Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Schwarzes Echo

Schwarzes Echo

Titel: Schwarzes Echo Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Connelly
Vom Netzwerk:
das neue Hemd überzuziehen. Seine Schulter bohrte ihm brennende Pfeile durch Brust und Arm, als er das Krankenhaushemd auszog. Er setzte sich auf einen Stuhl und suchte den Verband nach durchgesickertem Blut ab. Es war nichts zu sehen. Vorsichtig zog er das neue, extra große Hemd über. Diesmal waren die Schmerzen nicht so heftig. Auf der linken Brust hatte das Hemd eine kleine Zeichnung, die einen Berg, Sonne und eine Seelandschaft zeigte. Darunter die Worte City of Angels. Bosch verdeckte das Bild, als er die Schlinge anlegte und einrichtete, damit sie seinen Arm fest vor der Brust hielt.
    Der Kaffee war fertig, als er sich umgezogen hatte. Er trug eine dampfende Tasse an seinen Tisch, steckte sich eine Zigarette an und zog die Mordakte und weitere Mappen zum Fall Meadows aus der Schublade. Er sah sich den Stapel an und wußte weder, wo er anfangen sollte, noch wonach er suchte. Er fing an, alles durchzulesen, hoffte, er würde irgendwo hängenbleiben. Es konnte alles sein, ein neuer Name, die Unstimmigkeit in einer Aussage, etwas, das sie früher als unwichtig abgetan hatten, was aber jetzt in anderem Licht erschien.
    Eilig überflog er seine eigenen Berichte, da er sich an die meisten Informationen noch erinnerte. Dann las er noch einmal Meadows’ Militärakte. Es war die ausgedünnte Version vom FBI. Er hatte keine Ahnung, was mit der detaillierteren Akte geschehen war, die er aus St. Louis bekommen und im Wagen liegengelassen hatte, als er gestern morgen zum Tresor gerannt war. Außerdem fiel ihm ein, daß er keine Ahnung hatte, wo der Wagen geblieben war.
    Mit der Militärakte hatte Bosch kein Glück. Während er sich die gemischten Papiere im hinteren Teil des Ordners ansah, ging die Deckenbeleuchtung an, und ein alter Cop namens Pederson kam herein. Mit einem Festnahmebericht in der Hand steuerte er eine der Schreibmaschinen an und bemerkte Bosch erst, als er sich setzte. Er drehte sich um, als er die Zigaretten und den Kaffee roch, und sah den Detective mit dem Arm in der Schlinge.
    »Harry, wie geht’s? Dich haben sie aber schnell wieder rausgelassen. Ich hatte gehört, du wärst ziemlich mitgenommen.«
    »Nur ein Kratzer, Peds. Nicht so schlimm wie die Fingernägel von den Tunten, die du samstags einkassierst. Bei Kugeln muß man sich wenigstens keine Sorgen um AIDS machen.«
    »Das kann man wohl sagen.« Instinktiv massierte Pederson seinen Nacken, an dem er noch immer Narben hatte, die ihm eine HIV-infizierte Transvestitennutte beigebracht hatte. Zwei Jahre hatte der alte Cop geschwitzt und alle drei Monate einen Test gemacht, den Virus aber nicht bekommen. Es war ein Alptraum gewesen, eine Legende und wahrscheinlich der einzige Grund, warum die Durchschnittsbelegung der Zellen für Prostituierte im Revier seitdem um die Hälfte gesunken war. Keiner wollte sie mehr einsperren, es sei denn, es ging um Mord.
    »Jedenfalls«, sagte Pederson, »tut mir leid, daß da draußen alles so schiefgegangen ist, Harry. Ich hab’ gehört, der zweite Cop ist gerade eben auf Code Sieben gegangen. Zwei Cops und ein Feebee bei einer Schießerei draufgegangen. Von deinem Arm mal abgesehen. Wahrscheinlich eine Art Rekord in dieser Stadt. Kann ich auch eine Tasse haben?«
    Bosch wies auf die Kaffeekanne. Er hatte nicht gewußt, daß Clarke tot war. Code Sieben. Außer Betrieb, endgültig. Noch immer brachte er keinerlei Mitgefühl für die IAD-Cops auf, dafür bemitleidete er sich selbst. Es schien, als hätte er endgültig jede menschliche Regung verloren. Für niemanden hatte er mehr Mitgefühl, nicht mal für arme Schweine, denen ein Fehler unterlaufen war und die erschossen worden waren.
    »Hier erzählt dir keiner mehr was«, sagte Pederson beim Einschenken, »aber als ich die Namen in der Zeitung gelesen habe, hab’ ich gesagt: ›Wow, die Typen kenn’ ich.‹ Lewis und Clarke. Die waren beim IAD, nicht beim Raubdezernat. Sie hießen überall ›die großen Entdecker‹. Haben immer rumgeschnüffelt, immer versucht, jemandem Ärger zu machen. Ich glaube, außer dem Fernsehen und der Times wußten alle, wer sie waren. Jedenfalls war es wirklich seltsam, weißt du, was die da zu suchen hatten.«
    Bosch wollte nicht anbeißen. Pederson und die anderen Cops würden sich eine andere Quelle suchen müssen, wenn sie wissen wollten, was im Beverly Hills Safe & Lock tatsächlich passiert war. Im Gegenteil, er begann sich zu fragen, ob Pederson tatsächlich ein Verhaftungsprotokoll tippen mußte. Oder hatte der Neue an

Weitere Kostenlose Bücher