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Schwarzes Fieber

Schwarzes Fieber

Titel: Schwarzes Fieber
Autoren: Wolfgang Burger
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worden?«
    »Schön wär’s.« Balke rieb sich das linke Auge mit dem Handrücken. Irgendetwas machte ihm Sorgen. »Bei den Verletzungen könnte man es auch denken. Jede Menge gebrochene Rippen, der Unterkiefer total zertrümmert. Aber es sieht leider eher danach aus, als wäre er zusammengeschlagen und dann regelrecht totgetreten worden. Gestorben ist er letztlich an inneren Blutungen. Leberriss, vermutlich von einem Tritt in den Bauch.« Endlich sah er von seinen Papieren auf. »Aber was mir wirklich Kopfschmerzen macht: Der Mann war schwarz.«
    »Sie wollen sagen, von dunkler Hautfarbe?«
    Ich nahm meine Brille ab, nur um sie gleich wieder aufzusetzen. Jetzt verstand ich Balkes bedrückte Miene. Bei schwarzer Hautfarbe denkt man in Heidelberg automatisch an amerikanische Soldaten. Und als Nächstes denkt man an Ärger. Ärger mit den Behörden der US-Army, die aus jeder Blähung eines ihrer GIs ein Geheimnis von nationalem Rang machen und immerfort die Sicherheit Amerikas bedroht sehen. Ärger mit der Presse, die Fälle mit Verdacht auf fremdenfeindlichen Hintergrund mit verdoppelter Aufmerksamkeit zu beobachten pflegt und jedes Versäumnis unsererseits als Diskriminierung von Minderheiten notiert. Und nicht zuletzt würde es natürlich Stress mit unserer vorgesetzten Behörde geben, der Staatsanwaltschaft, die genau diesen Eindruck unter allen Umständen zu vermeiden versucht und mir deshalb mit verdreifachter Gründlichkeit auf die Nerven geht.
    Balke kratzte sich umständlich die Nase.
    »Er muss ein ziemlich bewegtes Leben hinter sich haben. Da sind ein paar alte Verletzungen, die aus einem Krieg stammen könnten. Ein Bein hat man ihm irgendwann mal eher schlecht als recht wieder zusammengeflickt. Sieht fast so aus, als wäre er mal auf eine Granate getreten. Zu Lebzeiten muss er ziemlich gehinkt haben. Dann eine vernarbte Schussverletzung am linken Arm und noch ein paar andere Kleinigkeiten. Und außerdem muss er, nach seinen Zähnen zu urteilen, geraucht haben wie eine chinesische Koksfabrik.«
    »Hat er etwas bei sich getragen, woraus man irgendwas schließen könnte?«
    »Jedenfalls keine Papiere.« Balke nahm ein neues Blatt zur Hand. »Er trägt einen ziemlich alten grauen Anzug, ein weißes Hemd und schwarze Halbschuhe ohne Socken. Alles sieht aus wie bei der Kleidersammlung geklaut. Seine Unterhose hat auch schon bessere Tage gesehen. In der linken Hosentasche waren drei Euro siebenundzwanzig in Kleingeld, zwei Zwanziger, ein Fünfziger und dazu vier sauber zusammengerollte Hundertdollarscheine. In der rechten Gesäßtasche ein paar Tabakkrümel. Das Labor tippt auf Marlboro. In der linken bunte Federn und zwei Streichholzschachteln. So kleine, wie man sie in Kneipen abstauben kann. Seine sind aus der Susibar.«
    »Welche Sushi-Bar?«
    »Susi, nicht Sushi.«
    »Und er hat Dollars in der Tasche gehabt?«
    Balke schob seine Papiere nachlässig zusammen und lehnte sich zurück.
    »Ich weiß, was Sie denken. Aber die Amerikaner vermissen niemanden von ihren Truppen, das habe ich schon gecheckt. Er könnte natürlich auch zum Hilfspersonal gehört haben. Küche, Putztrupp, so was. Dann kann es dauern, bis sein Fehlen auffällt.«
    »Raubmord können wir aber damit wohl ausschließen.«
    Es fiel mir schwer, mich zu konzentrieren. Die Hitze machte mir zu schaffen, mein Kopf war immer noch im Urlaub.
    »Was ist mit Drogen? Vielleicht ein Revierkampf unter Dealern?«
    Bei Männern dunkler Hautfarbe denkt man ja leider immer auch an Drogenhandel. Was wir der Öffentlichkeit gegenüber natürlich niemals zugeben würden.
    »Gedrückt hat er nicht, soweit man das jetzt noch feststellen kann. Spuren im Blut können wir natürlich vergessen nach so langer Zeit. Wenn er gedealt hätte, dann hätten unsere Leute irgendwas an ihm finden müssen.« Balke suchte etwas in seinen Unterlagen und schob schließlich eines der Blätter über den Tisch. »Das Einzige, was uns eventuell weiterhelfen könnte, sind zwei kleine Samenkörner in einem Trümmerbruch am Kiefer. Da muss er einen mächtigen Tritt reingekriegt haben, und unser Labormäuschen meint, diese Samen gehörten zu keiner einheimischen Pflanze. Sie arbeiten noch dran.«
    Ich massierte mir die Nasenwurzel in der Hoffnung, dadurch eine Gähnattacke zu unterdrücken. »Die Art der Verletzungen, die Hautfarbe …«
    »War auch mein erster Gedanke.« Balke zog eine unglückliche Grimasse. »Skinheads, Neger klatschen. Ich hoffe, das bleibt uns erspart.«
    Ich stützte
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