Schwarzes Blut
Dort lasse ich ihn dann frei.«
Er lügt. Er wird ihm das Genick brechen, sobald er nur ein paar Meter weg ist. »Sag mir erst, wo Yaksha ist, dann überlege ich mir deinen Vorschlag.«
Eddie schnaubt. »Du gerissenes Miststück.«
»Vielen Dank auch. Wo ist Yaksha?«
»Nicht weit von hier.«
»Die Sache hier langweilt mich allmählich.« Ich lege vier Pfund auf einen Fünf-Pfund-Abzug. »Ray«, sage ich freundlich, »wenn ich schieße, möchte ich, daß du dich losreißt. Natürlich wird er versuchen, dich festzuhalten, aber denk dran: Er wird genauso übel bluten wie du auch. Und wenn er auch stärker ist als wir beide zusammen: Er ist allein. Selbst wenn ich dir zwei oder drei Kugeln verpassen muß, ich verspreche dir, du wirst nicht daran sterben.« Meine Stimme klingt bitter: »Aber du, Eddie, du wirst sterben, und zwar mit einem Schrei auf den Lippen. Genau wie die Leute, die du gestern nacht gequält hast.«
Er ist ein grausamer Teufel. »Ich freue mich schon auf deine Schreie.«
Ich feuere. Die Kugel trifft dorthin, wohin ich treffen wollte, und dringt durch beide hindurch, tritt aus Eddies Rücken wieder aus und schlägt schließlich gegen die Beifahrertür des Tanklastzugs. Auf Rays Leib blüht es rot auf, und er stöhnt vor Schmerz. Eddie versucht jedoch erst gar nicht, sich weiterhin mit Ray als lebendem Schutzschild zu verteidigen. Der Kerl ist völlig unberechenbar. Statt dessen wirft er Ray auf mich und bringt mich damit für den Moment aus dem Gleichgewicht. Dann ist er auch schon über mir. Ja, wirklich: Obwohl ich das Gewehr in der Hand halte und er zehn Meter vor mir steht, ist er bei mir, bevor ich einen zweiten Schuß abgeben kann. Er ist wie ein schwarzer Blitz. Mit gewaltiger Wucht stürzt er auf mich und wirft mich zu Boden. Ich schlage mit dem Hinterkopf auf, und mein Griff um das Gewehr lockert sich, auch wenn ich es nicht vollends loslasse. Einen Augenblick lang sehe ich nur noch Sternchen, und die sind nicht krishnablau, sondern höllisch rot und drohen zu explodieren. Auch Eddie ist benommen; neben mir kommt er auf die Knie. Er gewinnt allerdings rasch wieder die Kontrolle über sich und peilt sofort das Gewehr an, das einzige, was mir ihm gegenüber einen Vorteil einbringt. Ich versuche, es auf ihn zu richten und einen Schuß in sein Gesicht zu feuern, aber erneut ist er schneller. Mit einer karateähnlichen Bewegung der rechten Hand gelingt es ihm, den Gewehrlauf zu verbiegen und die Waffe damit nutzlos zu machen. Aus dem Magen heraus blutet er stark, grinst mich aber an, während er mein kaputtes Spielzeug betrachtet. Er ist sicher, die Partie zu seinen Gunsten entschieden zu haben.
»Ich kann eine Menge einstecken, bevor ich sterbe«, meint er, sich noch auf meine vorangegangene Frage beziehend.
»Ach, wirklich?« Ich trete ihm in den Bauch, genau in seine Wunde, und für den Moment krümmt er sich nur noch. Aber von entscheidender Wirkung ist mein Tritt nicht. Bevor ich überhaupt auf die Knie komme, donnert er mir die linke Faust entgegen, und mir ist, als fliege der Kopf von meinen Schultern. Erneut taumele ich zurück; Blut strömt mir aus dem Mund. Benommen lande ich auf einem Schotterhaufen. Vom Gesicht aus hämmert mir der Schmerz in den ganzen Körper hinein. Eddie hat mir den Kiefer zertrümmert und mindestens ein paar meiner Zähne ausgeschlagen. Und fertig ist er noch nicht mit mir. Er richtet sich auf, um mir mit seinem spitzen schwarzen Stiefel den Rest zu geben. Gleichzeitig sehe ich, daß auch Ray aufrecht steht. Vorübergehend hat Eddie meinen Liebhaber vergessen, in ihm sieht er wohl ohnehin keine Gefahr.
Ray macht Anstalten, auf Eddie loszugehen, was meine Lebenserwartung alles in allem um etwa fünf Sekunden verlängern dürfte. Ich bewege etwas den Kopf und deute mit dem blutenden Arm auf den Tankzug. Wir tauschen einen Blick. Ray begreift, auf was ich hinaus will. Stecke die Zündschnur an, bedeute ich ihm, jag unsere Bombe in die Luft. Rette die Menschheit. Rette dich. Ich halte Eddie hier solange zehn Sekunden hin. Ray dreht sich zum Tankwagen hin, um den sich Pfützen von Benzin aus dem anderen Wagen gebildet haben. Natürlich kriegt auch Eddie mit, daß Ray sich dem Gefährt zuwendet. Er will ihn aufhalten. In diesem Augenblick mobilisiere ich meine letzten Kräfte und stürze mich auf ihn. Wir fallen zu Boden und landen erneut schmerzhaft in irgendeinem Haufen. Während wir uns noch aufzurichten versuchen, holt er meinen Kopf an den Haaren ganz nah an sein
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