Schwarzes Gold Roman
gestiegen. Sachs
prognostiziert weiteres Wachstum und meint, dass in Zukunft besonders der
Technologiemarkt gesteigertes Investitionsinteresse erfahren werde. Die Firma
Kapitalinvest AS wird Börsenanalysen sowie Fondsverwaltung, mit dem
Hauptaugenmerk auf Unternehmenskunden, anbieten.
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Der eigentliche Grund für Erling Sachs’ Spurwechsel wurde
nie öffentlich bekannt. Doch unter den Maklern blühten die Gerüchte.
Vebjørn bekam aus Erlings Mund nie etwas darüber zu hören.
Er war gut mit Sigval Gråtun befreundet, der seinerseits nie über die Sache
sprach – ebenso wenig wäre es Vebjørn eingefallen, ihn auszufragen. Über
solche Dinge sprach man nicht – es wäre niemandem damit geholfen gewesen,
wenn eine Betrugsgeschichte ans Licht kam. Die Bank hätte ihren Ruf
eingebüßt, die Makler hätten das ihnen entgegengebrachte Vertrauen verloren,
und der eine oder andere lästige Politiker der Arbeiterpartei oder der
sozialistischen Linken hätte angefangen, im Parlament herumzunörgeln, aber
all das wäre natürlich auch wieder vorübergegangen. Dennoch konnte man davon
ausgehen, dass solche Nörgeleien ein gewisses Aufsehen erregt hätten – was
noch schlimmer gewesen wäre, denn die Investoren hätten es sich in Zukunft
zweimal überlegt, wo sie ihr Geld anlegen, und die Banken und Maklerfirmen
hätten in der nächsten Runde die Peitsche zu spüren bekommen. An der Osloer
Börse wurde ebenso selbstverständlich an Kursdifferenzen verdient, wie man
mit peinlicher Sorgfalt darauf achtete, dass das Gerede darüber nicht nach
außen drang. Man warf sich ein schiefes, wissendes Lächeln zu. Vebjørn
schnappte folgende Version der Geschichte auf:
Ein exorbitanter Gewinn,
Sachs ist frech wie eine Filzlaus! Verdammter Draufgänger! Das Geld ist
geflossen wie Milch in den Eimer.
In der Wahrnehmung der Makler war Erling Sachs um mehrere
Stufen geklettert. Er wurde verehrt, nicht so sehr wegen des unglaublichen
Gewinns, sondern für die Art, wie er ihn eingefahren hatte. Erst hatten er und
Plesner ein paar stinkreiche Degos über den Tisch gezogen, dann waren sie an
die Luft gesetzt worden – und jetzt machten sie einfach einen eigenen Laden
auf! Erling Sachs und Terje Plesner hatten ihnen eine lange Nase gedreht. Die
beiden handelten. Die beiden stellten mit ihrer Firma etwas auf die Beine. Und
Vebjørn fiel auf, dass über die sagenumwobenen Gewinne ebenso viel geredet
wurde wie über Erling Sachs’ Arroganz, die er gegenüber dem Mann, der ihn
hatte feuern wollen, an den Tag gelegt hatte. Erling war mit einem Schlag eine
Art Roald Amundsen der Börse geworden, Sigval Gråtun blieb mit kalten Füßen
zurück.
An jenem Tag im Juli bekam Vebjørn von Gråtun den Tipp,
einmal beim Narvesen-Kiosk vorbeizuschauen und sich diese neue
Wirtschaftszeitschrift zu kaufen, die jetzt in den Regalen lag.
Selbstverständlich sagte Gråtun nichts Direktes. Aber Vebjørn war sicher,
dass dieses Blatt nicht lange überleben würde. Ein trauriger Gedanke, wenn
man über sich selbst liest. Er stand vor dem Kiosk an der Haltestelle in
Eiksmarka, den Kopf gebeugt, und bei jedem Wort, das er las, stieg das Blut und
ließ seine Wangen brennen. Als er den Artikel gelesen hatte, war er
geistesgegenwärtig genug, noch umzublättern und nachzusehen, wer für das
Geschriebene verantwortlich war. Das neue Magazin hieß
Avanse
, der
Redakteur war Dagfinn Bløgger, Volkswirt.
Magazin Avanse – Juli 1975
Die Jagd auf den Supermakler
Kennen Sie den schon? Was ist der Unterschied zwischen einem
Broker und einem Trader? Also, am 17. Mai gibt es im Theatercafé immer wieder
Herrschaften, die sich in der Schlange vordrängeln, indem sie so tun, als
gingen sie zur Toilette. Auf dem Weg nach oben gehen sie an der ganzen Schlange
vorbei und rein ins Café. Das sind die Broker. Die Trader bleiben anständig
und pflichtgemäß an ihrem Platz in der Reihe. Nun, was diese Geschichte über
die Frechheit der Makler und das sogenannte Gentlemanprofil der Trader aussagt,
wollen wir in diesem Artikel verschweigen. Den Wahrheitsgehalt dieses Witzes
können wir dennoch konstatieren, Fakt ist nämlich, dass er am 17. Mai
aufgekommen sein soll, als der charismatische Direktor alias »Supermakler«
Vebjørn Lindeman das Theatercafé betrat. Vebjørn Lindeman ist ausgebildeter
Volkswirt aus Bergen und hat Erfahrung aus der Schifffahrtsindustrie und dem
Bankgewerbe. Er war lange Zeit Georg Spennings
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