Schwarzer Tod
wird er nicht - zumindest solange Sie nicht nachhelfen.«
»Darüber brauchen Sie sich keine Sorgen zu machen. Sind wir fertig?«
»Fertig?« Smith schlug auf den Tisch. »Nicht einmal annährend. Auf Sie wartet noch ein bißchen Ausbildung, bevor Sie für heute ins Bett kommen.«
»Ausbildung?«
»Diese Masten hinaufzuklettern ist nicht ganz einfach, vor allem nicht im Dunklen. Wir haben hier einen Dummy aufgebaut, an dem Sie üben können. Wir haben sogar Steigeisen, einen Harnisch und dergleichen.«
»Ich bin schon Hunderte von Telegrafenmasten hinaufgeklettert«, protestierte Stern. »Ich komme ohne Steigeisen und Übung aus.«
Smith kicherte. »Die Masten in Totenhausen sind 20 Meter hoch, Junge, und könnten sehr gut vereist sein.« »Noch mehr Spielchen«, knurrte Stern.
»Hören Sie ... ich weiß, daß Sie nichts für uns übrig haben«, sagte Smith gelassen. »Um ehrlich zu sein, haben wir Sie auch nicht gerade ins Herz geschlossen. Aber Sie müssen das außen vor lassen. Sie wollen Deutsche umbringen, vergessen Sie das nicht.«
Smith stand auf, ging zu der geschlossenen Tür und klopfte laut dagegen. Jemand stieß sie auf. Es war Sergeant McShane, der sich offensichtlich auf schlechtes Wetter eingerichtet hatte. Und von der Hand des Highlanders baumelten Lederriemen und Schnallen herunter, die mit mittelalterlich wirkenden Eisenspitzen besetzt waren.
Brigadegeneral Smith faltete die Landkarten mit für einen Einarmigen bemerkenswerter Geschicklichkeit und klemmte sich den Koffer unter den Arm.
»Bringen Sie ihn zum Hügel, Sergeant«, befahl er.
Als Stern schließlich in die Wellblechbaracke hinter der Burg trottete, zitterten seine Muskeln vor Erschöpfung; doch mittlerweile hatte jemand eine Ordonnanz zur Hütte geschickt. Decken, Kopfkissen und Streichhölzer waren eingetroffen. McConnell schlief noch nicht. Er las im Schein der Parafinlampe in seinem deutschen Textbuch.
Stern warf sich auf seine Pritsche und starrte an die Decke.
McConnell schloß das Buch. »Wieso sind Sie so naß?« fragte er.
»Ich habe etwas über Elektrizität gelernt. Und Sie?«
McConnell legte das Buch auf den Boden. »Ich habe Umgangsdeutsch gebüffelt, vor allem SS-Ausdrucke, und ein bißchen organische Chemie.«
»Sagen Sie etwas auf Deutsch.«
»Wi gäht äs Ehnän?«
»Meine Güte, Ihr Akzent ist fürchterlich.« »Sagen Sie mir was, was ich noch nicht weiß.«
»Keine Sorge«, erwiderte Stern erschöpft. »Ich erledige das Reden. Ich bezweifle, daß wir uns viel werden unterhalten müssen.«
»Ich nehme an, wir werden als Deutsche verkleidet sein, oder?«
Stern drehte den Kopf und sah McConnell an, der nur eine Armlänge von ihm entfernt war. »Wie kommen Sie darauf?«
»Himmel, Sie statten uns mit deutschen Waffen aus, ich soll SS-Befehle lernen ... Was sonst?«
Stern antwortete nicht darauf.
»Ich habe eine Menge nachgedacht, während ich hier gelegen habe«, sagte McConnell. »Und ich muß Ihnen sagen, daß dieser Einsatz wenig Sinn macht.«
Sterns Stimme klang plötzlich wachsam. »Was meinen Sie damit?«
»Ich meine, wie sollen zwei Männer eine Nervengasfabrik außer Betrieb setzen? Eigentlich ist es ja nur ein Mann. Was mich angeht, ich habe keine Ahnung von Sabotage. Es müssen also noch andere Männer auf diesen Einsatz geschickt werden -Männer, die wir noch kennenlernen.«
»Ist das alles, worüber Sie sich Sorgen machen?«
»Ehrlich gesagt, nein. Es ist das ganze Konzept. Sehen Sie, Stern, ob Sie es glauben oder nicht, ich fühle mich dieser Mission verpflichtet. Es ist die Logik, oder vielmehr der Mangel an Logik, der mich irritiert. Ich halte es für unmöglich, daß Brigadegeneral Smith uns die Wahrheit erzählt oder wenigstens erzählt er mir nicht die Wahrheit.«
Stern versuchte, so gelassen wie möglich zu klingen. »Warum sagen Sie das?«
»Denken Sie doch mal darüber nach. Falls die Alliierten kein Nervengas besitzen, wie Smith behauptet, wird auch unser Einsatz diesen Zustand nicht ändern. Gut, wir legen eine Fabrik lahm. Tolle Sache. Ich weiß sicher, daß die Deutschen bereits gewaltige Vorräte an Tabun besitzen, und vermutlich auch an Sarin. Wenn ich die Fabrik sehe, in der man Soman herstellt, würde das der Forschung der Alliierten sicherlich helfen, zugegeben, genauso wie es Fotos täten. Aber ist es das wert, Hitler wissen zu lassen, wie sehr wir sein Nervengas fürchten? Und genau das wird dieser Überfall bewirken.
Also: Smith behauptet, er schickt uns dorthin,
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