Schwarzes Echo
aus.
Rourke stand auf. Er kam nah heran und setzte die Waffe an Boschs Stirn. »Wissen Sie, Meadows hat mir den Unsinn vom schwarzen Echo erzählt. Den ganzen Quatsch. Tja, Harry, da wären Sie nun. Das war’s.«
»Warum mußte er sterben?« flüsterte Bosch. »Meadows. Warum?«
Rourke trat zurück und sah sich nach allen Seiten um, bevor er sprach.
»Sie wissen, warum. Er war drüben ein Verlierer, er war hier ein Verlierer. Deswegen ist er gestorben.« Rourke schien sich daran zu erinnern und schüttelte angewidert den Kopf. »Einmal von ihm abgesehen, lief alles perfekt. Er hat das Armband behalten. Kleine Jade-Delphine auf Gold.«
Rourke starrte gedankenverloren ins Dunkel des Tunnels. »Das war es«, sagte er. »Sehen Sie, die Grundlage des Plans war seine hundertprozentige Einhaltung. Meadows, verdammt noch mal, hat sich eben nicht daran gehalten.«
Er schüttelte den Kopf, noch immer wütend auf den Toten, und schwieg. In diesem Augenblick meinte Bosch, irgendwo in der Ferne Schritte zu hören. Er war nicht sicher, ob er sie tatsächlich hörte oder nur zu hören hoffte. Er bewegte sein linkes Bein im Wasser. Nicht so sehr, daß Rourke abdrückte, aber doch so, daß das Wasser aufspritzte und die Schritte übertönte. Sollten da wirklich welche sein.
»Er hat das Armband behalten«, sagte Bosch. »Das war alles?«
»Das hat gereicht«, sagte Rourke aufgebracht. »Nichts durfte auftauchen. Verstehen Sie nicht? Das war doch das Geniale daran. Nichts würde auftauchen. Bis auf die Diamanten wollten wir alles verschwinden lassen. Und die wollten wir behalten, bis beide Jobs erledigt waren. Aber dieser Idiot konnte nicht warten, bis der zweite Job fertig war. Er klaut das billige Armband und versetzt es, um Drogen zu kau fen.
Ich habe es in den Pfandhaus-Meldungen entdeckt. Ja, nach der WestLand-Sache sind wir zum LAPD gegangen und habe n sie gebeten, uns ihre monatlichen Pfandlisten zu schicken, damit wir die durchsehen konnten. Ich hab das Armband nur gefunden, weil ich danach gesucht habe und die Leute von der Abteilung Diebstahl nicht. Sie mußten tausend Sachen suchen. Ich nur eine einzige.
Ich wußte, daß jemand es behalten hatte. Beim ersten Tresor wurde eine Menge als gestohlen gemeldet, was gar nicht da war. Versicherungsbetrüger. Aber das Delphin-Armband existierte. Die alte Dame … sie hat geweint. Die Geschichte mit ihrem Mann und die ganze sentimentale Scheiße. Ich hab sie selbst vernommen. Sie war keine Betrügerin. Also wußte ich, daß einer meiner Tunnelgräber das Armband behalten hatte.«
Er muß reden, dachte Bosch. Wenn er spricht, kriegt er dich nicht. Weg hier. Weg hier. Da kommt wer. Komm hierher. Er lachte im Delirium, und wieder mußte er sich übergeben. Rourke redete einfach weiter.
»Ich hatte von Anfang an auf Meadows getippt. Einmal an der Nadel … Sie wissen, wie das läuft. Als das Armband auftauchte, bin ich als erstes zu ihm.«
Rourke überlegte, und Bosch bewegte wieder die Beine im Wasser. Inzwischen kam es ihm warm vor und kalt das Blut, das an seiner Seite herablief.
Schließlich sagte Rourke: »Wissen Sie, ich weiß wirklich nicht, ob ich Sie küssen oder töten soll, Bosch. Sie kosten uns Millionen bei diesem Job, aber andererseits ist mein Anteil am ersten Coup gestiegen, nachdem drei meiner Leute tot sind. Gleicht sich am Ende wahrscheinlich aus.«
Bosch glaubte nicht, daß er noch länger wach bleiben konnte. Er war müde, hilflos und resigniert. Seine Aufmerksamkeit ließ nach. Selbst jetzt, als er es schaffte, seine Hand zu heben und an die verletzte Schulter zu legen, fühlte er keinen Schmerz. Er begann, über das Wasser zu sinnieren, das langsam um seine Beine strich. Es fühlte sich so warm an, und ihm war so kalt. Er wollte sich hinlegen und es wie eine Decke über sich ziehen. Er wollte darin schlafen. Aber von irgend woher warnte ihn eine Stimme, nicht aufzugeben. Er dachte daran, wie Clarke krampfhaft seinen Hals festgehalten hatte. Das Blut. Er sah den Lichtstrahl in Rourkes Hand und versuchte es noch einmal.
»Warum so lange?« fragte er kaum noch flüsternd. »All die Jahre. Tran und Binh. Warum jetzt?«
»Keine Ahnung, Bosch. Manchmal kommt eben alles zusammen. Wie der Komet Halley. Der kommt alle zweiundsiebzig Jahre vorbei. Manchmal paßt es eben. Ich hatte ihnen geholfen, die Diamanten rüberzubringen. Hab’ die ganze Sache für sie eingefädelt. Ich wurde gut bezahlt und hab’ auch nie daran gedacht. Und dann ist die Saat, die
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