Schwarzes Prisma
wie das letzte Boot des Prismas. Und es war kleiner. Kip drehte sich der Magen um.
»Hauptmann?«, fragte einer der Männer. »Seid Ihr Euch sicher? Ich würde nicht einmal mit erfahrenen Seeleuten dort hinauswollen. Vor allem wenn Ihr die lange Route nehmt.«
Kip sah den Blick nicht, den die Männer tauschten, aber er hörte den Soldaten anschließend schnell sagen: »Ja, Herr.«
Die Kanoneninsel lag mitten in der Strömung, die zwischen Kleinjasper und Großjasper ging. Die Bucht von Kleinjasper war ruhig und geschützt von einem Seedeich, aber Kip und Eisenfaust würden in die entgegengesetzte Richtung segeln, um drei Viertel von Großjasper zu umrunden, bis sie in dessen Bucht gelangten.
»Fahren wir nicht zur Chromeria?«, fragte Kip. Er konnte die Dächer von farbigen Türmen sehen, nur teilweise sichtbar über dem felsigen Leib der Kanoneninsel. »Warum können wir nicht dort in die Bucht fahren? Die ist näher.«
»Weil wir nicht auf direktem Weg dort hinfahren werden«, antwortete Eisenfaust. Er bedeutete Kip einzusteigen und reichte ihm einen Riemen.
Die Männer stießen sie vom Ufer ab, und Eisenfaust begann mit Macht zu rudern. Kip tat sein Bestes, um mit dem massigen Mann mitzuhalten, aber fast sofort begannen sie sich auf Kips Seite zu drehen. Eisenfaust sagte nichts; er wechselte lediglich die Seiten und ruderte auf Kips Seite einige Male mit harten Schlägen, bis sie gerade liefen, dann kehrte er auf seine eigene Seite zurück. Kip saß das Herz in der Kehle. Aus einem Meter hohen Wellen wurden anderthalb und zwei Meter hohe Wellen.
Und dann setzte Eisenfaust ihr kleines Segel, aber nur auf ein Drittel der Masthöhe. »Das hält uns gerade«, blaffte er, während er sich an verschiedenen Leinen zu schaffen machte. Kip fühlte sich wie ein kopfloses Huhn, während er unbeholfen von einer Seite des Bootes auf die andere torkelte. Sie fuhren eine Welle nach der anderen hinauf und schossen auf der anderen Seite in das nächste Wellental hinab.
»Runter! Runter mit dir!«, rief Eisenfaust. Kip ließ sich gerade in dem Moment fallen, als der Wind drehte, das Segel von einer Seite des Bootes auf die andere schwang und der Baum über seinen Kopf hinwegschoss. Er klatschte so hart gegen die Seile, dass Kip dachte, er würde sie herausreißen oder zerbrechen. Orholam, das hätte mein Kopf sein können.
Das Boot legte sich stark zur Seite und schoss vorwärts. Kip hatte sich kaum wieder auf die Knie hochgerappelt, und die plötzliche Bewegung nach vorn ließ ihn rückwärts fallen, so dass er in das kalte, schmutzige Wasser auf dem Boden des Dingis klatschte.
»Das Ruder! Nimm das Ruder!«, befahl Eisenfaust.
Kip packte die Ruderpinne und hielt sie für einen langen Augenblick gerade, obwohl das Boot jetzt zu stark abgefallen war – die Wellen kamen fast von der Seite. Er blinzelte sich Meerwasser aus den Augen. Legt man die Ruderpinne auf diese Seite, dann dreht das Boot zur anderen Seite hin …
Ein Teil der nächsten Welle schwappte über die Dollborde, während Kip die Pinne kräftig nach backbord zog. Ein harter Windstoß drückte das Boot noch tiefer ins Wasser, dann schossen sie ruckartig in die Höhe, als sie dem mörderischen Griff der Welle entkamen.
Kip stieß einen Freudenschrei aus, als sie nach vorn schossen, die Wellen ritten und sich jetzt bisweilen hindurchpflügten, statt ihnen lediglich auf Gedeih und Verderb ausgeliefert zu sein. Doch Eisenfaust teilte seine Freude nicht. Er schaute zum Himmel empor. Er zog die Segel noch ein wenig höher, und das Dingi wurde noch schneller und neigte sich so hart auf backbord, dass Kip dachte, sie würden kentern.
Als sie die Westseite von Großjasper erreichten, konnten sie vor dem Wind laufen. Es war wie fliegen.
Eisenfaust blickte immer wieder nach Süden, aber die dunklen Wolken dort schienen sich aufzulösen, statt sich zusammenzuballen, und als sie den Windschatten von Großjasper erreichten, konnte Kip an Eisenfausts Benehmen ablesen, dass sie außer Gefahr waren.
»Wir wollen zu einem kleinen Dock; fahr geradeaus«, wies Eisenfaust ihn an und zog das Segel ganz hoch.
Also lenkte Kip das Boot an Galeeren und Galeassen vorbei, an Korvetten, die mit einer einzigen, drehbar aufgestellten Kanone ausgerüstet waren, und an Galeonen mit fünfzehn Kanonen auf jeder Seite. Sie blieben ziemlich weit draußen, so dass sie weder dem ständigen Verkehr von ein- und auslaufenden Schiffen in die Quere kamen noch den zahlreichen Beibooten, mit
Weitere Kostenlose Bücher