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Schwarzes Echo

Schwarzes Echo

Titel: Schwarzes Echo Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Connelly
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davon getan. Beim Ausarbeiten der Schlachtpläne hatte Rourke es ihnen eingeredet. Das SWAT - Team bereitete da unten einen Empfang vor, zu dem niemand kommen würde.
    Er suchte nach einer Spur im Kanal, fand aber nichts. Das Wasser riß alles mit sich. Er sah Markierungen an den Wänden, sogar Gang-Graffiti, aber die Zeichen mochten schon seit Jahren da sein. Er sah sie sich alle an, erkannte aber keins davon als Hinweis oder Richtungsweiser. Diesmal hatten Hänsel und Gretel keine Spur hinterlassen.
    Die Verkehrsgeräusche nahmen zu, und es wurde heller. Bosch klappte die Nachtsichtbrille hoch und sah verschwommen bläuliche Lichtkegel, die etwa alle dreißig Meter durch Gullideckel und Einstiegsluken fielen. Nach einiger Zeit kam er an eine unterirdische Kreuzung, und da das Wasser aus seinem Kanal auf das Wasser aus dem anderen traf und aufspritzte, schob sich Bosch an der Wand entlang und spähte langsam um die Ecke. Er sah und hörte niemanden. Er hatte keine Ahnung, in welche Richtung er gehen sollte. Delgado konnte in jeden der drei Gänge gelaufen sein. Bosch beschloß, dem neuen Kanal nach rechts zu folgen, weil er annahm, daß er ihn weiter vom SWAT-Team entfernte.
    Er hatte erst drei Schritte in den neuen Tunnel gemacht, als er vor sich lautes Flüstern hörte.
    »Artie, kannst du es schaffen? Komm schon, mach, Artie!«
    Bosch erstarrte. Die Stimme war gut zwanzig Meter vor ihm. Aber er konnte niemanden sehen. Er wußte, daß die Nachtsichtbrille, die er trug, ihn davor bewahrt hatte, in die Falle zu gehen. Aber die Tarnung würde nicht lange halten. Wenn er näher kam, würde Delgado wissen, daß er nicht Franklin war.
    »Artie!« rief die Stimme heiser. »Komm!«
    »Ich komm ja schon!« flüsterte Bosch. Er machte einen Schritt vorwärts und spürte instinktiv, daß es nicht funktioniert hatte. Delgado wußte Bescheid. Er warf sich nach vorn, hielt die M-16 im Fallen hoch.
    Bosch sah, wie vor ihm etwas nach links stürzte, dann sah er eine Mündung aufblitzen. Der Schuß im Betontunnel war ohrenbetäubend. Bosch erwiderte das Feuer und hielt seinen Finger fest am Abzug, bis er merkte, daß er keine Patronen mehr hatte. Es klingelte in seinen Ohren, aber er konnte hören, daß Delgado, oder wer immer da vor ihm stand, ebenfalls nicht mehr schoß. Bosch hörte, daß er ein neues Magazin in seine Waffe schob, dann hallten schnelle Schritte auf trockenem Boden. Delgado rannte weg, in einen anderen Gang. Harry sprang auf und folgte ihm, zog das leere Magazin aus seiner geliehenen Waffe und ersetzte es durch ein neues.
    Nach etwa fünfundzwanzig Metern kam er an ein Seitenrohr. Es war etwa einsfünfzig im Durchmesser, und Bosch mußte sich hochziehen, um hineinzugelangen. Schwarze Algen breiteten sich auf dem Boden aus, es gab aber kein fließendes Wasser. Dort im Schlamm lag das leere Magazin einer M-16.
    Bosch war im richtigen Tunnel, aber Delgados Schritte konnte er nicht mehr hören. Eilig schlich er durch die Röhre. Sie stieg leicht an, und nach etwa dreißig Sekunden kam er an eine beleuchtete Kreuzung, etwa zehn Meter unter einem Kanaldeckel. Auf der anderen Seite des Raumes setzte sich der Gang fort. Bosch hatte keine Wahl, er mußte ihm folgen, und diesmal war die Röhre leicht abfallend. Fünfzig Meter weiter sah er, daß sie in einen größeren Gang führte – einen Hauptkanal. Er hörte Wasser rauschen.
    Zu spät merkte Bosch, daß er zu schnell lief, um stehenbleiben zu können. Als er den Halt verlor und auf den Algen ausrutschte, wurde ihm klar, daß Delgado ihn in eine Falle gelockt hatte. Bosch stemmte die Absätze in den schwarzen Schlamm, versuchte vergeblich stehenzubleiben. Statt dessen flog er mit rudernden Armen und den Füßen voran in den neuen Hauptkanal.
    Es kam ihm seltsam vor, aber er spürte die Kugel in seiner rechten Schulter, bevor er den Schuß hörte. Es war, als ob ein Haken an einem Seil von oben herabgekommen wäre, sich in seine rechte Schulter gebohrt und ihn dann rückwärts von den Füßen und zu Boden gerissen hätte.
    Er ließ seine Waffe los und hatte das Gefühl, etwa dreißig Meter tief zu stürzen. Das stimmte natürlich nicht. Er knallte mit dem Hinterkopf auf den Kanalboden, auf dem nur etwa fünf Zentimeter hoch Wasser floß. Er verlor die Brille. Regungslos und unbeteiligt beobachtete er, wie über ihm die Funken flogen, Kugeln in die Wände schlugen und abprallten.
    Als er zu sich kam, schien es ihm, als wären Stunden vergangen, aber er merkte bald, daß

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