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Schwarzfeuer: Roman (German Edition)

Schwarzfeuer: Roman (German Edition)

Titel: Schwarzfeuer: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Liane Merciel
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verärgert, aber in diesem Augenblick war Bitharn dankbar um den unbeholfenen Trost des Bauern. Er meinte es gut, und ohne ihn hätte sie ihre Schutzbefohlenen niemals nach Cailan bringen können.
    Nachdem Kelland ihn geheilt hatte, war Malentir durch die Schatten zurück nach Cailan oder Ang’arta gewandelt – oder wohin auch immer – und hatte Bitharn sozusagen im Wald alleingelassen. Der Dorn hatte Aurandane nicht mitgenommen, aber das Schwert war keine Hilfe; wenn überhaupt, so hatte es ihre Furcht vergrößert. Kelland hatte sich durch die Anstrengung, Schwarzfeuerverderbnis aus so vielen Seelen zu reinigen, fast selbst ums Leben gebracht. Asharre, Evenna und die Kinder waren entweder im Delirium oder komatös. Bitharn hatte Angst davor gehabt, ihnen auch nur für einen Moment den Rücken zuzukehren, geschweige denn, sie stundenlang alleinzulassen, während sie nach Hilfe suchte, aber ihr war nichts anderes übrig geblieben.
    Kurz vor Tagesanbruch war sie endlich über die Fährte von Wilderern gestolpert, die ein Reh durch den Wald geschleift hatten. Sie waren ungeschickt gewesen – und sie wären dafür gehängt worden, hätten die Jäger Lord Gildoraths die Spuren gefunden und nicht Bitharn –, aber angesichts ihrer Erschöpfung hatte es ihr lediglich diese Ungeschicklichkeit ermöglicht, die Spur in ihr Dorf zurückzuverfolgen. Dort hatte sie an Türen gehämmert und um Hilfe gebettelt, bis die verschlafenen, verschüchterten Dorfbewohner ihr zu den Verletzten gefolgt waren. Der Rübenkarren war ein Gottesgeschenk gewesen.
    Bitharn winkte dem abfahrenden Karren mit aller Höflichkeit nach, die sie aufbringen konnte, dann eilte sie hinter den Erleuchteten her.
    Sie konnte nur wenig tun, um zu helfen, aber man gewährte ihr Zutritt zu den Krankenzimmern. Sie erstattete der obersten Erleuchteten einen abgekürzten Bericht über ihre Erlebnisse in Schattenfall. Nachdem sie die Fragen der Frau beantwortet und einem Sonnenritter das Schwert der Morgendämmerung übergeben hatte, kehrte Bitharn zu einem Stuhl in der Ecke des Behandlungsraums zurück und überließ sich ihrer Müdigkeit.
    Kaum hatte sie die Augen geschlossen, als auch schon ein Gehilfe in beigefarbener Robe sie wachrüttelte. »Der Hohe Solaros wünscht, Euch zu sehen«, sagte der Junge. »Sir Kelland und die Sigrir Asharre sind bereits in sein Arbeitszimmer gerufen worden.«
    Sonnenlicht, das durch ein Fenster neben ihr hereinfiel, wärmte ihr das Gesicht. Es war spät am Vormittag, fast schon Mittag. Sie hatte die ganze Nacht und die Sonnenaufgangsgebete des folgenden Tages verschlafen. Eine der Gesegneten musste ein kleines Gebet über ihr gewoben haben, während sie geschlafen hatte. Ihre Zähne fühlten sich nicht mehr lose an, und ihre Prellungen waren zu gelblichgrünen Rosetten verblasst.
    Irgendwie jedoch fühlte sie sich trotz der Heilung ziemlich elend. Ihre Glieder waren steif und schmerzten, nachdem sie eine Nacht im Sessel geschlafen hatte, und sie hatte einen Geschmack im Mund, als sei er voller schmutziger Wollfusseln. Es überraschte sie, dass sie ihren Rücken nicht knarren hörte, als sie aufstand.
    »Wie viel Zeit bleibt mir noch?«
    »Er erwartet Euch sofort. Die anderen warten ebenfalls.«
    »Ich möchte mich erst noch waschen.« Sie putzte sich schnell die Zähne, spülte mit kaltem Weißbuschtee nach und fühlte sich fast wieder wie ein Mensch; ein Spritzer Wasser ins Gesicht half ebenfalls. Sie sehnte sich nach einem ausgiebigen Bad, aber das würde warten müssen. Der Gehilfe wartete höflich, dann folgte sie ihm in das Arbeitszimmer des Hohen Solaros.
    Kelland und Asharre saßen draußen in der Bibliothek. Keiner der beiden sprach. Der Ritter betrachtete nachdenklich sein Sonnenmedaillon und schlang sich die goldene Kette um die braunen Knöchel. Die vernarbte Sigrir starrte auf ein Bücherregal und schien sich ihrer Umgebung kaum mehr bewusst zu sein als in der Grube unterhalb von Schattenfall. Ihre Schultern hingen herab, ihre Gesichtszüge waren erschlafft. Die Heilung ihrer körperlichen Wunden schien keine Wirkung auf ihre Verzweiflung gehabt zu haben; wenn überhaupt, so sah sie noch schlimmer aus.
    Bitharn zögerte und wollte etwas sagen, aber der Gehilfe beobachtete sie, und obwohl er sie nicht unterbrach, konnte sie seine Ungeduld spüren. Also hob sie stattdessen eine Hand zum Gruß und sah gerade noch, dass Kelland zur Antwort den Kopf neigte, bevor sie durch die Tür in das Arbeitszimmer des Hohen Solaros

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