Schwarzes Verlangen
„Und du dachtest, es wäre okay für mich, wenn ich die Waffe bin, die dafür verantwortlich ist?“ Wie sollte er mit dem Wissen leben, dass er schon wieder eine Unschuldige umgebracht hatte?
„Keine … Sorge. Keine Seuche. Nur ich. Fasse nie … jemand anderen an.“
Oh, er wusste nur zu gut, dass sie niemals woandershin durfte als in ihre Gefängniszelle und sein Schlafzimmer, doch das machte es in keinster Weise besser. Er marschierte zur Tür, um abzuschließen, damit niemand von seinen Freunden hereinplatzen könnte, egal aus welchem Grund. „Du hättest es mir trotzdem sagen sollen“, krächzte er. „Es hätte meine Entscheidung sein sollen.“
„Tut mir … leid. Wollte nicht … sterben. Hab mich … gewehrt. Aber … keine andere … Chance. Cronus hat … gesagt … Freundin … kommt frei.“
Cronus hatte ebenfalls behauptet, die Frau, die er Torin schicken würde, könnte nicht krank werden. Offensichtlich hatte Cronus gelogen. „Der König der Titanen ist tot. Deine Freundin wird nicht freikommen.“
„Schwüre gelten … selbst über … den Tod hinaus.“
Und leider war Torin nicht schlau genug gewesen, einen Schwur einzufordern, nicht wahr?
Sie hustete fast ununterbrochen. Ein abgehackter Husten, der ihren gesamten Leib durchschüttelte. „Sobald ich sterbe … ist sie frei.“
Mari hatte für ihre Freundin ihr Leben gegeben. Diesen Wunsch konnte er nachvollziehen. Wirklich. Doch das machte es nicht leichter. Wieder kehrte er an ihre Seite zurück und blickte auf sie hinab. Ihre Haut war geisterhaft weiß, bläulich schimmerten ihre Venen durch. Unter den Augen hatte sie tiefe Schatten, und ihre Lippen waren aufgerissen und zerbissen. Als sie das letzte Mal bei ihm gewesen war, hatte sie noch gesund und munter ausgesehen. Jetzt, vierundzwanzig Stunden später, ging es ihr so .
Der Tod klopfte bereits an ihrer Tür. Vielleicht würde sie ihm heute öffnen. Vielleicht morgen. So oder so, sie würde ihm die Tür öffnen. Für sie gab es keine Rettung.
Nein, dachte er dann. Nein. Er musste es versuchen. Irgendetwas. Was es auch sein mochte. Bei seinen Versuchen, Cameo und Viola zu helfen, war er bislang gescheitert, doch dieser Frau konnte er helfen.
Im Bad befeuchtete er einen Waschlappen mit kaltem Wasser. Dann eilte er wieder an die Seite des Mädchens. Seine Hände steckten immer noch in Handschuhen, also zögerte er nicht, den Lappen auf ihre Stirn zu legen. Noch nie hatte er einen Menschen zweimal berührt, und er war sich nicht sicher, was mit Mari passieren würde, sollte seine Haut ein zweites Mal die ihre berühren. Würde ihre Krankheit noch schneller fortschreiten? Wahrscheinlich.
An seinem Computer druckte er eine Liste aus, die er vor Kurzem erstellt hatte. Eine mit all den Medikamenten, die Menschen helfen könnten, sollte seine Seuche je um sich greifen. Dann rief er Lucien an. „Beam dich in die Staaten, in eine Apotheke. Ich brauche ein paar Sachen.“ Abgehackt ratterte er die Namen herunter.
„Ich werde Anya jetzt nicht allein lassen, Torin. Sie braucht mich im Moment.“
„Ich richte eine Kamera auf sie aus. Ich sorge dafür, dass sich ihr niemand nähert, das schwöre ich dir. Tu einfach bloß, worum ich dich gebeten habe. Bitte.“ Ohne ein weiteres Wort legte Torin auf und stopfte sich das Handy in die Hosentasche. Dann sah er wieder zu dem Mädchen hinunter. „Und jetzt hörst du mir mal gut zu. Du wirst dich gegen diese Krankheit wehren. Du wirst nicht aufgeben und zulassen, dass dustirbst. Gut, du willst deine Freundin da rausholen, aber es gibt noch einen anderen Weg. Ich hab dir doch von Sienna erzählt. Tja, erst heute Morgen ist sie hier in der Festung eingetroffen. Gib ihr eine Chance.“
Tränen strömten aus Maris Augen und rannen über ihr Gesicht.
„Bitte“, setzte er nach.
Fast unmerklich nickte sie. Aber ein Nicken war ein Nicken.
„Es hat schon Leute gegeben, die das überlebt haben.“ Nicht viele, aber ein paar. Allerdings niemand, der direkt mit ihm in Kontakt gekommen war. „Du kannst das auch.“ Sie musste. Sein Herz könnte einen weiteren Tod nicht ertragen.
An der Tür war ein Klopfen zu vernehmen.
„Stell das Zeug ab und verschwinde“, rief Torin – er wusste, dass es Lucien war, der vor der Tür stand.
„Was ist denn los?“, wollte der Krieger wissen.
„Du musst mir einfach … vertrauen“, antwortete er, während Mari wieder hustete.
Angespanntes Schweigen drang durch die Tür.
„Reyes hat mir von dem
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