Schwarzer Tod
Motorrad auf der Straße vor der Bürgermeisterei anhielt. Er trat ans Fenster und sah, wie der SS-Fahrer durch die Tür ins Erdgeschoß stürmte. Schörner hatte die Tür schon aufgerissen, als der Fahrer den oberen Treppenabsatz erreichte.
Der Fahrer nahm die Brille ab und salutierte zackig. »Sie werden sofort im Lager erwartet, Sturmbannführer! Herr Doktor Brandt hat eine Selektion angeordnet.«
»Eine Selektion?«
»Ja, Sturmbannführer.« Der Bote warf einen Blick auf den korpulenten Bürgermeister.
»Sie können frei heraus sprechen«, sagte Schörner.
»Der Herr Doktor sagte etwas davon, daß er die neuen Anzüge aus Raubhammer testen wolle.«
»Dafür braucht er mich nicht«, erwiderte Schörner gereizt. »Ich habe hier Dringendes zu erledigen.«
»Soll ich das dem Herrn Doktor sagen?«
»Sagen Sie ihm, daß ich hier einen Notfall habe. Hauptscharführer Sturm kann mich ohne weiteres bei einer Selek ...« Schörner brach mitten im Satz ab.
Otto Buch kniff neugierig die Augen zusammen.
»Sturmbannführer?« fragte er. »Alles in Ordnung?«
Schörner richtete den Blick seines guten Auges einen Augenblick lang auf den Bürgermeister. Dann riß er dem Boten die Motorradbrille aus der Hand, sprang die Treppe hinunter und rannte auf die Straße.
Der SS-Mann und der Bürgermeister erreichten das Fenster gerade noch rechtzeitig, um zu sehen, wie Schörner auf dem Motorrad in Richtung Totenhausen davonbrauste.
39
Klaus Brandt stand im Schnee vor der Treppe seines Krankenhauses und wirkte ungeduldig. Er blickte auf seine Uhr und winkte dann Hauptscharführer Sturm heran.
»Ich habe keine Lust mehr zu warten, Hauptscharführer«, sagte er. »Wir fangen ohne ihn an.«
Sturm nickte knapp. »Ich warte auf Ihre Befehle, Herr Doktor. Wollen Sie eine Selektion durchführen?«
»Heute nicht. Es gibt keine spezifischen medizinischen Kriterien. Ich brauche einfach nur drei Subjekte. Suchen Sie aus, wen Sie wollen.«
Sturm unterdrückte ein Lächeln. »Zu Befehl, Herr Doktor. Heil Hitler!«
Rachel Jansen kam rückwärts aus der Latrine und hielt Jan mit der rechten Hand fest. Als sie sich umdrehte, sah sie Hauptscharführer Sturm und drei SS-Leute. Sie warteten auf sie.
Der Kampf war einseitig und kurz. Zwei Soldaten rissen ihr die Kinder fort, während Sturm und der vierte Mann Rachels Arme ergriffen. Rachel schrie und weinte gleichzeitig, als sie sie forttrugen, und ließ ihre Kinder nicht aus den Augen. Jan starrte ihr mit aufgerissenen Augen nach und beugte sich dann über Hannah, die bewegungslos im Schnee lag.
»Beim dritten Mal zahlst du für alles«, knurrte Sturm ihr drohend ins Ohr, während sie durch das Tor auf den Appellplatz gingen. »Diesmal habe ich sogar die offizielle Erlaubnis, dich umzubringen.«
Rachel roch seinen Atem. Er stank nach Knoblauch und Blutwurst.
»Ich will dir was verraten«, fuhr er fort. »Wenn du tot bist, hole ich mir die Diamanten von dir zurück. Denk darüber nach, wenn du das Gas einatmest, ja? Drei Juden auf einen Streich!«
Rachels Füße hingen knapp über dem Boden, während sie sie über den Platz schleppten. Neben der Treppe zum Krankenhaus sah sie eine Gruppe von Männern. Alle trugen Uniformen bis auf eine Gestalt, die ein bißchen abseits stand.
Der Schuhmacher.
Drei Juden auf einen Streich? Rachel hörte Geschrei hinter sich. Sie erkannte die Stimme, noch bevor sie sich umdrehte. Benjamin Jansen, ihr Schwiegervater. Jetzt verstand sie. Sturm hatte eine Möglichkeit gefunden, sich aller Personen zu entledigen, die Zeuge des Zwischenfalls mit den Diamanten geworden waren. Sie ließen sie neben dem Schuhmacher wieder los. Sturm ging zu Brandt und ließ die Gefangenen unter der Bewachung von vier Soldaten zurück.
»Versuchen Sie nicht, wegzulaufen«, mahnte der Schuhmacher.
»Wir werden ins Gas geschickt«, sagte Rachel.
»Aber nicht so, wie Sie glauben. Sie testen einen neuen Schutzanzug. Vielleicht haben wir eine Chance. Ich habe schon einmal eine Vergasung in einem dieser Anzüge überlebt.«
»Sturm will mich umbringen«, sagte Rachel leise. »Um es Schörner heimzuzahlen. O Gott, erspare das meinen Kindern! Ohne mich ... «
Ihre Worte gingen in den Schreien von Benjamin Jansen unter, der mit Schlägen zu ihnen getrieben wurde. Der Schuhmacher beugte sich zu Rachel und flüsterte: »Es gibt eine Kontrolle. Es gibt immer einen ohne - zur Kontrolle. Sie müssen sich freiwillig melden, einen Anzug zu tragen, hören Sie? Melden Sie sich
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