Schwarzes Gold Roman
engster Mitarbeiter in der
Reederei Spenning & Co, ehe er überraschend kündigte und als
Geschäftsführer der CBK anfing. Alle Quellen, die Avanse aktivieren konnte,
leugnen aufs Heftigste, dass dieser karrieremäßige Abstieg etwas mit der
Personalakte dieses Mannes zu tun haben könnte. Zu Beginn dieses Jahres
übernahm er CBKs Abteilung der Devisenmakler. Dieser Mann hat eine
ausgeprägte Nase für Dollars. Man munkelt, dass die CBK rund zehn Milliarden
täglich umsetzt – in Dollar – und die Bank verdient Geld wie Heu. Sollte
Lindeman so weitermachen, muss er sich im nächsten Jahr am 17. Mai vielleicht
nicht mehr in der Schlange vordrängeln. Lindeman lebt mit seiner Frau Liv in
Bærum. Das Paar hat zwei Jungen im Teenageralter. Avanse wünscht dem Mann
alles Gute und viel Glück und erwartet gespannt, was der Supermakler
unternimmt, wenn der Dollarkurs instabil wird.
12
In einem Büro in der Handelskammer saß ein korpulenter Mann
an seinem Schreibtisch. Sein Name war Ole Gunnar Huseby. Seine äußere
Erscheinung ließ ihn älter aussehen, als er war. Sein Kopf sah aus wie ein
vom Wetter gebeutelter Baumstumpf auf einem Hügelkamm. Er hatte schmale und
leicht schräggestellte Augen, was das Gesicht fast ein wenig orientalisch
erscheinen ließ. Er war eher tonnenförmig als direkt fett. Seinen runden
Körper kleidete er ausgesprochen konservativ mit einem blauen Blazer und
dunklen Bundfaltenhosen. Die meisten, die mit Huseby zu tun hatten, waren rasch
eingenommen von seiner Freigebigkeit. Er hatte immer eine Tüte Schokobananen,
Gummibärchen oder andere Süßigkeiten dabei, die er jedem anbot, der ihm
über den Weg lief. Er liebte Kuchen und ging in jeder Mittagspause hinunter in
Halvorsens Conditori. Dort saß er dann als einziger Mann zwischen all den
schnatternden, in die Jahre gekommenen Frauen. Er musste sich keine Sorgen um
einen Platz machen, denn er gehörte zum Inventar, er grüßte alle, konnte
sich auf jeden beliebigen Stuhl setzen und war sofort am Gespräch beteiligt.
Er liebte es, mit den älteren Damen zu tratschen. Er liebte es, über Kuchen,
das Königshaus und heiße Themen, wie beispielsweise Wenche Myhres Karriere in
West-Deutschland und ihre turbulente Ehe zu diskutieren. Wenn er aber mit
jüngeren, hübschen Frauen zusammen war, wurde er still, unsicher und ein
bisschen nervös.
Er arbeitete seit einem halben Jahr bei der Handelsüberwachungsstelle, dennoch
war er nicht ganz sicher, was er eigentlich zu tun hatte, außer Belege zu
archivieren.
Ole Gunnar Husebys Vorgesetzter hatte seinen Posten seit
dreißig Jahren inne. Der Chef war dürr und hatte einen Buckel, er litt an
einem Problem mit der Magensäureregulierung und belästigte daher seine
Umgebung mit extrem schlechtem Atem. Sein Lebensmotto lautete: Alles muss so
gemacht werden wie immer.
»Die Sachbearbeitung in der Handelsüberwachung wird immer
nach folgendem Prozedere abgewickelt«, bläute er Ole Gunnar wiederholt
ein.
»Geht es um a) Immobilien, b) Fonds oder c) Aktien? Im Falle
von a) geht der Vorgang an Sachbearbeiter Tuverud. Im Falle von b) oder c) muss
geklärt werden, ob der Vorgang nach Unterpunkt a) geprüft werden muss,
sprich, es wird kontrolliert, ob die Angestellten der unterschiedlichen
Maklerfirmen de facto eine gültige Lizenz zur Ausübung ihres Berufs haben
(Das Börsengesetz ist von 1918, Huseby, da befand sich das Land nach einem
Spekulationsboom in der Krise. In den Jahren des ersten Weltkriegs saßen Hinz
und Kunz im Grand Café und spekulierten – Laufburschen und Bierlieferanten
haben Aktienanteile an norwegischen Schiffen gekauft und verkauft. Ist es da
ein Wunder, dass es mit der norwegischen Wirtschaft bergab ging?), oder aber
nach Unterpunkt b), sprich die Kontrolle der eingehenden Schlussnoten auf
regelkonforme Abstempelung. (Wenn Sie wüssten, Huseby, wie wir die Makler
wieder und wieder und wieder ermahnt haben, die Schlussnoten korrekt zu
bearbeiten. Es ist doch unmöglich, im Namen Dritter Verträge abzuschließen,
ohne einen Gedanken an den Archivierungsbeleg zu verschwenden.)«
»Immer?«, hatte Huseby in seiner Naivität gefragt.
»Immer.«
»Andere Aktivitäten sollen wir nicht kontrollieren?«
»Andere Aktivitäten?« Der Chef hatte auf die Schlussnoten
gezeigt, die sich in Kisten und alten Schuhkartons stapelten.
»Das ist die Aktivität. Und die kontrollieren wir täglich
von acht bis vier!«
Wenn der Chef richtig
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