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Schwarzes Echo

Schwarzes Echo

Titel: Schwarzes Echo Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Connelly
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langsam, die dicke Stahlplatte zuzuschieben.
    Bosch hörte, daß mehrere Sirenen näher kamen. Bei einem Blick auf die Straße sah er, daß eine Ambulanz und zwei Streifenwagen den Wilshire herunterrasten. Ein neutraler Wagen kam mit quietschenden Reifen vor dem Eingang zum Stehen, und Houck stürzte mit gezogener Waffe heraus. Die Tür stand nur noch halb offen und bewegte sich jetzt unter ihrem eigenen Gewicht. Bosch schlüpfte in den Tresor. Während das Licht immer trüber wurde, stand er über das Loch im Boden gebeugt. Ihm wurde klar, daß er lange auf einen solchen Moment gewartet hatte. Der Moment am Eingang war immer der spannendste und der beängstigendste. Er war am verletzlichsten, wenn er sich in das Loch hinabließ. Sollten Franklin oder Delgado da unten auf ihn warten, hatten sie ihn.
    »Harry«, hörte er Wish rufen, obwohl er nicht begriff, wie ihre Stimme durch den Spalt dringen konnte. »Harry, sei vorsichtig. Vielleicht sind es mehr als zwei.«
    Ihre Stimme hallte im stählernen Raum. Er starrte ins Loch hinab und orientierte sich. Als er hörte, wie die Tür ins Schloß fiel, und absolute Finsternis um ihn war, sprang er.

    Unten hockte Bosch auf dem Schutthaufen und feuerte einen Schuß aus seiner Smith & Wesson in die Finsternis, dann warf er sich flach auf den Boden des Tunnels. Es war eine Kriegslist. Schieß, bevor sie dich erschießen. Aber niemand erwartete ihn. Keiner schoß zurück. Nichts war zu hören außer weit entfernten Schritten auf dem Marmorboden über ihm. Ihm fiel ein, daß er Eleanor hätte vorwarnen, ihr hätte sagen sollen, daß der erste Schuß von ihm stammen würde.
    Er hielt sein Feuerzeug weit vom Körper ab und ließ es aufleuchten. Auch eine Kriegslist. Dann sammelte er die Taschenlampe auf, machte sie an und sah sich um. Er merkte, daß er in eine Sackgasse geschossen hatte. Der Tunnel, den die Diebe zum Tresor gegraben hatten, führte in die andere Richtung. Westwärts, nicht ostwärts, wie sie am Abend vorher anhand der Pläne vermutet hatten. Das bedeutete, sie waren nicht von dem Kanal gekommen, den Gearson angenommen hatte. Nicht vom Wilshire, sondern vielleicht von Olympic oder Pico im Süden oder vom Santa Monica im Norden. Bosch wurde klar, daß Rourke den Mann vom DWP und alle anderen Agenten gezielt in die falsche Richtung gelenkt hatte. Nichts würde so sein, wie sie es geplant oder gedacht hatten. Harry war auf sich allein gestellt. Er richtete den Lichtstrahl auf den schwarzen Schlund des Tunnels, der erst nach unten, dann wieder nach oben führte. Er hatte nur etwa zehn Meter Sicht. Der Tunnel führte nach Westen. Das SWAT-Team wartete im Süden und Osten. Es wartete umsonst.
    Er hielt die Taschenlampe nach rechts, von sich weg, und kroch den Gang hinunter. Der Tunnel war nur wenig höher als ein Meter und kaum einen Meter breit. Er robbte langsam voran, hielt seine Waffe in der Hand. Der Geruch von Kordit lag in der Luft, und bläulicher Qualm hing im Licht der Taschenlampe. Purple Haze, dachte Bosch. Er schwitzte, aus Angst und vor Hitze. Alle drei Meter hielt er inne, um sich mit dem Ärmel seines Jacketts Schweiß aus den Augen zu wischen. Er zog das Jackett nicht aus, weil er der Beschreibung entsprechen wollte, die das SWAT-Team von ihm hatte. Er wollte nicht von den eigenen Leuten erschossen werden.
    Fünfzig Meter weit beschrieb der Tunnel abwechselnd Kurven nach links, dann nach rechts, verwirrte Bosch, was die Himmelsrichtung anging. An einer Stelle senkte sich der Gang unter einem Rohr ab, und manchmal konnte man das Rumpeln des Verkehrs hören. Es klang, als würde der Tunnel atmen. Alle zehn Meter brannte eine Kerze in einer Nische in der Wand. Im sandigen Schutt am Boden suchte er nach Stolperdrähten und fand dabei eine Blutspur.
    Nachdem er einige Minuten langsam vorwärts gekrochen war, löschte er die Taschenlampe und hockte sich hin. Er wollte ausruhen und sein Keuchen unter Kontrolle bekommen. Aber es schien, als würde er nicht genug Luft in seine Lungen bekommen. Einen Moment schloß er die Augen, und als er sie wieder öffnete, merkte er, daß an der Kurve vor ihm ein schwaches Licht leuchtete. Für eine Kerze war das Licht zu gleichmäßig. Langsam kroch er weiter, ließ die Lampe aus. Als er um die Biegung kam, verbreiterte sich der Tunnel zu einem Raum. Hoch genug, um stehen zu können, und breit genug, um während des Grabens darin wohnen zu können. Das Licht stammte von einer Kerosinlampe auf einer Kühltasche in der Ecke

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