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Schwarzes Fieber

Schwarzes Fieber

Titel: Schwarzes Fieber Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Burger
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mit dem Rad gestürzt waren. Aber ein Fahrrad war nicht halb so hoch, man blieb mit den Füßen immer in Bodennähe, und außerdem trat es nicht auf einen drauf, wenn man darunter lag. Bruno schien mein Misstrauen zu spüren, immer wieder trafen sich unsere Blicke. Hoffentlich war ich nicht der Grund für seine Nervosität.
    Bachmaier sprang mit seinem Pferd um wie mit einem unansehnlich gewordenen Möbel auf dem Weg zum Sperrmüll.
    »Wie sieht es eigentlich mit Zubehör aus?«, fragte ich, um mich ein wenig nützlich zu machen.
    »Sattel und Zaumzeug geb ich Ihnen dazu«, antwortete er gelangweilt. »Brauch ich ja jetzt eh nicht mehr.«
    »Er ist sogar frisch beschlagen!«, frohlockte Louise.
    »Und geimpft!«, freute sich Sarah.
    »Neu lackiert auch?«, brummte ich. Aber zum Glück hörte es niemand.
    Sarah durfte als Erste aufsitzen und drehte ein paar vorsichtige Runden auf dem Sandplatz. Bruno tänzelte herum und wollte nicht recht geradeaus, was aber in einer solchen Situation absolut normal war, wie man mir erklärte.
    »Diese Viecher sind so was von sensibel, man glaubt es nicht«, sagte Bachmaier, während er ungeniert auf seine Angeberuhr sah. »Richtig zickig können die sein. Aber das gibt sich bald, Sie werden sehen.«
    Meine Mädchen jauchzten und kicherten.
    »Und? Was ist nun?« Inzwischen saß Louise im Sattel, und Bachmaier sah schon wieder auf seine Titanuhr. »Morgen früh geht’s jetzt wirklich nach China, und dann bin ich erst mal eine Woche weg. Es haben auch schon zwei andere Interessenten angerufen.«
    »Sie würden nicht vielleicht doch ein wenig im Preis …? Ich bin Beamter, müssen Sie wissen.«
    »Sie können ihn nehmen, oder Sie können es lassen. Die anderen Interessenten sind keine Beamten.«
    Bruno blieb stehen wie angefroren. Meine Töchter starrten zu mir herüber. Die Versuchung war fast übermächtig, mich großzügig zu zeigen. Gestern Abend hatte endlich meine Mutter angerufen und versprochen, fünfhundert Euro zu überweisen. Sie war froh über diese Lösung, da sie wirklich kein Talent fürs Schenken hatte. Zu Weihnachten hatten meine Töchter Kochbücher bekommen. Wunderschöne, aufwendig gebundene und sicherlich sehr teure Kochbücher voller hübscher Bilder, aber dummerweise komplett auf Portugiesisch. Ich selbst hatte zum selben Anlass ein Set von drei Krawatten erhalten: handbemalte Seide und eine hässlicher als die andere.
    Gut, Bruno schien seinen Preis wert zu sein. Gesund, kräftig, gut gewachsen. Und sogar Sattel und Zaumzeug gehörten dazu.
    Andererseits mussten die Mädchen lernen, dass Geld nicht auf Bäumen wuchs. Dass vor dem Vergnügen die Arbeit kam. Nur mal gucken, hatten wir gesagt. Und dabei musste es bleiben.
    Bachmaier verabschiedete sich achselzuckend und spuckte sein Kaugummi ins Gras. »Melden Sie sich, wenn Sie es sich überlegt haben.«
    Als wir heimfuhren, waren meine Mädchen sehr schweigsam. Und natürlich kam es später beim Abendessen zu weiteren, äußerst zähen Verhandlungen. Sie hatten inzwischen einen regelrechten Finanzierungsplan erstellt, der leider voller Löcher und Träume war. Als Erstes stach mir der Posten »Taschengelderhöhung« ins Auge.
    »Dreißig Euro im Monat?«
    Alle ihre Freundinnen bekamen min-des-tens fünfzig, wurde ich aufgeklärt. Nur sie mussten sich noch mit läppischen zwanzig zufriedengeben. Und ich könne diese Freundinnen gerne anrufen oder deren Eltern, falls ich den Freundinnen selbst nicht traute. Im Internet hatten sie sogar eine Statistik des Familienministeriums aufgestöbert, aus der ganz eindeutig hervorging, dass nur Kinder der Unterschicht, »die totalen Prolls«, sich mit einem so jämmerlichen Taschengeld zufriedengeben mussten, und überhaupt …
    »Ist ja gut, ist ja gut«, seufzte ich. »Aber das ist doch alles Kleinkram. Wo wollt ihr die fehlenden zweitausend herzaubern?«
    Am Ende wurde es ein trauriger und stiller Abend, und von Stunde zu Stunde plagte mich mein Gewissen mehr. War ich vielleicht wirklich der geizige Rabenvater, den sie in mir sahen? Der seinen armen Töchtern nicht einmal das bescheidene Vergnügen eines eigenen Pferdes gönnte? Eines halben Pferdes, um genau zu sein, da sie ja zu zweit waren?
    Erziehung kann manchmal verflucht anstrengend sein.

16
    »Er hat schon wieder angerufen«, empfing mich Sönnchen am Mittwochmorgen. »Dieser nette junge Mann aus Angola.«
    Während im Vorzimmer die Kaffeemaschine brummte, wartete ich auf die Verbindung. Diesmal dauerte es ein

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