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Schwarzes Gold Roman

Schwarzes Gold Roman

Titel: Schwarzes Gold Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kjell Ola Dahl Anne Bubenzer
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guter Laune war, ging er manchmal dazu
über, von Vorgängen zu berichten, gegen die er gleich nach dem Krieg
prozessiert und gewonnen hatte. Immer waren es Zwistigkeiten, in denen es um
Autorisierung, Verfahrensfehler und Formalitätsansprüche ging.
    Huseby war der Ansicht, dass der Mann wie ein kastrierter
Kater saß, ging und sich benahm. Er übte eine eingebildete Autorität aus. Er
hatte nicht die Eier, um sein Revier zu markieren, führte sich aber dennoch so
auf. Diese schlaffe Art der Herrschaft störte Huseby nicht. Er fand es in
Ordnung, bei der Arbeit vor keine großen Herausforderungen gestellt zu werden.
Ole Gunnar Huseby schrieb nämlich Bücher. Er besserte sein bescheidenes
Sachbearbeitergehalt auf, indem er historische Romane verfasste, die zu
Kriegszeiten spielten. Sie wurden unter dem Pseudonym Roy Harris
veröffentlicht und in den Bahnhöfen und Tabakläden des Landes verkauft. Die
Titel waren:
Ein Schock für das Deutschenliebchen,
Die
Spinnenfrau im Netz der Gestapo
und
Laura, die Doppelagentin.
    Wenn er nicht mit Bücherschreiben beschäftigt war,
archivierte er Belege. Zunächst lagen die Schlussnoten im Büro, und Huseby
untersuchte jede auf korrekte Stempel. Dann kontrollierte er den Namen des
Maklers. Davon gab es nicht so viele. Huseby kannte ihre Namen recht bald. Es
waren die neuen Namen, die von Interesse waren. Wenn ein neuer Name auftauchte,
überprüfte er, ob der Betreffende die erforderliche Autorisierung hatte –
ob er also zum »System« gehörte. War der Mann nicht ordnungsgemäß beim
»System« gemeldet, schrieb er einen scharfen Brief an das betreffende
Maklerbüro und forderte die notwendigen Beweise. Hatte er alle Formalitäten
chefgerecht erledigt, brachte Huseby die Schlussnoten ins Lager – er
transportierte die Kisten mit den angesammelten Papieren auf einen großen,
staubigen Dachboden in einem Gebäude der Festung Akershus.
    Außer den Kisten mit Schlussnoten fanden in seinem Büro
noch ein Schreibtisch und ein Teewagen Platz. Auf dem Teewagen stand eine
Remington-Schreibmaschine, die unablässig klapperte und ratschte – ein Quell
endloser Heiterkeit in den anderen Büros. Für alle war es offensichtlich,
dass Ole Gunnar Huseby nur selten Korrespondenz betrieb. Und ein paar Witzbolde
meinten, dass Ole Gunnar Huseby so viel auf der Schreibmaschine schrieb, um den
Anschein von Arbeit aufrechtzuerhalten. Die desperate Zwangshandlung eines
Verzweifelten, der seine Stellung mit vorgeblicher Aktivität zu legitimieren
versuchte. Was er sich indessen an diesem Mittwoch vorgenommen hatte, war ein
weiteres Kapitel seines Romans
Die Sexfolter der Partisanen.
    Ole Gunnar war so in die Beschreibung vertieft, dass er nicht
bemerkte, wie die Tür aufging. Vor ihm stand die neu eingestellte Sekretärin
Rita mit einem großen Stapel Schlussnoten in einem Pappkarton. Sie räusperte
sich und sagte:
    »Das hier ist doch die Handelsüberwachung, oder nicht?«
    »Natürlich ist das die Handelsüberwachung. Das steht doch
an der Tür.«
    Rita lächelte höflich und hielt die Schlussnoten hoch.
»Kann ich das hierher stellen?«
    Ole Gunnar Huseby betrachtete still dieses gerade
geschnittene, von roten Locken umrahmte Gesicht. Rita trug einen eng
anliegenden lila Angorapulli und einen Minirock mit Schottenmuster.
    Sie bemerkte seinen Blick und verschwand rasch nach draußen
und in Sicherheit.
    Huseby starrte die geschlossene Tür an. Er hatte den Satz
schon im Kopf formuliert:
Melinda erhob sich, zog ihren lila Pullover und
ihren Schottenrock an. Hasserfüllt schaute sie hinunter auf den toten
Germanen. So, wie die blauen Augen mit der Kraft eines Blitzes gebrannt hatten,
so würde die Leiche des Nazis durchbohrt und verbrannt werden.
    Doch dann fiel sein Blick auf die Menge an Schlussnoten. Er
atmete tief durch und beschloss, dass Melinda sich alles noch einmal in Ruhe
und Frieden überlegen sollte. Dann machte er sich ans Kontrollieren der
Stempel. Aus irgendeinem Grund – vielleicht, weil an diesem Tag die
Konzentration auf die Schlussnoten wegen des kurzen Rocks, des Angorapullis und
der sadistischen Sexschilderungen anders ausfiel als sonst – blieben Husebys
Augen an Namen und Zahlen hängen. Er behielt das Papier in der Hand und nahm
sich die nächste Schlussnote. Er überprüfte die Zahlen, dann die
Unterschriften, dann nahm er die nächste und verglich sie mit den anderen,
dann die nächste und die nächste und die

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