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Schwarzes Prisma

Schwarzes Prisma

Titel: Schwarzes Prisma Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brent Weeks
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Städte überall entlang des Umber ermöglicht hatten. Aber Kanäle und Schleusen brauchten Wandler und Wartung. Ohne beides war dieses Land verwelkt, bestraft für die Sünden toter Männer.
    »Gavin, ich meine es ernst. Werden wir wirklich abstürzen?«
    »Vertrau mir«, sagte er.
    Sie öffnete den Mund, dann schloss sie ihn wieder. Er erriet, was sie nicht ausgesprochen hatte: Weil das in der Vergangenheit so gut funktioniert hat?
    »Hast du irgendetwas Zerbrechliches in deiner Tasche?«, fragte er.
    »Wie schlimm wird es werden?«, wollte sie wissen, und in ihrer Stimme lag echte Besorgnis.
    »Tut mir leid. Ich hätte erst fragen sollen, wenn es so weit ist.«
    »Moment mal, was ist das?«, fragte Karris.
    Ihrem Blick folgend schaute Gavin nach Südwesten, konnte aber nicht sehen, was ihre Neugier erregt hatte. Garriston war umgeben von ebenem und trockenem Land, aber im Westen machte es schnell einem steilen, hohen, unpassierbaren Gebirge Platz, das fast bis ans Meer reichte. Der Umber kam von der anderen Seite dieser Berge. Wenn sein Lauf ihn auf kürzestem Weg ins Meer geführt hätte – durch die Berge hindurch –, wäre der Fluss nur zehn Wegstrecken lang gewesen. Stattdessen musste er nach Osten fließen, nach Garriston, durch das Küstengebirge vom Meer getrennt, beinahe hundertfünfzig Wegstrecken von der Quelle bis zur Mündung.
    »Dort«, sagte Karris und streckte die Hand aus. »Rauch.«
    Gavin war sich nicht sicher, ob der schwarze Rauchfaden mehr war als Karris’ – und jetzt seine – Einbildung. Wenn es ihn denn wirklich gab, kam er von jenseits des Gebirges und war für sie ohne Bedeutung. Gavin öffnete gerade den Mund, um Karris das zu sagen, als der Kondor über einen der Vorhügel des Gebirges glitt. Ein mächtiger Aufwind katapultierte sie höher in die Luft hinauf.
    Es raubte Gavin den Atem. Er hatte mit dem Kondor bisher nur über Wasser experimentiert. Er hatte nicht einmal darüber nachgedacht, wie der Boden, über den er hinwegglitt, die Luft darüber beeinflussen würde. Jetzt, da er es erlebt hatte, machte es Sinn. Warum sonst kreisten Raubvögel so häufig an denselben Stellen? Gavin hatte vermutet, dass es gute Jagdgründe waren. Jetzt wusste er es. Aufwinde.
    »Können wir es über die Berge schaffen?«, fragte Karris.
    Aus dieser neuen Höhe – Gavin schaute hinab, schluckte und richtete den Blick sofort wieder auf den Horizont – war er davon überzeugt, dass das, was sie gesehen hatten, Rauch war. Und wenn Rauch aus dieser Entfernung sichtbar war, konnte das nur eins von zwei Dingen bedeuten.
    Lass es ein Waldbrand sein. Bitte, Orholam.
    »Wir können. Aber wenn wir das tun, wirst du den Mann nicht treffen, der dich in Garaduls Armee bringen sollte. Und ohne das Meer bekomme ich den Kondor nicht wieder in die Luft. Ich werde den ganzen Weg flussabwärts rudern müssen.«
    »Gavin, wenn ich so viel Rauch sehe, denke ich: roter Wicht. Eine ›Fackel‹ brennt dort vielleicht eine ganze Stadt nieder. Du bist auf dem Weg, um einen Farbwicht in der Nähe von Ru aufzuhalten? Diese Leute sind nicht weniger wert als die Leute von Ru. Tatsächlich gibt es in Ru eine Menge Wandler, die sich gegen den blauen Wicht zusammentun könnten. Diese Leute haben niemanden.«
    Vor seinem inneren Auge verglich Gavin das Land unter ihm mit den Karten von Tyrea, die er kannte. Es war überraschend einfach, da er der Perspektive, aus der die meisten Karten gezeichnet wurden, näher war, als ihr die meisten Menschen jemals kamen. Er schaute zu den Bergen hinüber zu dem Fast-Pass, über den man sie überqueren konnte, und zu dem aufsteigenden Rauch. Ein Gedanke traf ihn mit größerer Wucht als bloßer Intuition. Er war nicht versehentlich hier. Es war kein Zufall, dass er an den einen Ort glitt, wo er dieses Feuer sehen konnte, oder dass er Karris bei sich hatte. Dies war kein Waldbrand. Es war auch kein roter Wicht.
    Das Feuer stieg über Rekton auf. Rekton war vor dem Krieg eine wunderschöne Stadt gewesen. Es war die Stadt, in der Gavins »Sohn« war. Gavin wusste es, obwohl sie so weit entfernt waren, dass er es unmöglich wissen konnte. Wenn Orholam tatsächlich existierte, war dies die Art von Strafe, die er für Gavin ersinnen würde. Oder es war eine Prüfung.
    Was immer es war, es war eine Entscheidung.
    Noch fünf Jahre und noch fünf große Ziele zu erreichen. Und eins davon war tatsächlich überaus selbstlos: Garriston zu befreien, das seinetwegen zerstört worden war. Das noch

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