit sich, während sie seine Hemdknöpfe öffnete. Nach vier Jahren Zölibat errötete er vor Hitze allein durch die Berührung ihrer Haut und den Druck ihrer weichen Brüste. Als sie ans Bett stießen, bückte sich Anna, ohne den Kuß zu unterbrechen, und schlug die schwere Daunendecke zurück.
»Zeig's mir«, flüsterte sie. »Zeig mir, wie du mich liebst.« Als sie sich ihm öffnete, hatte McConnell das Gefühl, in sie hineinzustürzen; dabei ließ er mehr als nur das Entsetzen und die Unsicherheit der letzten drei Tage zurück. Zeig mir, wie du mich liebst! hatte sie gesagt. Aber was er hörte, war: Zeig mir, daß wir noch leben ...
Und das tat er. Doch selbst als er tief in ihr war, als sie schwitzten und stöhnten und sich dem Vergessen hingaben, konnte er dem Gefühl nicht entrinnen, daß sie sich im Schatten einer großen Finsternis liebten und sich mit der Verzweiflung der Verdammten
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