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Schwarzes Prisma

Schwarzes Prisma

Titel: Schwarzes Prisma Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brent Weeks
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Problem gelöst. Es war jedoch keine Verbrennung. Wenn Leichen einzeln statt in Stapeln verbrannt wurden, blieben die Knochen übrig. Wenn der Wandler nicht gründlich war, würden gewisse Körperteile nicht zur Gänze auf die Knochen reduziert werden. In Brustkörben und Schädeln blieb am Ende rauchendes Fleisch zurück – gut genug für die Anforderungen des Krieges, wenn man die Leichen seiner Gegner entsorgen musste, um sich ausbreitende Krankheiten zu vermeiden, aber niemals gut genug für die eigenen Landsleute.
    König Garadul hatte in diesem Krieg nicht gekämpft, aber er ahmte dessen schlimmste Praktiken nach – an seinem eigenen Volk.
    Wie sie vermutet hatte, führte die zeigende Hand der ersten Leiche Karris zu weiteren Toten. Zuerst waren sie weit voneinander entfernt, dann fand sie alle dreißig Schritte eine Leiche, alle zwanzig Schritte, alle zehn Schritte. Alle waren enthauptet. Dann säumten die Leichen die Ränder der Hauptstraße in ununterbrochener Linie, vorbei an rauchenden, eingestürzten Häusern und Läden. Die ordentlich verlegten Pflastersteine waren von der Hitze geborsten. Über die Pflastersteine zogen sich Spuren. Zuerst konnte sie nicht erkennen, worum es sich handelte, aber als sie näher kam, wurde es offensichtlich: Es waren Schleifspuren, Streifen von getrocknetem Blut, die vielleicht einen Tag alt waren und daher rührten, dass jemand die enthaupteten Leichen vom Marktplatz weggeschleppt hatte.
    Sie hielt inmitten von Rauch und Blut inne, bevor sie die Ecke umrundete, die sie auf den Marktplatz der Stadt führen würde. Sie zog das Kurzschwert, setzte ihre Brille jedoch nicht auf. Wenn es eine Falle gab, würde sie hier sein, aber es gab hier genug Rot und Hitze, um mit Magie zu kämpfen, sollte es notwendig werden. Selbst wenn sie keine direkte Infiltration plante, war es nicht notwendig zu verraten, dass sie eine Wandlerin war, wenn es sich vermeiden ließ. Wenn der Augenblick kam, würde sie es mit Feuer verraten.
    Karris umrundete die Ecke.
    Lieber Orholam.
    Sie hatten die Köpfe nicht eingeschmolzen. Sie hatten sie mit einer blauen und gelben Luxin-Glasur konserviert und mitten auf dem Marktplatz übereinandergestapelt. Die Augen starrend, die Gesichter verwüstet, Blut, das wie eine Champagnerpyramide beim Ball der Luxlords von oben nach unten floss. Karris hatte aufgrund all der enthaupteten Leichen halb mit etwas Derartigem gerechnet, aber mit etwas zu rechnen, war nicht dasselbe, wie es zu sehen. Ihr Magen rebellierte. Sie drehte sich um, presste die Zähne aufeinander und blinzelte hektisch, als könnten ihre Lider die Gräuel von ihren Augen kratzen. Sie betrachtete den Rest des Marktplatzes, um ihrem Magen Zeit zu geben, sich zu beruhigen.
    Wenn Gavin dies gesehen hätte, hätte er König Garadul getötet. Mitleidlos wie das Meer, gerecht wie Orholam, hätte er jedes einzelne dieser Ungeheuer gejagt und zur Strecke gebracht. Was immer er während des Krieges und zuvor getan hatte – was immer er ihr angetan hatte –, seit dem Krieg des Falschen Prismas hatte Gavin die Sieben Satrapien bereist und für Gerechtigkeit gesorgt. Zweimal hatte er ilytanische Piratenflotten versenkt, er hatte den Banditenkönig der Blauäugigen Dämonen getötet, Frieden gebracht, als zwischen Ruthgar und dem Blutwald erneut Krieg ausgebrochen war, und den Schlächter von Ru der Gerechtigkeit zugeführt. Abgesehen von den Tyreanern liebten die Menschen ihn. Und er hätte hier selbst für Tyreaner mächtige Rache geübt. Er hätte dies nicht hingenommen.
    Die meisten Gebäude waren Schutthaufen und rauchten in dem Grau, das der Morgendämmerung voranging. Hier und da stand noch eine einzelne Mauer, versengt und geschwärzt und getrennt von ihren gefallenen Brüdern. Die Residenz der Alkaldesa war ein Totalverlust. Die Soldaten hatten es dem Erdboden gleichgemacht; kein Stein stand mehr auf dem anderen.
    Aber der Marktplatz selbst war tadellos sauber. Man hatte jedwede verbrannten Trümmer entweder in die hierherführenden Straßen geschoben oder direkt in den Fluss geschaufelt, dessen Kanal im Westen an den Marktplatz grenzte. König Garadul hatte nicht gewollt, dass irgendetwas einen Besucher von seiner schauerlichen Trophäe ablenkte. Karris wappnete sich und betrachtete noch einmal die Pyramide aus menschlichen Köpfen. Alle Schleifspuren, alle blutigen Fährten führten hierher. Die Leichen – Karris hoffte, dass sie alle bereits Leichen gewesen waren, als sie hierherkamen –

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