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Schwarzer Tod

Titel: Schwarzer Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Greg Iles
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Stern, ohne McConnells Hand loszulassen. »Was kann an einem Tag schon passieren?«

37

    »Er ist weg«, sagte McConnell und schloß die Küchentür, damit die Kälte nicht in den Raum drang.
    »Was hat er gesagt?« fragte Anna, die am Tisch sitzen geblieben war.
    Jetzt, da ihn Sterns wahnsinnige Energie nicht mehr ablenkte, nahm McConnell zum ersten Mal wahr, wieviel Kraft die Ereignisse Anna kosteten. Ihre Haut, vor allem die um die Augen, war längst nicht mehr so blaß wie noch in der ersten Nacht, sondern erinnerte in ihrer Farbe jetzt eher an überreife Früchte.
    »Er bereitet zwei Kanister für morgen abend zur Sprengung vor. Den Rest schickt er zur selben Zeit hinunter. Er sagte, ich solle im Keller auf ihn warten und Sie oben.«
    Anna schien überrascht. »Ich dachte, er wollte, daß Sie auf dem Hügel warten, falls er erwischt wird und Sie den Angriff noch heute abend ausführen sollten.«
    »Er hat nicht vor, sich erwischen zu lassen.«
    »Und was glauben Sie?«
    McConnell setzte sich an den Tisch ihr gegenüber. »Um die Wahrheit zu sagen: Ich weiß nicht einmal, ob ich auf diese Masten klettern könnte. Dafür hat man mich nicht ausgebildet.«
    »Müssen Sie denn hochklettern, um das Gas loszuschicken?«
    »Laut Stern ja.«
    »Ich könnte mit Ihnen gehen«, schlug Anna vor. »Ihnen helfen. Ich habe keinen Grund, hierzubleiben.«
    »Es gibt vor allem keinen Grund, das Risiko einzugehen, mit mir zu gehen. Außerdem ... Sie sehen aus, als wären Sie fix und fertig. Sie sollten schlafen.«
    Anna schlug die Arme um die Brust, als wäre ihr kalt. »Ich kann nicht schlafen. Ich bin erschöpft, aber ich will nicht einschlafen. Jeden Moment könnte einer von Schörners Leuten kommen und mich holen.«
    McConnell wog die Gefahren ab, die es mit sich brachte, im Haus zu bleiben oder zum Mast zu gehen. »Anna, hat Sie schon früher jemand verdächtigt?«
    »Ich glaube nicht. Aber Schörner wird nicht lange brauchen, um eins und eins zusammenzuzählen.« Sie strich sich das Haar aus dem Gesicht. »Wenn sie mich holen ... Wenn Hauptscharführer Sturm kommt ... Dann bringe ich mich lieber vorher um.«
    McConnell sah ihr in die Augen. Sie war nicht nur erschöpft, sondern sie hatte auch ungeheure Angst. Er kam sich dumm vor, weil er es nicht schon längst bemerkt hatte. Und sie meinte offensichtlich ernst, was sie über den Selbstmord gesagt hatte.
    »Ich werde Sie nicht hierlassen«, sagte er. »Ich nehme Sie mit.«
    »Stern hat gesagt, daß die Briten nicht zulassen würden, daß Sie jemanden mit herausnehmen.«
    McConnell lauschte angestrengt auf ein Motorengeräusch auf der Straße nach Dornow, doch das Fahrzeug bog nicht in die Straße ein, die zum Hof führte. »Wie lange helfen Sie der SOE schon?« wollte er wissen.
    »Sechs oder sieben Monate.«
    »Zum Teufel damit, was die Engländer sagen. Ich nehme Sie mit. Smith schuldet Ihnen das.«
    Anna sah ihn unverwandt an. In ihrem Blick glaubte er zu erkennen, nein, er hoffte zu erkennen, daß sie wieder neuen Lebensmut bekam. Es war ihm klar, daß sie bis jetzt vermieden hatte, daran zu denken, was nach dem Angriff passieren würde. Aber jetzt hatte er ihr eine Chance geboten, und er sah, daß sie sie auch wollte.
    »Was ist mit dem Hügel?« fragte sie.
    »Ich warte lieber hier.«
    »Im Keller?«
    McConnell schob langsam seine Hand über den Tisch. »Mit Ihnen.«
    Anna senkte den Blick, nahm aber die Hand nicht. »Stern hat mir gesagt, daß Sie verheiratet sind.«
    »Das stimmt.«
    »Warum haben Sie mir das gestern abend nicht erzählt?«
    »Ich weiß nicht. Sie haben nicht gefragt.«
    Sie sah ihn wieder an. »Was wollen Sie, Doktor?«
    »Sie.«
    »Ich weiß, daß Sie mich wollen. Aber warum?«
    Er suchte nach einer vernünftigen Antwort, fand aber keine.
    »Ist es, weil Sie vielleicht morgen sterben werden? Oder sogar heute?«
    Er dachte darüber nach. »Das glaube ich nicht.«
    »Warum denn?«
    »Weil ich Sie liebe.«
    »Sie lieben mich?« Anna verzog ironisch die Lippen. »Sie kennen mich doch nicht einmal.«
    »Ich kenne Sie wohl.«
    »Sie sind verrückt.«
    »Da kann ich Ihnen nicht widersprechen.«
    »Sagen Sie nicht, daß Sie mich lieben, Doktor. Nicht, um mich zu überreden, Ihnen meinen Körper zu schenken. Dafür brauchen Sie das nicht zu sagen.«
    »So etwas würde ich nie einfach so sagen. Sie sind erst die zweite Frau in meinem Leben, der ich das gesagt habe.«
    Anna suchte in seinem Gesicht nach Zeichen für eine Lüge.
    »Ich weiß, daß viele

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