Schwarzes Gold und rote Locken
eingefallen, was sie vor Jahren einmal in einem der Kurse über Wirtschaftsrecht gehört hatte. Verdammt, wo war der Band?
Angelica sah sich suchend im Zimmer um. Hinter dem Schreibtisch hingen noch weitere Regale mit Büchern ihres Vaters. War am Ende die „Einführung ins Handelsrecht" dort gelandet? Ganz obenauf lag ein dicker Wälzer, dessen Umschlag ihr vage bekannt vorkam.
Entschlossen schob Angelica ihren Stuhl in die richtige Position. Ihr Rock - lang, weit und aus grauem Wollstoff - würde sie bei ihrem Vorhaben nur behindern, also raffte sie ihn zusammen und steckte ihn auf.
Sie spähte ein letztes Mal über die Regale. Spinnweben, dachte sie erschauernd. Dann zog sie die graue Kostümjacke aus und warf sie auf den Tisch.
Der Stuhl schwankte gefährlich, als sie hinaufstieg. Angelica zögerte. Drehstühle, insbesondere die älteren Modelle, waren nicht für derartige Kletterpartien geeignet, aber wenn sie vorsichtig war ...
Langsam richtete sie sich auf und angelte nach dem Buch. Ihr Pullover rutschte nach oben und entblößte ihre Taille. Auch ihr Rock schien plötzlich ein Eigenleben zu führen und glitt ihre Schenkel hinauf. Angelica hatte jedoch keine Zeit, auf solche Kleinigkeiten zu achten. Endlich hatte sie das Gesuchte gefunden.
Aufatmend blätterte sie das Stichwortverzeichnis durch. „Verträge", las sie laut.
„Verträge, gesetzliche; Verträge, mündliche ..."
Sie schlug die angegebene Seite auf und überflog den Text. Ein Lächeln erhellte ihre Züge. Ihr morgendlicher Geistesblitz hatte sich als Volltreffer erwiesen!
Zwei Parteien konnten tatsächlich eine mündliche Vereinbarung treffen, die genauso verbindlich war wie ein schriftlicher Vertrag.
Große Staubflocken wirbelten auf, als Angelica den Band zuklappte. „Bingo, Mr.
Alleswisser Landon", flüsterte sie zufrieden. Noch immer lächelnd, reckte sie sich, um das Buch an seinen Platz zurückzustellen. „Jetzt habe ich dich ..."
„Was, zum Teufel, tun Sie da?"
Die Stimme - männlich und völlig unerwartet - schien von den Wänden widerzuhallen. Angelica zuckte zusammen, stieß einen unterdrückten Schrei aus und verlor das Gleichgewicht.
Starke Männerarme fingen sie auf. Mit klopfendem Herzen klammerte sie sich an breite, muskulöse Schultern, die sich unter einem maßgeschneiderten Jackett spannten.
Angelica nahm den schwachen Geruch von herber Seife wahr - und blickte geradewegs in Cade Landons funkelnde blaue Augen.
„Sind Sie verrückt geworden?" Sein Tonfall ließ keinen Zweifel offen, dass er weder eine Antwort erwartete noch brauchte. „Man klettert nicht auf Drehstühle, sondern sitzt darauf, Lady."
„Ich musste mir etwas von dem Regal holen. Und..."
„Und Sie haben nach dem Erstbesten gegriffen, das Ihnen in die Hände gefallen ist."
„Ich wäre doch gar nicht gestürzt, wenn Sie mich nicht so erschreckt hätten und ..."
„Sie hatten verdammtes Glück, dass ich das getan habe, sonst hätten Sie sich Ihren verrückten Hals gebrochen."
Erst jetzt wurde Angelica peinlich bewusst, wie Cade sie hielt. Er hatte ihre Taille umfasst und die Arme ausgestreckt, was bedeutete, dass sie auf ihn herabsah und ihre Brüste sich in seiner Augenhöhe befanden. Ein sonderbares Prickeln breitete sich in ihr aus.
Verlegen räusperte sie sich. „Lassen Sie mich bitte herunter."
Cade verlagerte ihr Gewicht. Sie war leichter, als er vermutet hatte - und viel weicher. Als er sie gestern geküsst hatte, war viel zuviel lästiger Tweed zwischen ihnen gewesen. Aber jetzt, dank des hochgerutschten Rocks und des viel zu kurzen Pullovers konnte er ihre zarte Haut spüren.
„Kein Wunder, dass Sie diese Firma nicht erfolgreich leiten können", erklärte er schroff. „Sie haben ja nicht mehr Verstand als ..."
„Halten Sie mir keine Vorträge!"
„Irgend jemand hätte das schon vor langer Zeit tun sollen, Lady."
„Verdammt!" Vergeblich versuchte Angelica, sich zu befreien. „Sie sind der ..." Die Worte erstarben auf ihren Lippen.
Ihre verzweifelten Bemühungen hatten lediglich zur Folge, dass sich seine Arme noch fester um sie schlossen. Sie waren nun so eng aneinandergeschmiegt wie ein Liebespaar. Jeder Zentimeter seines muskulösen Körpers verriet, dass Cade Landon ein erfahrener Liebhaber war.
Eine zarte Röte überzog Angelicas Wangen. „Lassen Sie mich herunter.','
Seine Augen funkelten amüsiert. „Was ist los, Süße?" fragte er herausfordernd. „Stört es Sie, wenn man Sie daran erinnert, dass es gewisse
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