Schwarzes Feuer: Die Herren der Unterwelt (German Edition)
wollte nicht schnippisch sein. Ich bin erschöpft.“
Die Göttin musterte ihn, den Kopf leicht zur Seite geneigt. Beklommen trat er von einem Bein aufs andere. Ihrem durchdringenden Blick ausgesetzt zu sein machte ihn nervös – schließlich wusste er nur allzu genau, wie abstoßend sein Äußeres war. Doch zu seiner Überraschung zeigte sich in ihren warmen Augen noch immer keine Spur von Abscheu, als sie nachdenklich die Brauen zusammenzog und fragte: „Deine Seele gehört dem Fürsten der Finsternis?“
„Ja.“
„Aber wäre sie dein, würdest du mir in dieser Sache deine Unterstützung gewähren?“
„Ja“, wiederholte er heiser. Und sie? Würde sie ihm nach wie vor eine Belohnung für seine Hilfe anbieten?
„Nun gut. Ich werde sehen, was ich tun kann.“
Seine Augen weiteten sich entsetzt. Mit Luzifer verhandeln?
„Nein! Das dürft Ihr …“
Doch ehe er sie aufhalten konnte, war sie verschwunden.
In den Gewölben der Hölle:
„Luzifer, höre meine Worte. Ich verlange, mit dir zu sprechen. Du wirst dich mir zeigen. Zu dieser Stunde, heute, in diesem Raum. Allein. Ich werde genauso bleiben, wie ich gegenwärtig bin.“ Kadence, Göttin der Unterdrückung, wusste ihre Forderungen klar und unmissverständlich zu formulieren. Andernfalls nämlich würde der oberste Dämonenherrscher sie „auslegen“, wie es ihm gefiel, was sehr unangenehme Überraschungen mit sich bringen konnte. „Und du wirst vollständig bekleidet sein.“
Hätte sie schlicht um eine Unterredung mit ihm ersucht, wäre es gut möglich gewesen, dass sie sich unversehens in seinem Bett wiedergefunden hätte, an Händen und Füßen gefesselt, splitternackt und von einer Horde geifernder Monster umgeben.
Mehrere Minuten verstrichen, ohne dass eine Reaktion auf ihre Forderung kam. Doch das hatte sie auch nicht erwartet. Er liebte es, sie warten zu lassen. Es gab ihm ein Gefühl der Überlegenheit. Gib dich beschäftigt und desinteressiert.
Eingehend betrachtete Kadence ihre Umgebung, als sei sie nur gekommen, um sich in Luzifers Gefilden umzuschauen. Anstelle von Stein und Beton bestanden die Wände seines Palastes aus Flammen. Ein knisterndes, goldorangefarbenes Inferno. Tödlich bei der leisesten Berührung.
Sein Thron war geformt aus schwarzer Asche und Knochen, zwischen denen weitere züngelnde Flammen tanzten. Daneben, nur wenige Schritte entfernt, stand ein blutverschmierter Opferstein. Darauf lag noch immer ein lebloser Körper – abzüglich des Kopfes. Der allerdings würde bald schon von allein an seinen Platz zurückkehren, auf dass die Folterung von Neuem beginnen konnte. Das war der Lauf der Dinge hier unten.
Keine Seele würde dem endlosen Martyrium jemals wieder entrinnen, wenn sie erst einmal der Unterwelt anheimgefallen war. Nicht einmal im Tod.
Kadence verabscheute alles an diesem Ort. Dichte Schwaden beißenden Qualms stiegen aus den Feuern auf und legten sich um ihre Schultern wie körperlose Finger der Verdammten. Wie gern hätte sie mit der Hand den Gestank wegzufächeln versucht, doch sie tat es nicht. Sie würde keine Schwäche zeigen, und sei es auch nur durch solch eine winzige Geste.
Ließe sie sich etwas anmerken, das wusste sie genau, wäre sie innerhalb von Sekunden in eine riesige Wolke dieses giftigen, pechschwarzen Rauchs eingehüllt. An nichts fand Luzifer mehr Gefallen, als Schwachpunkte zu entdecken und sie auszunutzen.
Diese Lektion hatte Kadence bereits kurz nach ihrer Ankunft gelernt. Gleich bei ihrem ersten Zusammentreffen – als sie gekommen war, um Hades und Luzifer darüber in Kenntnis zu setzen, dass sie zu ihrer Wächterin ernannt worden war. Wer wäre besser geeignet als sie – die Verkörperung der Eroberung und der Unterwerfung –, um sicherzustellen, dass Dämonen und Verdammte genau dort blieben, wo sie hingehörten? Zumindest waren die Götter dieser Ansicht gewesen und hatten sie dafür ausgewählt.
Zwar teilte sie deren Meinung hinsichtlich ihrer Fähigkeiten nicht, aber sich zu widersetzen hätte Bestrafung zur Folge gehabt. Mittlerweile war sie jedoch mehr als einmal zu dem Schluss gekommen, dass sie vielleicht besser die Strafe hätte in Kauf nehmen sollen. Mit Steinen beworfen zu werden, blutige Tierleichen auf ihren Eingangsstufen vorzufinden, die man als Warnung hinterlassen hatte … All das wäre erträglich im Gegensatz zu dem Dasein, das sie jetzt führte. Ein Dasein, dessen Tage sie damit zubrachte, in einer nahe gelegenen Höhle zu schlafen – doch es
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