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Schwarzes Echo

Schwarzes Echo

Titel: Schwarzes Echo Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Connelly
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dem Band, nur das Geräusch von jemandem, der auflegte. Er stellte im Radio das Spiel der Dodgers an, schaltete aber wieder ab. Hatte genug davon, Leuten beim Reden zuzuhören. Er legte CDs von Sonny Rollins, Frank Morgan und Branford Marsalis ein und lauschte statt dessen dem Saxophon. Er breitete die Akten auf dem Eßzimmertisch aus und holte sich eine Flasche Bier. Alkohol und Jazz, dachte er beim Trinken. In Klamotten schlafen. Du bist ein Klischee-Cop, Bosch. Ein offenes Buch. Und nicht besser als das Dutzend anderer Dummköpfe, die sich jeden Tag an sie ranmachen. Kümmer dich um deinen Job. Und gib die Hoffnung auf. Er schlug die Akte Meadows auf, las sorgfältig jede Seite. Vorhin bei Wish im Wagen hatte er sie nur überflogen.
    Meadows war Bosch ein Rätsel. Ein Pillenschlucker, ein Heroinabhängiger, aber ein Soldat, der sich freiwillig für eine weitere Dienstzeit in Vietnam gemeldet hatte. Sogar als sie ihn aus den Tunneln geholt hatten, war er geblieben. 1970, nach zwei Jahren in den Tunneln, hatte man ihn einer Einheit der Militärpolizei zugeteilt, die für die amerikanische Botschaft in Saigon arbeitete. Hatte nie wieder Feindberührung gehabt, war aber bis zum Ende geblieben. Nach dem Waffenstillstand und dem Rückzug 1973 bat er um seine Entlassung und blieb, diesmal als einer der zivilen Berater im Umfeld der Botschaft. Alle wollten nach Hause, nur Meadows nicht. Er blieb bis zum 30. April 1975, dem Tag, an dem Saigon fiel. Er saß in einem Hubschrauber und dann in einem Flugzeug, das Flüchtlinge außer Landes brachte. Das war sein letzter Regierungsauftrag: Sicherung des gewaltigen Flüchtlingstransports zu den Philippinen und weiter in die Staaten.
    Nach den Akten zu urteilen, wohnte Meadows nach seiner Rückkehr im Süden Kaliforniens. Nur waren seine Talente auf Militärpolizei, Tunnelkiller und Drogendealer beschränkt. In der Akte befand sich eine Bewerbung für das LAPD mit dem Vermerk »Abgelehnt«. Er war beim Drogentest durchgefallen. Darunter lag in der Akte ein Ausdruck seiner Vorstrafen aus dem National Criminal Intelligence Computer, kurz NCIC. Seine erste Verhaftung wegen Besitzes von Heroin war 1978 gewesen. Bewährung. Im nächsten Jahr wurde er wieder geschnappt, diesmal wegen eines beabsichtigten Deals. Es blieb bei einfachem Besitz, und er bekam achtzehn Monate im Wayside Honor Rancho. Zehn davon verbüßte er. Die folgenden zwei Jahre waren gekennzeichnet von regelmäßigen Haftstrafen wegen sichtbarer Spuren von Drogenmißbrauch, da frische Einstiche als Vergehen geahndet wurden und für sechzig Tage im Bezirksgefängnis gut waren. Es machte den Eindruck, als hätte Meadows in der Drehtür dieses Gefängnisses bis 1981 festgesessen, als er für längere Zeit rein mußte. Diesmal für versuchten Raub, eine Bundesangelegenheit. Auf dem NCIC-Ausdruck stand nicht, ob es um Bankraub gegangen war, aber wenn die Feds die Sache übernahmen, mußte man davon ausgehen. Auf dem Ausdruck stand, Meadows wäre zu vier Jahren in Lompoc verurteilt worden und hätte zwei davon abgesessen.
    Er war erst ein paar Monate wieder draußen, als man ihn wegen Bankraubs verhaftete. Sie mußten ihn auf frischer Tat erwischt haben. Er bekannte sich schuldig und verbüßte weitere fünf Jahre in Lompoc. Er wäre nach drei Jahren rausgekommen, aber nach zwei Jahren wurde er bei einem Fluchtversuch erwischt. Er bekam noch einmal fünf Jahre, und man verlegte ihn nach Terminal Island.
    1988 wurde Meadows von dort entlassen. All die Jahre im Bau, dachte Bosch. Er wußte nichts von ihm, hatte nie irgendwas gehört. Was hätte er getan, wenn es ihm zu Ohren gekommen wäre? Er dachte einen Moment darüber nach. Wahrscheinlich hatte der Knast Meadows mehr verändert als der Krieg. Er wurde in eine Rehabilitationseinrichtung für Vietnamveteranen überstellt. Sie hieß Charlie Company und befand sich auf einer Farm nördlich von Ventura, etwa vierzig Meilen vor Los Angeles. Dort blieb er fast ein Jahr.
    Danach gab es laut Akte keine weiteren Kontakte mit der Polizei. Die Sache mit den Einstichspuren, die Meadows vor einem Jahr dazu gebracht hatte, Bosch anzurufen, war nicht aktenkundig geworden. Sie stand nicht auf dem Ausdruck. Keine weiteren Polizeikontakte seit seiner Entlassung aus dem Gefängnis.
    Es lag noch ein weiteres Blatt in dem Stapel. Es war handschriftlich verfaßt, und Bosch nahm an, daß es sich um Wishs saubere, leserliche Schrift handelte. Es war eine Auflistung seiner Arbeitsplätze und

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