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Schwarzer Tod

Titel: Schwarzer Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Greg Iles
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um eine Somanprobe zu stehlen. Dafür braucht er uns nicht. Es ist der SOE bereits gelungen, ohne unsere Hilfe eine Somanprobe aus Deutschland herauszuschmuggeln. Ich habe das verdammte Zeug selbst analysiert.«
    Stern ließ McConnell keine Sekunde aus den Augen.
    »Aber falls die Alliierten doch Nervengas besitzen, ist dieser Einsatz erst recht überflüssig. Wir könnten einfach eine Probe unseres Gases an die Reichskanzlei schicken und einen Zettel dazulegen: >Ätsch, Adolf, wir haben's auch.<«
    »Das würden die Briten niemals tun«, erwiderte Stern.
    »Warum nicht? Wir wissen, daß die Deutschen das Zeug schon haben. Und wenn wir das täten, würden wir die Chance auf einen massiven Vergeltungsschlag mit Gas drastisch mindern. Falls wir eine große Menge Soman freisetzen, wenn wir diese Fabrik lahmlegen, könnte Hitler sehr wohl London mit dem letzten Gramm Nervengas überziehen, das er hat.«
    Stern mußte sich zwingen, den Mund zu halten. Die Fragen des Amerikaners waren beunruhigend, es sei denn, man verfügte über die fehlenden Puzzelstücke, und die waren das Wissen, daß die Briten ihr eigenes Nervengas besaßen, wenn auch nur eine winzige Menge, und daß in zehn Tagen Heinrich Himmler einen widerstrebenden Adolf Hitler davon überzeugen würde, daß Nervengas die geeignete Superwaffe war, um die alliierte Invasion in Frankreich zurückzuschlagen. Außerdem war die einzige Chance, Himmler aufzuhalten, die, ihn davon zu überzeugen, daß Hitlers Ängste berechtigt waren. Daß die Alliierten nicht nur über Nervengas verfügten, sondern auch nicht zögerten, es einzusetzen.
    Stern wußte, daß McConnell diese Logik sofort begreifen würde. Aber genauso wußte er, daß der Amerikaner dann niemals freiwillig seine Rolle in dem rücksichtlosen Angriff spielen würde, den Smith geplant hatte. Dennoch ging Stern eine Frage nicht aus dem Kopf. Wenn die Briten eine begrenzte Menge eines eigenen Nervengases besaßen, wie Brigadegeneral Smith behauptete, warum schickten Sie dann nicht tatsächlich eine Probe an die Reichskanzlei, wie McConnell vorgeschlagen hatte? Oder warum ließen sie dann nicht wenigstens einen Beweis ihrer Fähigkeiten an Himmler durchsickern? Warum riskierten sie einen massiven chemischen Vergeltungsschlag, indem sie alles Leben in Totenhausen auslöschten?
    Während er versuchte einzuschlafen, wurde Stern den Verdacht nicht los, daß man auch ihm nicht die ganze Wahrheit über diese Mission erzählt hatte. Schließlich erkannte er, daß er schon längst am Sinn ihres Auftrags zweifelte, vermutlich bereits seit dem Moment, als ihm klargeworden war, daß Brigadegeneral Smith vorhatte, McConnell zu belügen. Denn wenn der SOE-Chef bereit war, den Amerikaner zu hintergehen, um ihn zu manipulieren, dann würde er wohl kaum zögern, einen Juden zu belügen, den er auch noch für einen Terroristen hielt.
    Die Frage war nur: In welchem Punkt log er?
    In einem Labor mitten im Industriekomplex von Porton Down, dem alliierten Zentrum für chemische Forschung, starrte ein frustrierter Chemiker durch ein dickes Glasfenster auf einen Rhesusaffen. Der Affe war an einen Metallstuhl in einer Kammer gefesselt, die eine bemerkenswerte Ähnlichkeit mit dem E-Block im Konzentrationslager Totenhausen auf wies. Allerdings war sie erheblich kleiner. Der Chemiker wußte, daß ihm seine Einbildungskraft einen Streich spielte, aber er hatte das sichere Gefühl, daß ihn der Affe spöttisch angrinste.
    »Erhöhen Sie die Dosis«, sagte er.
    Das Zischen von Gas, das unter Druck freigesetzt wird, erfüllte das Labor.
    Der Affe nickte einige Male mit dem Kopf, atmete aber weiter. Und jetzt war deutlich zu sehen, daß er grinste.
    Der Chemiker schlug sich mit der Hand aufs Knie, ging zu seinem Schreibtisch, nahm den Hörer ab und verlangte mit einer Nummer verbunden zu werden, die man ihm heute morgen gegeben hatte. Am anderen Ende herrschte ein gewisses Durcheinander, doch kurz darauf sagte eine befehlsgewohnte Stimme: »Brigadegeneral Smith.«
    »Hier spricht Lifton, Sir. Porton Down. Wir haben eine neue Grenze erreicht, aber ich fürchte, die Ergebnisse entsprechen nicht ganz dem, was wir erwartet haben.«
    »Und?«
    »Nach 42 Stunden nicht tödlich.«
    »Verdammte Scheiße!« bellte Smith. »Was ist das Problem?«
    »Es ist die Stabilität, Sir. Wir haben die tödliche Wirkung erreicht, und wenn ich das so sagen darf, können wir dabei schon von Glück reden. Die Deutschen hatten ihre besten Leute seit Jahren darauf

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