Schwarzes Echo
Augenblick. Seine Schüsse gingen über Bosch hinweg, und splitterndes Glas war zu hören. Bosch feuerte noch zweimal in den Tresor. Er hörte, wie eine Kugel am Tresor abprallte. Die andere traf Franklin in die obere, rechte Brust und warf ihn rückwärts zu Boden, aber mit einer schnellen Bewegung rollte der Mann zur Seite und fiel kopfüber in das Loch. Bosch hielt seine Waffe auf den Eingang des Tresors gerichtet, wartete, ob noch jemand kam. Aber es war nichts zu hören, nur Clarke und Lewis, die links von ihm röchelten und stöhnten. Bosch stand auf, hielt die Waffe auf den Tresor gerichtet. Da stieg Eleanor in den Vorraum, ihre Beretta in der Hand. Wie Scharfschützen robbten Bosch und Wish zu beiden Seiten der Tür an den Tresor heran. Neben der Tastatur des Computers gab es rechts an der Stahlwand einen Lichtschalter. Bosch drückte auf den Knopf, und das Innere des Tresors wurde hell. Er nickte ihr zu, und Wish ging zuerst hinein. Dann folgte er ihr. Der Raum war leer.
Bosch kam heraus und lief zu Clarke und Avery, die noch immer übereinander am Boden lagen. Avery sagte: »Oh, mein Gott, oh mein Gott.« Clarke hatte sich an die Kehle gegriffen und schnappte nach Luft, sein Gesicht so rot, daß es für Bosch einen bizarren Augenblick lang aussah, als erwürgte er sich selbst. Er lag auf Averys Bauch, und alles war voll mit seinem Blut.
»Eleanor«, rief Bosch. »Ruf Verstärkung und Krankenwagen. Sag dem SWAT-Team, daß sie kommen. Mindestens zwei. Automatische Waffen.«
Er zerrte Clarke von Avery herunter, packte ihn bei den Schultern seines Jacketts und brachte ihn aus der Schußlinie. Der IAD-Detective hatte eine Kugel in die untere Halspartie bekommen. Blut sickerte zwischen seinen Fingern hindurch, und an den Mundwinkeln bildeten sich blutfarbene Bläschen. Er hatte Blut in der Brusthöhle. Er zitterte, und der Schock setzte ein. Er starb. Harry wandte sich Avery zu, der Blut an Brust und Hals hatte und einen bräunlich-gelben Fetzen an der Wange, der aussah wie ein feuchter Schwamm. Ein Stück von Lewis’ Hirn.
»Avery, sind Sie verletzt?«
»Ja, oh … oh, oh, ich glaube … ich weiß nicht«, brachte er mit erstickter Stimme hervor.
Bosch kniete sich neben ihn und suchte eilig seine blutige Kleidung ab. Er war unverletzt. Bosch ging dorthin, wo das Doppelglasfenster gewesen war und sah zu Lewis hinab, der rücklings auf dem Bürgersteig lag. Er war tot. Die Kugeln hatten ihn in einem Bogen getroffen. Er hatte Einschußlöcher an der rechten Hüfte, am Bauch, der linken Brust und links an der Stirn. Er mußte tot gewesen sein, bevor er durch die Scheibe geflogen war. Seine Augen standen offen und starrten ins Leere.
Wish kam aus der Lobby herein.
»Verstärkung ist auf dem Weg«, sagte sie.
Ihr Gesicht war rot, und sie atmete fast so schwer wie Avery. Sie schien ihre Augen, die unruhig den ganzen Raum absuchten, kaum unter Kontrolle zu haben.
»Wenn die Verstärkung kommt«, sagte Bosch, »sag ihnen, daß da unten im Tunnel einer von uns ist. Und sag es auch deinen SWAT-Leuten.«
»Wovon redest du?«
»Ich geh runter. Ich hab einen getroffen, aber ich weiß nicht, wie schwer. Es war Franklin. Der andere ist direkt vor ihm runter. Delgado. Aber die Verstärkung soll wissen, daß ich da unten bin. Sag ihnen, ich trage einen Anzug. Die beiden, die ich verjagt habe, tragen schwarze Tarnanzüge.«
Er öffnete seine Waffe, nahm die drei leeren Hülsen heraus und lud Patronen aus seiner Tasche nach. In der Ferne heulte eine Sirene. Er hörte scharfes Klopfen und sah, wie Hanlon mit dem Kolben seiner Waffe gegen die gläserne Eingangstür schlug. Aus diesem Winkel konnte der FBI-Agent nicht sehen, daß die Glaswand des Tresorraums eingeschlagen war. Bosch winkte, daß er herumkommen sollte.
»Warte mal«, sagte Wish. »Das kannst du nicht machen, Harry. Die haben automatische Waffen. Warte, bis Verstärkung da ist und wir einen Plan haben.«
Er trat an die Tresortür und sagte: »Die haben jetzt schon Vorsprung. Ich muß los. Denk dran, Bescheid zu sagen, daß ich da unten bin.« Er ging an ihr vorbei in den Tresor, drückte im Vorübergehen den Lichtschalter. Er spähte über den Rand des Lochs. Gut drei Meter ging es hinunter. Betonbrocken und Stahlstreben lagen am Boden. Er sah Blut auf dem Schutt und eine Taschenlampe.
Es war zu hell. Falls sie da unten auf ihn warteten, wäre er ein leichtes Opfer. Er trat zurück und hinter die Tresortür. Er drückte seine Schulter dagegen und begann
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