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Schwarzer Tod

Titel: Schwarzer Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Greg Iles
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ausgetauscht?«
    »Was macht sie jetzt?«
    »Sie setzt sich auf den Koffer und schlägt ein Buch auf! Die geht nirgend wohin!«
    »Wir sollten lieber im Keller verschwinden.«
    Stern schüttelte den Kopf. »Sie könnte hören, wie wir uns in den Anzügen bewegen.«
    »Himmel«, murmelte McConnell. »Wir hätten das Lager letzte Nacht angreifen sollen.«
    »Alles in Ordnung«, sagte Stern gelassen. »Wenn sie nicht bald geht, ziehe ich sie ins Haus und bringe sie um.«
    Anna fuhr zu schnell, als sie aus den bewaldeten Hügeln südlich von Dornow herauskam. Sie zwang sich dazu, die Geschwindigkeit zu reduzieren, während sie an den ersten Gebäuden vorbeifuhr.
    Sie wußte, daß es verrückt war, Gretas Auto zu nehmen, aber sie mußte unbedingt vor Sturms Männern beim Haus sein. Die Torwachen hatten sie oft genug in dem Auto gesehen, so daß sie sie auch diesmal unbehelligt passieren ließen. Manchmal hätte sie sich in den Haarnadelkurven der Serpentinenstraße beinahe zu Tode gefahren, aber es beruhigte sie ein wenig, den Tod herauszufordern. Dann bog sie in die Straße ein, die zu ihrem Haus führte.
    »Mein Gott«, flüsterte sie. »Nicht ausgerechnet heute!«
    Sie hielt neben dem Mercedes an. Ihre Schwester Sabine stand neben der Haustür und sah aus wie immer: die perfekte Gauleitergattin - zuviel Makeup und zu viele Juwelen. Selbst ihre Alltagskleider ließ sie aus Paris kommen.
    »Ich warte schon zwei Stunden hier!« beschwerte sich Sabine.
    Anna strich sich das Haar glatt und versuchte, gefaßt zu wirken. »Schönen guten Abend auch, Sabine. Warst du schon drin?«
    Sabine Hoffmann zog eine Schnute. »Wie hätte ich denn reinkommen sollen? Du hast die Schlösser ausgewechselt!«
    »Ach ... Ja. Jemand hat versucht einzubrechen, als ich auf der Arbeit war. Ich habe mich nicht sicher gefühlt.«
    »Du solltest eine Parteifahne draußen aufhängen. Dann hätte niemand mehr den Nerv, hier einzubrechen. Ich lasse dir eine aus Walters Büro schicken.«
    Jetzt erst bemerkte Anna den Lederkoffer an der Tür. Sie war viel zu durcheinander, um nett zu plaudern. »Sabine, was machst du hier? Ich hatte keine Ahnung, daß du kommst.«
    »Ich wollte nur über Nacht bleiben. Walter ist wieder nach Berlin gefahren, um den Parteibonzen in den Hintern zu kriechen. Goebbels hat irgendeine Funktion für ihn in der Hitlerjugend im Sinn. Sie nehmen ihre Frauen nicht mehr mit. Nicht, daß ich gehen wollte. Magda ist so langweilig.« Sie sah von ihrem Mercedes zu Gretas Wagen. »Ist das deiner, Liebes? Er sieht gar nicht mal so schlecht aus.«
    Anna versuchte, sich zu konzentrieren. »Nein, er gehört ... einer der anderen Krankenschwestern. Einer Freundin. Sie leiht ihn mir manchmal.«
    »Zu schade.« Sabine nahm ihren Koffer. »Laß uns reingehen. Mir ist kalt.«
    Anna betete, daß McConnell und Stern schon im Keller waren. Ihr Puls raste, als sie die Tür aufschloß.
    Kein Stuhl stand an der falschen Stelle.
    Sabine brachte ihren Koffer in Annas Schlafzimmer und machte es sich am Küchentisch bequem. »Ich verhungere«, sagte sie. »Was hast du im Haus?«
    Anna bemerkte, daß sie die Hände aufeinanderpreßte. »Leider nicht viel. Ich esse oft im Lager.« Plötzlich schöpfte sie Hoffnung. »Wir könnten ins Dorf gehen. Dort gibt es ...«
    »Unsinn!« sagte Sabine. »Ein Schluck Kaffee reicht schon. Ich lebe im Moment ohnehin nur von Kaffee und Zigaretten. Walter auch. Du kannst dir nicht vorstellen, wie beschäftigt er ist. Ich habe das Gefühl, als wäre ich mit der Partei verheiratet. Die paar Stunden, in denen er da ist, tut er nichts anderes, als Reden zu schreiben. Er hat nicht mal Zeit für die Kinder. Für die ist Gauleiter mittlerweile fast ein Schimpfwort. Ihr Vater ist der wichtigste Mann in der Stadt, und sie kennen ihn nicht einmal.«
    Anna setzte Wasser für den Kaffee auf.
    Sabine zündete sich eine Zigarette an und inhalierte genüßlich. Sie ließ den Rauch in kleinen Wolken entweichen, während sie redete. »Das gesellschaftliche Leben in Berlin existiert praktisch nicht mehr. Der Führer verbringt seine ganze Zeit in Rastenburg, in Ostpreußen. Welchen Sinn hat es, zum Nazihofstaat zu gehören, wenn der König nicht in der Stadt ist? Sag mal, Anna, habt Ihr nicht irgendwelche netten Offiziere im Lager? Dieser Sturmbannführer Schörner ist ja ein waschechter Held, wenn ich das richtig gehört habe. Selbst in Berlin kennt man ihn.«
    Anna schüttelte abgelenkt den Kopf. »Ich habe für so was keine Zeit. Dr. Brandt

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