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Schwarzer Tod

Titel: Schwarzer Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Greg Iles
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anderes. Diese Zeitbegrenzung, von der ich geredet habe, gilt für einen totalen Sauerstoffschwund. Das bedeutet Tod. Vorher jedoch wird vermutlich Hysterie ausbrechen; viele werden ohnmächtig werden, und möglicherweise kommt es auch zu Ausbrüchen von Gewalt. Wir reden hier schließlich von entsetzten Frauen und Kindern, die in einer luftdichten Kammer eingesperrt sind, wahrscheinlich sogar ohne Licht. Nach einer Stunde könnten sie anfangen, sich gegenseitig die Augen auszukratzen, die Kinder totzutrampeln oder Gott weiß was sonst noch. Verstehen Sie?«
    »Wollen Sie damit sagen, daß wir die Zahl überhaupt nicht erhöhen sollten?«
    »Ich sage nur, daß wir die Sauerstoffflasche als Reserve betrachten sollten. Es gibt keine Garantie, daß wir überhaupt in den E-Block gelangen. Und darüber hinaus kann es sein, daß diese Leute vielleicht tatsächlich drei oder vier Stunden in der Kammer bleiben müssen, bevor sie ungefährdet herauskommen können.«
    Stern nickte resigniert.
    »Können wir den E-Block denn überhaupt öffnen?«
    »Er ist immer geöffnet«, antwortete Anna. »Wer würde schon freiwillig hineingehen?«
    »Verstehe. Okay, Jonas, ich denke, Sie sollten heute sofort wieder ins Lager zurückgehen. Es bleiben Ihnen noch etwa drei Stunden Dunkelheit. Reden Sie mit Ihrem Vater, und erklären Sie ihm die Situation. Bitten Sie ihn, sofort damit anzufangen, Leute noch vor dem Morgengrauen in den E-Block zu schmuggeln. Dann führen wir den Angriff durch.«
    Stern lachte. »Doktor, Sie kennen sich vielleicht in Chemie aus, aber Sie verstehen nichts von militärischer Taktik.« Er setzte sich an den Tisch und nahm McConnells Bleistift. »Was glauben Sie wohl, passiert nach Ihrem Angriff? Wohin sollen diese Frauen und Kinder gehen?«
    »Wohin wären Sie gegangen, wenn wir sie alle gerettet hätten? Das hier ist nicht Hollywood, Stern. Wir können diesen Leuten nur die Chance bieten, um ihr Leben zu kämpfen. Das ist mehr, als sie jetzt haben. Vielleicht können sie nach Polen entkommen und versuchen, Kontakt mit dem dortigen Widerstand aufzunehmen.«
    »Sie wissen offensichtlich nicht, daß die Hälfte der polnischen Widerstandskämpfer einen Juden beinahe genauso schnell umbringt wie ein Nazi.«
    »Verdammt, Stern ...«
    »Schon gut, Doktor, Sie haben ja recht. Sie müssen versuchen, nach Polen zu flüchten. Aber das können sie nicht am Tag. Glauben Sie wirklich, daß Frauen und Kinder in gestohlenen SS-Lastwagen am Tag auch nur 50 Kilometer weit durch Nazi-Deutschland kommen? Sie müssen verrückt sein! Ich selbst habe nicht das geringste Verlangen, Ihr britisches U- Boot bei Tage zu suchen. Also, wenn ich mich heute nacht ins Lager zurückschleiche, was vielleicht nicht ganz so einfach sein wird, in Anbetracht dessen, was Fräulein Kaas da eben hinterlassen hat, dann habe ich nur verdammt wenig Zeit, meinen Vater und diese Frauen davon zu überzeugen, ihre Freunde dem Tod zu überantworten, aus dem Lager zu schleichen, den Hügel hochzuklettern und diese Kanister loszuschicken.« Stern warf den Stift auf den Tisch. »Nein, wir müssen es morgen nacht machen.« Er drehte sich zu Anna um. »Wann wird der letzte Namensappell durchgeführt?«
    »Um sieben Uhr abends.«
    »Dann greifen wir um acht Uhr an. Das Durcheinander ist nachts größer, und dann haben wir noch genug Zeit, um im Dunkeln zu fliehen.«
    »Ihnen ist klar, daß wir morgen die vierte Nacht hier sind«, erinnerte ihn McConnell. »Wenn wir es bis zum nächsten Morgen nicht zum U-Boot schaffen, wird es nicht mehr da sein.«
    »Wir schaffen es.«
    »Und was ist mit dem Gas? Es könnte sich mittlerweile schon in harmlose Chemikalien zurückentwickelt haben. Und wenn sie morgen zehn weitere Leute erschießen? Was ist, wenn Ihr ...?«
    Stern schlug mit der flachen Hand auf den Tisch. »Halten Sie den Mund, verdammt noch mal! Ich habe mich entschieden! Wenn Sie jemals gesehen hätten, wie unbewaffnete Menschen von Soldaten am Tag zusammengetrieben werden, dann wüßten Sie, warum.«
    McConnell zögerte, gab dann aber mit einem Nicken nach. »Wir können einfach nur beten, daß Schörner bis morgen nicht das Netz um uns zusammengezogen hat«, sagte er. »Aber was ist mit Anna? Sie kann nicht nach Totenhausen zurück, nicht nach dem, was sie heute nacht getan hat.«
    Anna schloß die Augen. »Wenn ich nicht komme, wissen sie, daß etwas nicht stimmt.«
    »Das wissen sie ohnehin schon! Sie müssen es wissen. Sie haben Miklos getötet und sie daran

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