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Schwarzes Fieber

Schwarzes Fieber

Titel: Schwarzes Fieber
Autoren: Wolfgang Burger
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aufgehalten haben. Manchmal kommen einem die richtigen Ideen dann ganz von selbst.«
    Für einige Sekunden schwieg sie, ohne den Blick von meinem Gesicht zu wenden. »Vielleicht hat er doch mal mit jemandem geredet, fällt mir jetzt ein. Aber das ist ja immer so eine Sache mit der Erinnerung.«
    »Das lernt jeder Polizist in der ersten Woche.«
    Ich nippte an meinem Wein, und Susi verschwand. Inzwischen hatte das Lokal sich gefüllt, sie hatte viel zu tun und zu lachen. Nach einiger Zeit kam sie zurück.
    »Vielleicht bringe ich jetzt Verschiedenes durcheinander. Aber einmal, es könnte das letzte Mal gewesen sein, dass er hier war …« Ihre Augen wurden wieder schmal vor Konzentration. »Da ist dieser Typ reingekommen, geht auf den Schwarzen zu. Sie haben sich die Hand gegeben, kurz geredet, und ich meine fast, sie sind dann zusammen raus.«
    »Wie hat dieser Besucher ausgesehen?«
    Ratlos zog sie die Augenbrauen hoch. »Wie ein Architekt?«
    »Ein Architekt?« Dieses Mal verkniff ich mir das Lachen.
    »Berufe raten, kleines Hobby von mir.« Sie wurde eine Spur verlegen. »Wenn hier jemand reinkommt, versuche ich immer zu erraten, womit er sein Geld verdient. Man kriegt mit der Zeit ein Gespür für Menschen bei diesem Job. Der da drüben zum Beispiel …« Sie beugte sich vor und senkte die Stimme. »Ich hab gleich gedacht, der ist bestimmt beim Radio. Wegen der großen Ohren. Und stellen Sie sich vor, später hat er mir erzählt, er ist tatsächlich beim SWR in Mannheim!«
    »Und wie sind Sie auf die Idee gekommen, der Mann sei Architekt?«
    Sie strahlte mich an. »Ehrlich gesagt, ich hab keinen Schimmer. War einfach so eine spontane Idee.«
    »Könnte es sein, dass die beiden Streit hatten?«
    »Für mich sah es eher aus, als würden sie zusammen Geschäfte machen.«
    Als ich später am Bismarckplatz an einer roten Ampel wartete – ich war tatsächlich wieder mit dem Rad unterwegs –, wählte ich sicherheitshalber ein letztes Mal für diesen Tag Rolf Runkels Handynummer. Es sei nichts los, meldete er maulfaul. Einer seiner Kollegen hockte im dunklen Krankenzimmer und versuchte, nicht vor Langeweile ins Koma zu fallen. Er selbst saß mit dem anderen zusammen im Kaffeezimmer der Schwestern. Sie spielten Mensch-ärgere-dich-nicht und genossen den ungewohnten Komfort einer Klimaanlage.
    Meine Töchter traf ich im Wohnzimmer an. Sie unterhielten sich angeregt und gebrauchten dabei merkwürdige Worte wie »Trense«, »Köte«, »Schweifriemen« und »Hintergeschirr«.
    »Es war einfach suuuper, Paps!«, kreischte Sarah, als sie mir zur Begrüßung um den Hals fiel und mich dabei um ein Haar von den Füßen riss. Sie roch ein wenig streng. »Wir haben sooo viel Spaß gehabt! Wir haben uns gerade überlegt: Wir wollen ein eigenes Pferd.«
    Endlich hatte ich wenigstens mein körperliches Gleichgewicht wiedergefunden.
    »Habt ihr einen Millionärssohn aufgerissen oder im Lotto gewonnen?«
    »Ab morgen sparen wir darauf.«
    »Na dann viel Spaß.«
    »Du gibst uns doch bestimmt was dazu, nicht wahr, Paps?«, fragte Louise.
    »Mal sehen«, erwiderte ich vorsichtig. »Wenn es so weit ist, reden wir noch mal drüber.«
    In ihrer Begeisterung waren sie nicht einmal sonderlich enttäuscht von meiner verhaltenen Reaktion.
    »Was kostet eigentlich so ein Pferd?«, fragte ich, um mir nicht später wieder anhören zu müssen, ich würde mich nie für irgendwas interessieren, was sie betraf.
    »Wissen wir noch nicht.« Sarah war offensichtlich überzeugt, dass sie jeden beliebigen Betrag zusammensparen, -betteln oder sonst wie organisieren würden. »Das werden wir morgen rausfinden.«
    »Donna ist so, sooo süß!«, jubelte Louise plötzlich und schielte dabei vor Verzückung.
    »Und wahnsinnig brav ist sie auch!«, ergänzte ihre wenig ältere Schwester. »Wir durften heute sogar schon ein bisschen auf ihr reiten!«
    »Und Frau Herzberger meint, wir machen es sehr gut.«
    »Wir haben sogar Talent, hat sie gesagt!«
    »Erst mal natürlich nur auf dem Sandplatz und an der Longe.« Louise hatte meine beunruhigten Blicke richtig gedeutet. »Frau Herzberger passt auf uns auf. Es kann gar nichts passieren.«
    »Donna lässt sich lenken wie ein … Fahrrad.« Sarah war sichtlich unzufrieden mit ihrem Vergleich. »Auf jeden Fall ist sie das allernetteste Pferd auf der ganzen Welt.«
    »Und jetzt gehen wir ins Bett, damit wir morgen früh fit sind.«
    Und dann hüpften sie tatsächlich davon. Eine Weile hörte ich sie noch diskutieren und
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