Schwarzer Tod
nimmt uns ziemlich in Anspruch.«
»Brandt.« Sabine spie aus. »Bei diesem Kerl läuft mir ein Schauder über den Rücken. Vergräbt sich den ganzen Tag in seinem Labor und arbeitet mit Juden und was weiß ich noch. Trotzdem, Walter sagt, er sei ein Genie, was auch immer das bedeuten mag. Ich vermute, das heißt, er ist impotent.« Sie sah sich in der Küche um und blickte dann ins Schlafzimmer. Anna griff zu den Kaffeebechern, als ihre Schwester sagte: »Rieche ich da einen Mann, Liebes?«
»Was?« Anna erstarrte.
»Einen Mann. Du kennst doch den Geruch. Schweiß und kaltes Leder. Komm schon, Anna, verbirgst du da etwa einen kräftigen, kleinen SS-Liebhaber in deiner jungfräulichen Kemenate?«
Anna zwang sich zu einem Lachen. »Du bist verrückt, Sabine.«
Sabine stand auf und deutete auf den Tresen. »Ich bin verrückt? Du kleine Heimlichtuerin. Ich nehme an, du trägst sie, um Einbrecher abzuschrecken?«
Anna blieb beinahe das Herz stehen. In der Ecke unter einem Schrank lag Jonas Sterns Uniformmütze.
»Kein Geringerer als der SD«, sagte Sabine und hob die Mütze auf. Sie fuhr mit dem Finger über die grüne Paspel.
»Geheimpolizei. Das paßt, da du ihn ja auch vor mir zurückgehalten hast. Und dann auch noch ein Offizier, Liebes. Wer ist es?«
Als Anna klarwurde, daß sie nicht wußte, was sie sagen sollte, flog krachend die Kellertür auf. Jonas Stern stürmte in die Küche und richtete die Schmeisser auf Sabine.
»Ach du lieber Herrgott!« rief sie. »Sie müssen sich nicht gleich aufregen. Mir ist es gleich, ob Sie verheiratet sind. Anna verdient allen Spaß, den sie kriegen kann!«
»Setzen Sie sich!« schrie Stern. »Sofort! Auf den Stuhl!«
Sabines Gesichtsausdruck wechselte von milder Belustigung zu Ärger. »Sie sollten lieber Ihre Manieren aufpolieren, Sturmbannführer«, sagte sie gereizt. »Oder ich bitte meinen Mann, daß er sich mit Reichsführer Himmler über Sie unterhält.«
»Es interessiert mich nicht, mit wem Ihr Ehemann plaudert«, fuhr er sie an. »Pflanzen Sie Ihren fetten Arsch auf den Stuhl!«
Sabine blickte erklärungssuchend zu Anna, doch die hatte beide Hände vors Gesicht geschlagen. McConnell trat in die Küche. Er trug seine SS-Uniform.
»Was geht hier vor?« wollte Sabine wissen. »Jemand sollte mir das wohl besser erklären.«
In dem Schweigen, das nun folgte, begriff Sabine Hoffmann auf einen Schlag, wie ernst das alles war. Sie war nie langsam im Kopf gewesen, und so fühlte sie sofort die tödliche Gefahr. Wie eine erschreckte Katze riß sie den Kessel vom Ofen und schleuderte Stern das siedende Wasser entgegen. Gleichzeitig stürzte sie an McConnell vorbei in die Diele, Richtung Freiheit.
Stern wurde von dem heißen Wasser überrumpelt, und außerdem hatte er Angst, McConnell zu treffen. Deshalb feuerte er zu spät und zu hoch. Die Geschosse aus seiner schallgedämpften Schmeisser schlugen in die Schränke ein, doch Sabine war bereits im Flur.
Bevor Stern ihr folgen und sie erledigen konnte, sprang McConnell durch die Tür und hechtete der Frau in den Rücken, als sie gerade die Haustür aufreißen wollte. Sabine wirbelte schnell herum und schlug und kratzte wie eine Wildkatze.
»Hör auf!« schrie Anna. »Sabine, sei ruhig!«
McConnell sprang zurück und riß die Frau mit sich. Er schleuderte Sabine gegen die Wand, was sie ausreichend betäubte, daß sie zu Boden sank.
Anna warf sich über ihre Schwester, damit Stern sie nicht einfach erschoß. »Bleib ruhig liegen, Sabine, und sag kein Wort!«
Stern versuchte, in die Diele zu gelangen, doch McConnell schob ihn in die Küche zurück. »Sie müssen sie nicht erschießen!«
»Sie haben doch gehört, was sie gesagt hat!« schrie Stern. »Sie will heute nacht hierbleiben. Wir können nicht riskieren, daß sie alles ruiniert! Sie muß eliminiert werden!«
»Sie ist meine Schwester, um Himmels willen!« rief Anna aus der Diele.
»Sie ist ein Nazi!« erwiderte Stern genauso laut.
McConnell hob die Hand, um Stern daran zu hindern, in die Diele zu stürmen. »Sie können nicht einfach ihre Schwester umbringen, Jonas!«
»Nein?«
McConnell stieß ihn zurück. »Hören Sie, der Angriff erfolgt in knapp drei Stunden. Wir können sie im Keller festbinden. Sie kann nicht entkommen.«
Stern sah an ihm vorbei. »Es hängt zuviel davon ab, Doktor.«
McConnell sprach sehr leise. »Wenn Sie sie umbringen, kann man nicht wissen, wie Anna reagiert.« »Wir brauchen Anna nicht mehr«, sagte Stern. Sein Blick war
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