Schwarzes Verlangen
ihren Freundinnen, die ebenfalls nach Luft schnappten. Ein Augenpaar nach dem anderen war plötzlich auf sie gerichtet.
Josephina schritt voran, Kane direkt hinter ihr; vor ihr teilte sich die Menge, machte den Weg frei. Schon bald war die königliche Familie zu sehen, alle vier auf ihren Thronen sitzend.
Als Leopold sie entdeckte, erhob er sich. Synda winkte und lächelte, als hätte Josephina ihr nie die Hochzeit ruiniert. Die Königin blickte finster drein.
„Soso“, meinte der König und rieb sich den Kiefer. „Du bist zurück.“ Er ließ den Blick zu Kane wandern und war plötzlich von Befriedigung erfüllt. „Seid Ihr sie schon leid?“
Kane schlang den Arm um sie und küsste sie auf die Schläfe. „Ich werde sie niemals leid sein. Sie gehört mir. Ich habe sie einmal auserwählt, und ich wähle sie auch jetzt. Genau wie ich sie morgen wählen werde und auch jeden Tag danach.“
Gütiger Himmel. Niemand hatte je … Er hatte gerade gesagt …
Ein Raunen ging durch die Menge. Josephina drehte sich im Kreis, begegnete den verblüfften Blicken der Fae. Diese Leute hatten sie ignoriert, hatten nie anders als abfällig mit ihr gesprochen und immer wieder über ihre Pein gelacht. Niemand hatte ihr je Hilfe angeboten. Und jetzt sah sie den puren Neid in ihren Augen.
In einem einzigen Augenblick hatte Kane all die Jahre der Zurückweisung ungeschehen gemacht. Er hatte der Frau einen Wert verliehen, die niemand gewollt hatte. Dieser Mann … Er war keine Katastrophe. Er war ein Retter.
Und er gehört mir.
König Tiberius runzelte die Stirn. „Warum seid Ihr dann hier, Lord Kane?“
Tu es. Mach dem ein Ende. „Er hat gehört, dass Ihr auf der Suche nach mir seid, mich holen wollt“, erklärte Josephina. „Ich habe beschlossen, Euch die Mühen zu ersparen und das Ganze ein für alle Mal zu klären.“
„Du willst die Dinge klären?“ Der König richtete sich auf und deutete auf den Boden zu seinen Füßen. „Dann knie vor mir nieder. Entschuldige dich für die Zerstörung meiner Gärten, und akzeptiere deine Strafe, wenn sie verkündet wird.“
„Und was genau habe ich falsch gemacht?“, fragte sie und hob das Kinn.
Es entstand eine Pause. Dann sagte er: „Genau wie deine Mutter … alles.“
Lodernder Zorn verbrannte jeden Zweifel, den sie hinsichtlich ihrer Pläne verspürt haben mochte, zu Asche. Erschlug jede Traurigkeit, erwürgte jedes Schuldgefühl.
Doch dann traf sie die Erkenntnis. Er gab ihr die Schuld am Niedergang und Tod ihrer Mutter, und das hatte er von Anfang an getan. Würde es immer tun.
Hatte er die Frau womöglich wahrhaftig geliebt , auf seine eigene, verdrehte Weise?
„Ich würde gern zu Euch kommen, ja.“ Sie zog die Augenbrauen zusammen und trat weg von Kane, und es kostete sie jedes bisschen ihrer neuen, überwältigenden Kraft, ihm nicht mit den Fingern durchs Haar zu streichen, um eine letzte Berührung zu genießen, bevor Séduire sich für immer veränderte. Bevor sie sich veränderte.
Die Wachen vor der Estrade wichen zur Seite, um sie vor den König zu lassen. Direkt vor seinem Thron beugte sie den Kopf, gab ein Musterbild der Unterwürfigkeit ab. „Majestät“, sagte sie und knickste.
„Tiefer.“
Grausam riss der Befehl an jenem Zipfel ihres Herzens, der gehofft hatte, sie würde endlich, zu guter Letzt, vor seinen Augen Gnade finden.
„Wie wäre es stattdessen hiermit?“ Bevor er auch nur blinzeln konnte, packte sie ihn bei der Kehle, hob ihn aus seinem Thron empor, überraschte ihn vollkommen – und zerquetschte ihm die Luftröhre mit ihren bloßen Fingern. „ Du wirst vor mir knien.“
33. KAPITEL
Im Reich der Blutigen Schatten
Rasend vor Verzweiflung tigerte Torin neben seinem Bett auf und ab. Vor wenigen Minuten war Mari erschienen – nur um zusammenzubrechen. Sie war krank. So schrecklich krank.
Und er war dafür verantwortlich.
Niemals hätte er sie berühren sollen, nie zulassen sollen, dass sie seine bloße Hand schüttelte.
Er machte sich solche Sorgen um sie, dass er kaum wusste, wo ihm der Kopf stand. Hilflos lag sie auf dem Bett und hustete zum tausendsten Mal. Blut rann ihr aus den Mundwinkeln.
Unter Torins Sorge mischte sich brennende Wut, und auf der verzweifelten Suchenach einem Ventil schlug er mit der Faust ein Loch in die Wand. „Warum hast du mir nicht gesagt, dass ich dich mit meiner Berührung krank machen könnte?“
„Ich … musste sterben.“
„Du musstest sterben?“ Aufgebracht trat er an ihre Seite.
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