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Schwarzes Echo

Schwarzes Echo

Titel: Schwarzes Echo Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Connelly
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statt, und eine Ehrenformation präsentierte das Gewehr. Es waren nicht viele Trauergäste anwesend. Weiter nördlich, auf einer Anhöhe ohne Grabsteine, konnte Bosch mehrere Arbeiter sehen, die Grassoden entfernten und mit Hacken ein langes Stück Erde umgruben. Während er die Aussicht genoß, sah er sich von Zeit zu Zeit ihre Fortschritte an, fand aber nicht heraus, was sie da machten. Die Grube war viel zu lang und zu breit für ein Grab.
    Um halb elf war das Soldatenbegräbnis beendet, aber die Friedhofsarbeiter auf dem Hügel mühten sich noch immer ab. Und Bosch stand noch immer am Vorhang und wartete. Schließlich ließ ihn eine Stimme aufschrecken.
    »All diese Gräber. So ordentliche Reihen. Ich versuche, hier nie aus dem Fenster zu sehen.«
    Er drehte sich um. Sie war groß und geschmeidig, hatte braunes, welliges Haar mit blonden Strähnen bis auf die Schultern. Hübsch sonnengebräunt, mit nur wenig Make-up. Sie wirkte unnachgiebig und vielleicht etwas müde für die Tageszeit, so wie nur Polizistinnen und Nutten aussehen. Sie trug ein braunes Kostüm und eine weiße Bluse mit einer schokoladenbraunen Fliege. Er bemerkte den asymmetrischen Schwung ihrer Hüften unter dem Jackett. Sie trug etwas Kleines auf der linken Seite, vielleicht eine Ruger, was ungewöhnlich war. Bosch hatte immer nur weibliche Detectives gekannt, die ihre Waffen in Handtaschen trugen.
    »Das ist der Veteranenfriedhof«, sagte sie zu ihm.
    »Ich weiß.«
    Er lächelte, wenn auch nicht darüber. Er hatte erwartet, daß Special Agent E. D. Wish ein Mann war. Aber nur aus dem Grund, weil die meisten Special Agents, die mit Bankeinbrüchen zu tun hatten, Männer waren. Frauen gehörten zum neueren Image des FBI und waren normalerweise nicht bei den Schwerverbrechen zu finden. Die waren eine Bruderschaft, die hauptsächlich aus Sauriern und Außenseitern bestand, Männern, die sich nicht an der vordringlichen Arbeit des FBI in Bereichen wie Wirtschaftskriminalität, Spionage und Drogenfahndung beteiligen konnten oder wollten. Die Zeiten von G-Man Melvin Purvis waren endgültig vorbei. Bankraub war nicht mehr schick. Bei den meisten Bankräubern handelte es sich nicht mehr um professionelle Diebe. Es waren Junkies auf der Suche nach einer Beute, die sie für eine Woche über Wasser halten würde. Allerdings war Bankraub immer noch ein Verbrechen, dessen Zuständigkeit bei den Bundesbehörden lag. Das war der einzige Grund, warum sich das FBI überhaupt die Mühe machte.
    »Natürlich«, sagte sie. »Den müssen Sie ja kennen. Was kann ich für Sie tun, Detective Bosch? Ich bin Agent Wish.«
    Sie gaben sich die Hand, aber Wish machte keine Anstalten, mit ihm zur Tür zu gehen, die längst ins Schloß gefallen war. Bosch zögerte einen Augenblick und sagte dann: »Na, ich warte schon den ganzen Morgen darauf, mit Ihnen zu sprechen. Es geht um die Abteilung Bankraub … um einen Ihrer Fälle.«
    »Ja, das haben Sie dem Pförtner schon gesagt. Tut mir leid, daß ich Sie habe warten lassen, aber wir waren nicht verabredet, und ich hatte noch andere dringende Dinge zu erledigen. Hätten Sie doch vorher angerufen.«
    Bosch nickte verständnisvoll, aber auch jetzt machte sie keine Anstalten, ihn hereinzubitten. Irgendwas läuft hier falsch, dachte er.
    »Haben Sie da hinten vielleicht einen Kaffee?« sagte er.
    »Uh … ja, ich glaube schon. Aber könnten wir uns kurz fassen? Ich stecke im Augenblick wirklich mitten in einer anderen Sache.«
    Wer nicht, dachte Bosch. Mit einem Kartenschlüssel öffnete sie die Tür, zog sie auf und ließ ihn vorgehen. Drinnen führte sie ihn einen Gang hinunter, in dem neben den Türen Plastikschilder angebracht waren. Das FBI hatte nicht dieselbe Vorliebe für Akronyme wie die Polizei. Die Schilder waren numeriert – Gruppe 1, Gruppe 2 und so weiter. Beim Gehen versuchte er, ihren Akzent festzumachen. Er war leicht nasal, aber nicht wie aus New York. Philadelphia, dachte er, vielleicht New Jersey. Mit Sicherheit nicht Südkalifornien, egal wie braungebrannt sie sein mochte.
    »Schwarz?« sagte sie.
    »Milch und Zucker, bitte.«
    Sie drehte sich um und betrat einen Raum, den man als kleine Küche eingerichtet hatte. Es gab einen Tresen und Schränke, eine Vier-Tassen-Kaffeemaschine, eine Mikrowelle und einen Kühlschrank. Das Ganze erinnerte Bosch an Anwaltsbüros, in denen er gewesen war, um Aussagen zu machen. Nett, sauber, teuer. Sie reichte ihm einen Styroporbecher mit schwarzem Kaffee und machte eine

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