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Schwarzer Tod

Titel: Schwarzer Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Greg Iles
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liefen sofort wieder zurück.
    Niemand kam heraus.
    Als Klaus Brandt sich neben eins der Bullaugen kniete und dagegen klopfte, blickte Anna auf ihre linke Hand. Darin lagen die Schlüssel von Greta Müllers Auto. Sie drehte den Arm und las die Zeit ab. 15:30 Uhr. Noch viereinhalb Stunden bis zum Angriff. Wenn es denn überhaupt einen Angriff geben würde. Da Sturm bereits Schörners Hausdurchsuchung durchführte, mußte sie zum Hof zurück und Stern und McConnell warnen. Sie konnten sich entscheiden: bleiben und versuchen, den Angriff auszuführen, oder weglaufen. Sie selbst verspürte einen ungeheuren Drang zu fliehen. Aber sie würde nicht gehen, bis sie nicht wußte, ob Sterns Vater überlebt hatte. Jeder Augenblick, den sie hier stand, kam ihr vor, als fordere sie damit das Schicksal heraus. Aber wenn Rachel Jansen den Mut aufbrachte, freiwillig mit Anzug in den E-Block zu gehen, konnte Anna auch stehenbleiben und noch zwei Minuten länger zusehen.
    Als unten ein Schrei ertönte, zuckte sie unwillkürlich zusammen. Eine schwarze Gestalt kam langsam die Treppe aus dem E-Block empor. Eine weiße schaumige Substanz tropfte von ihrem Anzug, während sie sich bewegte. Anna erkannte, daß es Seife war, das spezielle Waschmittel, mit dem man nach den Tests die Gasrückstände wegwusch. Als die schwarze Gestalt sich aufrichtete, wußte sie, daß es nur Avram Stern sein konnte. Er war fast einen Kopf größer als Brandt, und er hatte eine schlaffe Gestalt im Arm, von deren Anzug ebenfalls Seife troff.
    Rachel Jansen.
    Anna blieb noch lange genug stehen, um mitansehen zu können, wie die lange Gestalt ihre Last ablegte und die Maske herunterzog. Darunter kam die prominente Nase und der graue Schnurrbart des Mannes zum Vorschein, den alle nur den Schuhmacher nannten. Sturmbannführer Schörner eilte zu der reglosen Figur zu Füßen des Schuhmachers, während Anna sich vom Fenster wegdrehte und zur Treppe lief.
    »Wie sollen wir uns in diesen Dingern bewegen?« schrie Jonas Stern in dem Bemühen, sich hinter der Vinylmaske verständlich zu machen.
    Er stand in der Küche von Annas Haus und trug einen der Schutzanzüge, die McConnell aus Oxford mitgebracht hatte. Er war nur dreimal mit dem Anzug die Kellertreppe hinauf- und hinuntergegangen und war schon schweißgebadet.
    »Sie müssen nicht schreien«, sagte McConnell. »Das Diaphragma im Vinyl überträgt ihre Stimme. Sie klingen wie eine Insektenversion von sich selbst.«
    Er öffnete die Schulterpartie des Anzugs, damit Stern die durchsichtige Vinylmaske vom Kopf ziehen konnte. »Es wird etwas schwieriger, wenn wir beide unsere Masken tragen«, sagte McConnell, »aber wir werden es schaffen.«
    »Es fühlt sich an, als würde man fünf Schichten Kleidung tragen«, beschwerte sich Stern und wischte sich den Schweiß von der Stirn. »Wie sollen wir darin kämpfen?«
    »Ich würde auch keinen Kampf empfehlen. Ein kleiner Riß, und das ganze Ding ist nutzlos. Wenn aktives Nervengas eindringt, sind Sie tot.«
    »Warum entweicht denn jetzt keine Luft aus dem Schlauch?«
    McConnell hielt den gewellten Gummischlauch seiner Sauerstoffflasche hoch, die auf dem Küchentisch stand. Wo der Schlauch mit dem Zylinder verbunden war, befand sich ein bauchiges Gerät. »Das nennt sich Regulator«, sagte er. »Er ist so empfindlich, daß Ihr Atem das Ventil öffnet und schließt. Nach dem Krieg wird dieses Gerät den Unterwassersport revolutionieren. Ein Mann namens Cousteau hat es entwickelt und ... «
    McConnell starrte Stern an, der sich auf den Küchenboden hockte.
    »Was ist los?« flüsterte er.
    »Draußen hat gerade ein Wagen angehalten.«
    McConnell kniete sich neben ihn. »SS?«
    Stern nahm die Schmeisser vom Stuhl. »Wenn ja, dann haben wir in diesen Anzügen keine Chance.«
    McConnell hörte das laute Klappern eines Schlüssels im Schloß der Haustür. Jemand riß am Türgriff, aber die Tür ging nicht auf.
    »Scheiße!« fluchte jemand gedämpft.
    »Eine Frau?« fragte McConnell leise.
    Stern schlich zum Küchenfenster und spähte hinaus. »Es ist tatsächlich eine Frau.«
    »Vielleicht ist es eine der anderen Schwestern. Sie wird irgendwann weggehen.«
    Stern schüttelte den Kopf. »Die geht nicht weg. Sie holt einen Koffer aus dem Wagen. Es ist übrigens ein schicker Wagen. Ein Mercedes. Viel zu teuer für eine Krankenschwester. Warten Sie ... Sie kommt zurück zur Tür.«
    »Anna!« rief die Frau und rüttelte wieder an der Türklinke. »Warum hast du die Schlösser

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