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Schwarzes Echo

Schwarzes Echo

Titel: Schwarzes Echo Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Connelly
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sah den bläulichen Schimmer eines Fernsehers durch die Gardinen. Bosch ging zum Wagen zurück und stellte die Sirene an. Er ließ sie eine Weile heulen, bis hinter den Vorhängen Licht anging. Kurze Zeit später trat der Friedhofswärter heraus und kam mit einer Taschenlampe in der Hand zum Tor, während Bosch seine Marke hervorholte und durch das Gitter zeigte. Der Mann trug schwarze Hosen und ein hellblaues Hemd mit einer Blechmarke.
    »Polizei?« fragte er.
    Bosch war danach zumute, Amway zu sagen. Statt dessen sagte er: »LAPD. Wenn Sie bitte aufmachen würden.«
    Der Wärter richtete seine Taschenlampe auf die Marke und den Ausweis. Im Licht sah Bosch die weißen Barthaare im Gesicht des Mannes und nahm den leichten Geruch von Bourbon und Schweiß wahr.
    »Was gibt’s für ein Problem, Officer?«
    »Detective. Ich ermittle in einem Mordfall, Mr. …?«
    » Kester . Mord? Wir haben hier einen Haufen Tote, aber die Fälle sind abgeschlossen, könnte man wohl sagen.«
    »Mr.  Kester , ich habe nicht die Zeit, ins Detail zu gehen, aber ich muß einen Blick auf das Vietnam Memorial werfen, den Nachbau, der hier übers Wochenende ausgestellt wird.«
    »Was ist mit Ihrem Arm, und wo ist Ihr Partner? Seid Ihr Jungs nicht immer zu zweit?«
    »Ich bin verwundet worden, Mr.  Kester . Mein Partner bearbeitet einen anderen Teil der Ermittlungen. Sie sehen zuviel fern in Ihrem kleinen Zimmer. Zu viele Krimis.«
    Bosch sagte den Rest mit einem Lächeln, aber er hatte längst genug von dem alten Wachmann. Kester drehte sich um, sah zu dem Häuschen und dann zu Bosch.
    »Sie haben das Licht gesehen, stimmt’s? Das hab’ ich mir schon gedacht. Mh, das hier ist Bundes gelände, und ich weiß nicht, ob ich aufschließen darf, ohne …«
    »Hören Sie, Kester, ich weiß, Sie sind Beamter, und wahrscheinlich ist keiner mehr gefeuert worden, seit Truman Präsident war. Aber wenn Sie mir hier das Leben schwermachen, werde ich Ihnen das Leben schwermachen. Ich melde Sie Dienstag morgen wegen Alkohol im Dienst. Gleich als erstes. Also los jetzt. Schließen Sie auf und ich belästige Sie nicht weiter. Ich muß nur einen Blick auf die Mauer werfen.«
    Bosch rasselte mit der Kette. Mit leerem Blick starrte Kester das Schloß an, dann fummelte er einen Schlüsselring von seinem Gürtel und öffnete das Tor.
    »Tut mir leid«, sagte Bosch.
    »Ich glaub’ immer noch nicht, daß es in Ordnung ist«, sagte Kester böse. »Was hat dieser schwarze Stein überhaupt mit einem Mord zu tun?«
    »Vielleicht alles«, sagte Bosch. Er wollte schon zu seinem Wagen gehen, aber dann drehte er sich noch mal um, weil ihm etwas einfiel, das er über das Ehrenmal gelesen hatte. »Es gibt da ein Buch, in dem steht, wo die Namen auf dem Ehrenmal zu finden sind. Man kann sie raussuchen. Ist das oben bei der Mauer?«
    Kester machte ein verblüfftes Gesicht, wie Bosch sogar in der Dunkelheit erkennen konnte. Er sagte: »Von einem Buch weiß ich nichts. Ich weiß nur, daß die Leute vom US-Park Service das Ding hergebracht und aufgestellt haben. Mit einem Bulldozer haben sie die Stelle auf dem Hügel freigeschoben. Es gibt da einen, der während der Öffnungszeiten aufpaßt. Den müssen Sie nach Büchern fragen. Aber fragen Sie mich nicht, wo er ist. Ich weiß nicht mal seinen Namen. Bleiben Sie länger, oder soll ich offen lassen?«
    »Schließen Sie lieber ab. Ich hol’ Sie dann, wenn ich los will.«
    Nachdem der Mann das Tor geöffnet hatte, fuhr Bosch mit seinem Wagen hinauf zum Kiesparkplatz in der Nähe des Hügels. Bosch konnte den dunklen Schimmer der Mauer auf der Anhöhe sehen. Es gab keine Laternen, und der Friedhof lag verlassen da. Er nahm eine Taschenlampe vom Sitz und stieg den Hang hinauf.
    Zuerst leuchtete er mit der Lampe die Mauer ab, um eine Vorstellung von ihrer Größe zu bekommen. Sie war etwa zwanzig Meter lang, an beiden Enden abgeschrägt. Dann trat er nahe genug heran, um die Namen lesen zu können. Ein unerwartetes Gefühl überkam ihn. Abscheu. Er merkte, daß er all die Namen gar nicht lesen wollte. Zu viele waren darunter, die er kannte. Und schlimmer noch: Er konnte auf Namen stoßen, die er nicht erwartete, die Männern gehörten, von denen er nicht wußte, daß sie tot waren. Er schwenkte den Lichtstrahl herum und sah ein hölzernes Pult, ähnlich einem Bibelständer in der Kirche. Doch das Pult war leer. Die Parkwächter schienen das Namensverzeichnis zur Sicherheit mitgenommen zu haben. Bosch drehte sich um und betrachtete

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