Schwarzes Verlangen
mit Menschen gesprochen, und das nur, um die Männer zu bitten, sie mit ihren Autos zu überfahren.
Beide Männer hatten sie angesehen, als wäre sie wahnsinnig.
Vielleicht war sie das ja auch.
Alles, was sie wusste, war, dass der Tod – auf welche Art auch immer – einem Leben mit ihrer Familie vorzuziehen war. Die Schmerzen und das Leid, die SyndasStrafen mit sich brachten, waren schlimm, aber die Qual, nicht zu wissen, was ihr als Nächstes bevorstünde, war um ein Vielfaches schlimmer.
Ihr eigener Vater hasste sie, schmähte sie bei jeder Gelegenheit. Jahrhundertelang hatte sie sich einfach nur gewünscht, jemand würde sie lieben. Einen Wert in ihr erkennen.
Natürlich gab es da noch Leopold. Ihr eigener Halbbruder wollte sie als Bettgespielin, und er würde nicht nachgeben, bis er sie so weit hatte.
Jeder Tag war für sie eine neue Strapaze. Josephina erwachte und fühlte sich, als stünde sie auf der Spitze eines Bergs, laut um Hilfe schreiend, doch niemand scherte sich genug um sie, um zuzuhören. Und wenn der Tag zu Ende ging, waren ihre Nerven regelmäßig so zerfleddert, dass sie Angst hatte, sie würde zusammenbrechen.
Es war zu viel. Sie war müde, so unfassbar müde. Wie sehr sehnte sie sich nach einem Ende. Brauchte ein Ende. Endlich.
Tragischerweise konnte sie sich nicht selbst töten – und wie morbide war es bitte, so etwas überhaupt zu denken? Andere Fae konnten ihr Leben eigenhändig beenden, doch nicht Josephina. Wenn sie sich absichtlich verletzte, bedeutete das nur, dass sie diese Verletzung, so schwer sie auch sein mochte, über Wochen, manchmal Monate hinweg ertragen musste. Mit der Zeit heilte sie. Selbst von einer Enthauptung würde sie sich erholen. Oh ja, ihr Körper würde nachwachsen. Dafür hatte ihr Vater gesorgt, indem er eine Fähigkeit benutzt hatte, die sie nur zu gern gestohlen hätte – doch das konnte sie nicht. Seine Leibgarde bewachte ihn zu gewissenhaft.
Etwas Hartes traf sie am Rücken und warf sie zu Boden. Mit einem lauten Krachen landete sie auf der mit Zweigen übersäten Erde, und sämtliche Luft wich ihr aus den Lungen. Während sie noch nach Atem rang, wurde sie auf den Rücken gedreht. Panik überwältigte sie, erfüllte sie mit Hitze und Eiseskälte zugleich. Winzige schwarze Punkte bedeckten ihr Sichtfeld, doch es gelang ihr, die Silhouette eines Mannes zu erkennen, die über ihr aufragte.
„Josephina“, presste er hervor.
Kane. Sie erkannte die tiefe, raue Tonlage seiner Stimme, und die Panik verblasste. „Du Arschloch! Bloß, weil du ein Star bist, heißt das nicht, dass du dich derart benehmen darfst. Ein simples ‚Halt’ hätte gereicht.“
„Ich hab ‚Halt’ gerufen. Du hast mich bloß ignoriert.“ Er nahm sein Gewicht von ihrem Körper, sodass sie sich in eine sitzende Position aufrichten konnte. Hastig sog sie so viel Sauerstoff ein, wie sie nur konnte, und endlich wurde ihr Blick wieder klar.
Der Krieger hockte vor ihr, und Flecken von Mondlicht tanzten über seine Gestalt. Sein Haar war zerzaust, aber das spielte kaum eine Rolle. Auf den flachsblonden Strähnen lag ein Schimmer wie von Sternenstaub, der sie an die prachtvollen Goldfäden erinnerte, die sich nur die Opulen – Angehörige der Fae-Oberschicht – leisten konnten. Die dunkleren Strähnen verschmolzen mit der Nacht. Aus roten Augen beobachtete er sie angespannt, wütend … mit dem winzigen Hauch eines Knisterns?
„Deine Augen“, murmelte sie und war sich nicht sicher, ob es ein Schauer des Entsetzens oder der Begierde war, der sie überlief. Diese blutrote Farbe erkannte sie wieder, hatte sie unzählige Male aus Syndas Augen leuchten sehen. Doch bei der Prinzessin war ihr Puls nie so wild ins Flattern geraten.
Er wandte den Blick ab, als schämte er sich. „Sie sind rot. Ich weiß.“
Armer Kane. „Was ist passiert?“ Wodurch war der Dämon so stark geworden?
Ohne nachzudenken, streckte sie den Arm aus, um mit den behandschuhten Fingern über die Haut unter seinen Augen zu streichen. Augenblicklich fokussierte erdie Bewegung und versteifte sich, rief ihr damit seine Abneigung gegenüber Berührungen ins Gedächtnis. Die Wut in seinem Blick wurde stärker, doch er wich nicht zurück, wie er es bei Sabin getan hatte.
„Ist das okay?“, wisperte sie.
Steif nickte er.
Sie schluckte und führte die Bewegung zu Ende.
Sobald sie ihn berührte, weiteten sich seine Pupillen und verschlangen so die Farbe der Iris. Selbst das Rot. Sein Atem veränderte sich,
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