Schwarzer Tod
Lage. Willst du überleben oder nicht?«
Rachel starrte ihn verwundert an. Es veranschaulichte den Abgrund, der sie trennte, daß Schörner hier sitzen und anbieten konnte, was er für eine Lösung hielt, während sie nur Schmerz und Leid sah. »Sturmbannführer, ich betrachte ein Leben ohne meine Kinder nicht als lebensweit.«
Schörner lief rot an. »In einem Lebensbornheim würden sie die beste Pflege bekommen!«
»Bis sie von einer SS-Familie adoptiert werden.«
»Natürlich!« Er zwang sich, ruhig zu bleiben. »Hör zu ... Wer weiß? Vielleicht könnten wir ... könntest du nach dem Krieg die Adoptiveltern ausfindig machen und sie überzeugen ...« Selbst Schörner fiel die Albernheit seiner Phantasie auf, und er verstummte. »Rachel«, fuhr er dann entschlossen fort. »Ich habe nur noch wenig Möglichkeiten, deine Kinder weiter zu beschützen. Du mußt dich bald entscheiden. Die Alternative ist ... «
»Was?«
»Muß ich das wirklich sagen? Brandts Arbeit hier ist fast getan. Danach ... Mehr kann ich dir nicht sagen.«
»Ich kann das jetzt nicht entscheiden! Ich brauche Zeit zum Nachdenken.«
»Aber deine Kinder würden überleben! Ist es nicht das, was du willst?«
Ja! dachte sie. Der Krieg ist bald vorüber, und die Nazis werden verlieren. Du könntest sie finden! Du könntest allen Frauen im Kreis erzählen, was du vorhast, damit du nach dem Krieg Zeugen dafür hast, daß du die Wahrheit sagst. Vielleicht könntest du sogar die Kinder irgendwie markieren, ihnen eine kleine Narbe zufügen, damit du nach dem Krieg beweisen kannst, daß es deine Kinder sind. Sie werden dich wahrscheinlich vergessen und sich auch unter dem Einfluß der SS-Eltern etwas verändern, aber ...
Rachel sprang auf. Sie war zu sehr hin und her gerissen, um aus ihren eigenen Gedanken schlau zu werden. »Brauchen Sie noch etwas von mir, Sturmbannführer?«
Schörner ging auf sie zu, blieb dann aber stehen. »Nein. Du kannst gehen. Aber denk darüber nach, was ich dir gesagt habe. Wir erleben harte Zeiten, Rachel. Deshalb dürfen wir unseren Verstand auch nicht vor radikalen Lösungen verschließen.«
Sie starrte ihn lange an. Dann drehte sie sich um, ging zur Tür und klopfte nach Ariel Weitz.
Anna strich sich das Haar von ihrem feuchten Hals. Sie lag nackt unter der Daunendecke, die sie von oben in den Keller geholt hatte. Zwei kleine Kerzen auf dem Boden spendeten nur wenig Licht. McConnell lag auf dem Rücken, und Annas Kopf ruhte in seiner Armbeuge.
»Es wird bald dämmern«, bemerkte sie. »Vielleicht sollten wir zum Hügel gehen. Wenn Schörner Stern erwischt, haben wir sonst keine Chance mehr zum Angriff.«
McConnell zog sie enger an sich. »Mach dir darüber keine Sorgen.«
»Warum nicht?«
»Selbst wenn diese Mistkerle Stern erwischen, was sie nicht werden, bringen sie ihn nicht zum Reden. Nicht mal in einer Woche. Dieser Verrückte würde sich eher die eigene Kehle mit einer kaputten Flasche durchschneiden, bevor er reden würde.«
Anna lachte leise in der Dunkelheit.
»Warum versuchst du nicht zu schlafen?« fragte McConnell.
»Ich passe schon auf dich auf.«
»Ich kann nicht schlafen«, erwiderte Anna. »Wie das alles passiert ist ... Du und ich ... Die Gefangennahme der Wojiks ... Was wir morgen tun müssen ... Ich kann es nicht lange genug aus meinem Kopf vertreiben, als daß ich einschlafen könnte. Und es wird auch bald genug zu Ende sein, so oder so.«
McConnell drehte sich um und sah ihr in die Augen. »Glaubst du, daß Stern den Befehl hatte, mich umzubringen?« fragte er und sprach seinen Verdacht das erste Mal laut aus. »Falls ich gefangengenommen würde, meine ich.«
Annas Miene wurde ernst. »Ich glaube schon.«
»Wegen der Zyankalikapsel, richtig?«
»Ja. Sie geben ihren Leuten immer eine mit. Vor allem jemandem wie dir, der so wertvoll ist wegen dem, was er weiß. Ich nehme an, Sie hatten Angst, daß du die Kapsel nicht nehmen würdest, wenn man dich fängt.«
McConnell stützte sich auf den Ellbogen. »Aber ich bin schon gefangengenommen worden, Anna. Letzte Nacht. Stern hat mir gesagt, ich soll es dir nicht verraten. Aber er hat mich dabei nicht getötet. Dabei hätte er es leicht tun können. Doch er hat es nicht getan. Statt dessen hat er zwei SS-Männer umgebracht.«
Anna erstarrte. »Die verschwundene Patrouille? Stern hat sie getötet?«
»Ja.«
»Ach. Und wo sind die Leichen?«
»In einem Abwasserkanal in Dornow.«
»Meine Güte. Schörner wird sie mit Sicherheit noch vor
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