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Schwarzfeuer: Roman (German Edition)

Schwarzfeuer: Roman (German Edition)

Titel: Schwarzfeuer: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Liane Merciel
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gesegnet zu sein. Aber da waren sie, sie brannten hell und flüchtig in seinem Geist und verschwanden gleich nach Gebrauch wie ausgeblasene Flammen.
    Woran er sich erinnern konnte – als Einziges, nachdem das Blut kalt und der Kreidestaub weggefegt war –, war das Gefühl des Friedens, das ihn überkam.
    Es war, als sei in seiner Seele ein Fieber erloschen. Die Kopfschmerzen, das Delirium, der Nebel von Erschöpfung und Schmerz, der seine Gedanken umwölkt und jede Bewegung zur Qual gemacht hatte – all das verschwand mit dem Ende des Rituals.
    Corban holte mächtig Atem und konnte kaum glauben, wie leicht er sich fühlte. Er sprang in die Luft, einfach nur aus Freude an der Bewegung, und lachte ungläubig, als er auf dem Boden aufkam. Nichts tat weh. Er war schwächer, ja, und ein wenig benommen von dem langen Fasten, aber das schwarze Miasma war verschwunden, und im Kopf fühlte er sich frei. Er hatte vergessen, wie befreiend es war, ganz zu sein.
    Gethel hatte recht. Der Fluch von Duradh Mal ließ sich beherrschen. Benommen von seiner Entdeckung führte Corban die gelbe Hündin vom Steg herab. Das Tier folgte ihm unsicher, schwer atmend und mit gesenktem Kopf. Blut und schwarzer Grieß tropfte ihr von den Flanken. Er konnte sich nicht erinnern, warum der Grieß da war.
    Gegenüber der Leiter in seinem Keller hatte der Apotheker eine kleine Höhle ausgehoben und mit Ziegelsteinen verkleidet, um dort geschmuggelte Waren zu lagern. Corban hatte aus Seil und Brettern ein Tor gefertigt und über den Eingang gelegt. Er schob das Tier hinein und schloss das Tor, während die Hündin die spiralförmigen Wunden an ihren Seiten leckte. Anschließend kam ihm noch die Idee, einen toten Fisch hineinzuwerfen, den er im Wasser hatte treiben sehen. Gethel hatte angedeutet, dass etwas Schwerwiegendes geschehen würde, wenn er sein Opfer sterben ließe, nachdem er das Gift aus sich herausgezogen hatte, und Corban wollte nicht ausprobieren, ob der Mann recht hatte.
    Gethel.
    Er brauchte das Tor des Gelehrten. Oh, es sah entsetzlich aus … aber hinsichtlich des Rituals hatte Gethel recht gehabt, ebenso wie hinsichtlich des Schwarzfeuersteins. Er hatte in allem recht gehabt. Und er war zu weit entfernt, viel zu weit. Das Tor würde ihn näher bringen, ihn und all seine Weisheit.
    Corban hatte den Beutel mit Knochen zwischen den Schwarzfeuerkisten auf dem Steg liegen lassen. Er ging zurück und hob ihn sich auf die Schulter. Er wog fast nichts. Die Hündin jaulte und scharrte hinter ihrem improvisierten Tor, als er vorbeiging, aber die Bretter hielten.
    Hinter der Leiter befand sich ein schmaler Raum mit einer Rückwand aus schief stehenden Ziegelsteinen. Corban passte so gerade eben hinein, wenn er sich bückte und unter die verrosteten Sprossen zwängte. Die Wand war fleckig und hässlich, achtlos errichtet von einem Dutzend Hände, die im Laufe der Jahre Rattenlöcher versiegelt und herausgefallene Ziegelsteine ersetzt hatten. Es gab keinen Zoll Wand, der nicht krumm und uneben gewesen wäre … aber sie war genügend gerade, um das Tor aus Knochen zu halten.
    Corban tastete in dem engen Raum mit einem Arm in dem Sack umher. Er konnte kaum erkennen, was er tat; der Winkel war schlecht, und zum Drehen des Kopfs war nicht genügend Platz. Da konnte ihm seine Fantasie leicht Streiche spielen. Die schwarzen Äderchen in den kleinen Knochen schienen sich zu verlagern und auszubreiten. Anscheinend reagierten sie auf etwas in der feuchten Dunkelheit. Die anderen Knochen in dem Sack klapperten. Es hörte sich fast wie absichtlich an, beinahe wie lebendig … und das versetzte Corban in Panik.
    Er drückte die Knochen blindlings gegen die Ziegelsteine über sich. So die Götter es wollten, würde er sich in eine Ritze schmiegen und halten.
    Die Knochenfinger spreizten sich und gruben sich in den verfaulenden Mörtel, verankerten sich in den Ritzen. Als Corban noch die Skeletthand anstarrte, die wie eine bleiche Spinne aus einem Albtraum von der Wand herabhing, huschte schon die nächste Hand aus dem Beutel. Sie sprang zur Wand, kletterte über die Ziegelsteine und richtete sich zu der ersten aus.
    Ein weiterer volständiger Arm folgte, und dann noch einer. Schneller, als er zu fassen vermochte, hüpften die Knochen aus dem Beutel. Bald stand Corban mit heruntergeklapptem Unterkiefer vor den Umrissen eines Tores aus belebten Knochen. Der Sack baumelte leer in seiner Hand. Der Raum unter den Stufen war so eng, dass die Knöchel einer

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