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Schwarzes Prisma

Schwarzes Prisma

Titel: Schwarzes Prisma Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brent Weeks
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dass sie bis in alle Ewigkeit halten würde. Ihr habt eine Mauer gemacht, die ewig halten wird, und gesagt, sie werde vielleicht einige Jahre halten. Ihr könnt es nicht ertragen, etwas Minderwertiges zu schaffen, nicht wahr, Dazen?« Jemandem, der fünfundzwanzig Jahre lang Blau gewandelt hatte, musste dies einfach gefallen: Dazen war ein Perfektionist, deswegen hatte er ein perfektes Werk geschaffen – obwohl er, um seine Rolle als Gavin perfekt zu spielen, eine unvollkommene Mauer hätte wandeln müssen.
    »Nein«, sagte er leise.
    »Ich habe für Euren Bruder gekämpft. Ich habe für ihn getötet«, erklärte Samila.
    »Wir haben alle schrecklich viel getötet«, erwiderte Gavin.
    »Ich habe mich von Euch so verraten gefühlt, weil Ihr mich nach dem, was wir hatten, nicht einmal mehr zu kennen schient. Als Ihr Euer Verlöbnis mit Karris gelöst habt, war das ein Hoffnungsschimmer für mich. Nachdem ich mir schließlich alles zusammengereimt hatte, war ich mir immer noch nicht sicher. Gavin hatte uns Dinge über Euch erzählt, darüber, was Ihr tun würdet, wenn Ihr siegen solltet. Und Ihr habt diese Dinge nicht getan. War Euer Bruder die ganze Zeit über ein Lügner, oder habt Ihr Euch verändert? Ihr solltet ein Ungeheuer sein, Dazen.«
    »Ich bin ein Ungeheuer.«
    »Immer noch zungenfertig. Der rotznasige jüngere Bruder mit der schnellen Zunge. Ich meine es ernst.« Sie sah ihn lange und hart an. Sah das Befreiungsmesser an, das er nicht gezogen hatte. »Wie gut kennt Ihr Euch selbst?«
    Er dachte über die Jahre nach, über die Ziele, die er erreicht hatte, und das letzte Ziel, dem das alles diente. »Der Philosoph sagte, dass ein Mann allein entweder ein Gott oder ein Ungeheuer sei«, erklärte Gavin. »Ich bin kein Gott.«
    Sie schaute ihn noch einen Moment länger an, der Ausdruck in diesen leidenschaftlichen blauen Augen undeutbar. Sie lächelte. »Nun denn. Vielleicht erfordern die Zeiten ein Ungeheuer.« Sie kniete vor ihm nieder, und er segnete sie.

82
    Kip hatte sich einen Angriff, einen Sturmlauf, stets als etwas Glorreiches vorgestellt. Aber was immer er sich vorgestellt hatte, traf nicht zu. Er hielt mit einer Hand seine Hose hoch und hatte in der anderen die Muskete. Und die Muskete war schwer! Und alle anderen liefen schneller als er.
    Er bekam nur wenig von dem mit, was andernorts geschah. Ein Mann, der brüllte, dass die Soldaten ihn entweder Gott oder Oberfeldwebel Galan Delelo nennen könnten, lief voraus und trieb seine Männer weiter. Die Rücken der anderen Soldaten füllten den Rest von Kips Gesichtsfeld, und der Schmerz des Rennens lenkte ihn von allem anderen ab, bis auf das unaufhörliche Pfeifen, das er zuerst nicht einordnen konnte – bis er begriff, dass es das Geräusch vorbeifliegender Musketenkugeln war, und dann konnte er kaum noch an etwas anderes denken.
    Für einen Moment sah er die inneren Stadtmauern, als die Männer vor ihm in einem Graben verschwanden, bevor sie auf der anderen Seite wieder hinaufkletterten. Er erinnerte sich daran, dass er diese Mauern vor nicht einmal einer Woche mit einem Achselzucken abgetan hatte. Jetzt sahen sie ziemlich beeindruckend aus. Die Mauerflanke war mit Hütten und Baracken überzogen wie eine alte Pier mit Muscheln, und König Garaduls Männer schwärmten bereits aus, um die niedrigen Bauten als Treppen zu benutzen. Aber dafür schienen die baufälligen Buden wenig geeignet zu sein; bevor andere Dinge Kip ablenkten, sah er noch, wie eine der Hütten unter der Last der Männer schwankte und in einer Staubwolke einstürzte und die Soldaten unter sich begrub.
    Etwas Nasses, Klumpiges klatschte Kip ins Gesicht. Er drehte sich um, nahm neben sich verschwommen einen Mann wahr, der fiel – und dann war der Boden plötzlich nicht mehr da, wo er hingehörte.
    Er stürzte in den trockenen Bewässerungsgraben, rutschte auf dem Gesicht hinab, überschlug sich, rollte auf die Seite und bekam keine Luft mehr. Während er stöhnte und sich mühte, wieder zu Atem zu kommen, stellte er fest, dass er nicht allein war. Der Bewässerungsgraben war voller Männer, die sich in seinen dürftigen Schutz kauerten.
    Oberfeldwebel Galan Delelo erschien über dem Graben. »Hoch mit euch, ihr jämmerlichen Ratten! Sie haben von der Mauer aus freie Schussbahn in diesen Graben, ihr dummen Kerle! Hoch mit euch! Wenn ihr irgendetwas Geringeres seid als tot, steht auf, oder ich werde euch persönlich erschießen!«
    Eine Sekunde lang rührte sich niemand.
    »Das

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